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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Welche Kompetenzen in Medizininformatik benötigen Ärztinnen und Ärzte? Update des Lernzielkatalogs für Studierende der Humanmedizin

GMDS-Verlautbarung

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  • corresponding author Julian Varghese - Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland
  • Rainer Röhrig - RWTH Aachen, Deutschland
  • Martin Dugas - Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland
  • GMDS-Arbeitsgruppe „MI-Lehre in der Medizin“

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2020;16(1):Doc02

doi: 10.3205/mibe000205, urn:nbn:de:0183-mibe0002059

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2020-16/mibe000205.shtml

Veröffentlicht: 2. März 2020

© 2020 Varghese et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die digitale Transformation hat Einzug in den Alltag der klinischen Routine und – Forschung gehalten. Diese Transformation stellt Gesundheitsberufe vor spezielle Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund hatte die Projektgruppe „Medizininformatik-Lehre in der Medizin“ der Gesellschaft für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) einen kompetenzbasierten Lernzielkatalog 2012 veröffentlicht. Aus der Projektgruppe wurde eine Arbeitsgruppe, die regelmäßig tagt, um kontinuierlich die Inhalte der Medizininformatik in den Medizinischen Fakultäten zu planen, diskutieren, weiterzuentwickeln und zu harmonisieren. Nach sechs Jahren wurde eine Aktualisierung dieses Katalogs vorgeschlagen und im Umlaufverfahren von der Arbeitsgruppe konsentiert. Die neuen Inhalte dieses Katalogs adressieren aktuell aufstrebende Themen wie Patient Empowerment, Patienten-Apps und Präzisionsmedizin sowie weitere kleinere Änderungen. Der Katalog dient als Orientierung der Lehrinhalte für das Fach Medizininformatik in Medizinischen Fakultäten und wird auch in Zukunft in der Arbeitsgruppe diskutiert, und unter Berücksichtigung der Digitalisierungsinitiativen der klinischen Fachgesellschaften weiterentwickelt.

Schlüsselwörter: Medizinische Informatik, Medizinstudent/in, Ausbildung


Einleitung

Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen führt dazu, dass die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten spezielle Kompetenzen in Medizinischer Informatik (MI) erfordern. Vor diesem Hintergrund hatte die damalige Projektgruppe „MI-Lehre in der Medizin“ der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) einen umfassenden Lernzielkatalog im Jahr 2012 konsentiert [1]. Aus der Projektgruppe ist eine Arbeitsgruppe der GMDS geworden, die regelmäßig seit 2016 standortübergreifend über den Lernzielkatalog hinsichtlich neuer Herausforderungen und Entwicklungen berät. Hierbei wurden Forderungen aus Diskussionen wie z.B. des Medizinischen Fakultätentages bzgl. des Masterplan Medizinstudium 2020 [2] und des 120. Ärztetages [3] zur Digitalisierung in der Arzt-Patientenbeziehung berücksichtigt.

Im Jahr 2018 wurde beschlossen, eine neue Version des Lernzielkatalogs zu erarbeiten. Der neue Entwurf sollte den in der Patientenversorgung zunehmend an Relevanz gewinnenden Aspekten wie Patienten-Apps und Präzisionsmedizin Rechnung tragen. Hieraus ging nach einem mehrstufigen Konsentierungsprozess ein aktualisierter Katalog hervor, der im Folgenden präsentiert wird.


Abstimmungsprozess

Nach der Veröffentlichung der ersten Version fanden turnusgemäße Sitzungen der Projekt- bzw. Arbeitsgruppe statt, in denen Vorschläge zur Aktualisierung gesammelt und protokolliert wurden. Im September 2018 fand die abschließende Sitzung statt, um Änderungsvorschläge für eine zweite Version zu diskutieren und zusammenzufassen. Darauffolgend wurde von der AG-Leitung ein Entwurf vorbereitet, welcher nach einem zweistufigen Umlaufverfahren (1: Major Revision, 2: Minor Revision) finalisiert wurde.


Ergebnisse

Die vollständige Version des Lernzielkatalogs ist in Anhang 1 [Anh. 1] verfügbar. Tabelle 1 [Tab. 1] fasst die Lernzielkapitel zusammen.

Neue Lernziele

Die erste Version des Lernzielkatalogs enthielt 42 Lernziele aus 8 Kapiteln. Die zweite Version enthält 45 Lernziele aus 9 Kapiteln, siehe Tabelle 1 [Tab. 1]. Die drei neuen Lernziele befinden sich im neugeschaffenen Kapitel 4: „Apps, Entscheidungsunterstützung und Künstliche Intelligenz“. Ein aus dem alten Katalog bestehendes Lernziel „Consumer Health Informatics“ wurde in „Patientenapps“ umgeschrieben und in dieses 4. Kapitel übertragen.

Anpassungen und Umstrukturierungen

Das ehemalige Kapitel „Medizinische Dokumentation und Informationsverarbeitung“ wurde umbenannt in „Medizinisches Informationsmanagement und Kommunikation“.

Das ehemalige Kapitel „Datenschutz und Datensicherheit“ wurde umbenannt in „Datenschutz und regulatorische Anforderungen“. Die ehemaligen Lernziele „Gesetzliche Grundlagen“ und „