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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Anwendungen von FHIR in der digitalen Medizin

The Use of FHIR in digital medicine

Editorial

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  • corresponding author Sylvia Thun - Hochschule Niederrhein, Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen, Krefeld, Deutschland; Berlin Institute of Health at Charité – Universitätsmedizin Berlin, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2021;17(2):Doc10

doi: 10.3205/mibe000224, urn:nbn:de:0183-mibe0002245

Veröffentlicht: 26. April 2021

© 2021 Thun.
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Gliederung

Editorial

Das Jahr 2021 wird weiterhin geprägt durch die Pandemie, es steht aber auch für große Erneuerungen in Digital Health: Die nationale Patientenakte EPA wird in Deutschland seit dem 1.1.2021 von den Krankenversicherern auf Basis der Spezifikation der gematik angeboten. Medikationsplan und Notfalldaten sollen dabei integrale Bestandteile werden. Impfpass, Mutterheft, Untersuchungshefte für Kinder und Zahnbonushefte, die über die sog. Medizinischen Informationsobjekte (MIOs) in einem Konsensusprozess von der KBV definiert worden sind, sollen auch über die EPA abrufbar sein. Das eRezept und die digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollen endlich kommen.

Daneben hat sich aufgrund der Corona-Pandemie erstmals eine konzertierte Aktion der Wissenschaftler ergeben, die die Coronaforschung mit einem Bundesdeutschen Konsensusdatensatz zu COVID-19 unterstützen und diesen in wichtigen Studien einsetzen.

Interoperabilität in Versorgung und Forschung ist nur möglich durch den Einsatz internationaler Standards. Dort hat sich FHIR in Zusammenwirken mit SNOMED, LOINC, IDMP (Identification of Medicinal Products) und den FIC (Family of International Classifications)-Terminologien der WHO weltweit durchgesetzt. Es war ein großes Glück, dass HL7 Deutschland, die GMDS und die Medizininformatikinitiative (MII) des BMBF bereits großartige Vorarbeiten geleistet haben. Einerseits wurden die Zusammenarbeit und die Ausbildung unserer Wissenschaftler und der Industrie gefördert, andererseits gab es konkrete Ergebnisse, auf die wir zurückgreifen konnten: Die Basismodule von HL7, Projektergebnisse, die darauf beruhen und die Kerndatensätze der MII.

Interoperabilität mit den genannten Standards ist zudem wichtig für Data Science. Ohne strukturierte Daten mit einheitlicher Grammatik und Sprache sind Daten nur schwer zu verarbeiten. Dieses gilt insbesondere für die Verarbeitung der Daten in selbstlernenden Algorithmen. Um Daten interoperabel zu gestalten, damit sie national und international bearbeitbar sind, ist eine internationale Zusammenarbeit notwendig. In dieser Community wurde der FHIR Standard von Health Level Seven (HL7) in den letzten 10 Jahren entwickelt [1], [2]. Dieser Standard unterstützt die FAIR-Prinzipien – findable, accessible, interoperable, reusable –, d.h. Daten können mit FHIR auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar werden [3]. Dies unterstützt Analysen und ermöglicht den sicheren Austausch von Daten [4].

Dieses Sonderheft „FHIR“ zeigt in wissenschaftlichen Beiträgen wesentliche Anwendungsbereiche von FHIR in der Digitalisierung. Jede der Arbeiten verdeutlicht mit welchen Herausforderungen wir uns jetzt und zukünftig beschäftigen müssen. Die alleinige Nutzung eines Standards wird nicht zum Ziel führen. Dieser Standard lebt, wie auch die Medizin sich ständig weiterentwickelt. Er ist eingebettet in ein Ecosystem von weiteren Standards, wie etwa den ISO Standards aus der Medizininformatik des Technischen Komitees 215, z.B. der Standardfamilie 11073, um die Vitaldaten zwischen unterschiedlichen medizinischen Geräten auszutauschen, auszuwerten und die Geräte fernzusteuern.

Einen Übersichtartikel zu FHIR liefert uns Frank Oemig, der als Experte seit über 20 Jahren bereits die Spezifikation von HL7 V2 mitgestaltet hat [5].

Die Anbindung und das Mapping der medizinischen Geräte mit dem Domänen-Informationsmodell von ISO 11073 an FHIR zeigt eindrücklich, wie die einzelnen Standardisierungsorganisationen und deren Experten weltweit zusammenarbeiten [6]. Weitere dahingehende Arbeiten werden in dem Beitrag von der BIH/Charité Core Unit eHealth & Interoperability dargelegt: Wie kann openEHR und OMOP auf FHIR als Referenz im Rahmen des Use Cases Infection Control der Medizininformatikinitiative zusammengeführt werden [7]?

Ein weiterer Anwendungsfall befasst sich mit der Integration der Allergiedokumentation in eine interoperable Archivierungs- und Kommunikationsplattform zur Verbesserung der Patientenversorgung und der klinischen Forschung am Universitätsklinikum Jena [8].

Anschließend thematisiert der Artikel von Uciteli Abfragen und Analysen mit FHIR und die ontologische Modellierung [9].

Wir sehen an diesem Sonderheft, dass es sich bei Interoperabilität nicht nur um technische Anwendungen handelt, sondern dass FHIR uns ermöglicht, weltweit digital zusammenzuarbeiten, nicht nur in der Pandemie.


Literatur

1.
Lehne M, Luijten S, Vom Felde Genannt Imbusch P, Thun S. The Use of FHIR in Digital Health – A Review of the Scientific Literature. Stud Health Technol Inform. 2019 Sep;267:52-8. DOI: 10.3233/SHTI190805 Externer Link
2.
Lehne M, Sass J, Essenwanger A, Schepers J, Thun S. Why digital medicine depends on interoperability. NPJ Digit Med. 2019;2:79. DOI: 10.1038/s41746-019-0158-1 Externer Link
3.
Wilkinson MD, Dumontier M, Aalbersberg IJ, Appleton G, Axton M, Baak A, Blomberg N, Boiten JW, da Silva Santos LB, Bourne PE, Bouwman J, Brookes AJ, Clark T, Crosas M, Dillo I, Dumon O, Edmunds S, Evelo CT, Finkers R, Gonzalez-Beltran A, Gray AJ, Groth P, Goble C, Grethe JS, Heringa J, ’t Hoen PA, Hooft R, Kuhn T, Kok R, Kok J, Lusher SJ, Martone ME, Mons A, Packer AL, Persson B, Rocca-Serra P, Roos M, van Schaik R, Sansone SA, Schultes E, Sengstag T, Slater T, Strawn G, Swertz MA, Thompson M, van der Lei J, van Mulligen E, Velterop J, Waagmeester A, Wittenburg P, Wolstencroft K, Zhao J, Mons B. The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship. Sci Data. 2016 Mar;3:160018. DOI: 10.1038/sdata.2016.18 Externer Link
4.
Huber L, Honeder T, Hackl WO. FHIR Analytics – Pragmatic Review of Recent Studies. Stud Health Technol Inform. 2020 Jun;271:110-12. DOI: 10.3233/SHTI200083 Externer Link
5.
Oemig F. HL7® FHIR® – Fast Healthcare Interoperability Resources: Eine Einführung. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2021;17(2):Doc09. DOI: 10.3205/mibe000223 Externer Link
6.
Riech KP, Ulrich H, Ingenerf J, Andersen B. Mapping of medical device data from ISO/IEEE 11073-10207 to HL7 FHIR. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2021;17(2):Doc08. DOI: 10.3205/mibe000222 Externer Link
7.
Rinaldi E, Thun S. Mapping from openEHR to FHIR and OMOP CDM to support interoperability for infection control. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2021;17(2):Doc07. DOI: 10.3205/mibe000221 Externer Link
8.
Kruse HM, Helhorn A, Phan-Vogtmann LA, Gantner J, Thomas E, Iffland A, Heidel A, Müller S, Saleh K, Krohn K, Specht M, Hartmann M, Farker K, Spreckelsen C, Henkel A, Scherag A, Ammon D. Integration of allergy documentation into an interoperable archiving and communication platform to improve patient care and clinical research at the Jena University Hospital. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2021;17(2):Doc06. DOI: 10.3205/mibe000220 Externer Link
9.
Uciteli A, Beger C, Wagner J, Kirsten T, Meineke FA, Stäubert S, Löbe M, Herre H. Ontological modelling and FHIR Search based representation of basic eligibility criteria. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2021;17(2):Doc05. DOI: 10.3205/mibe000219 Externer Link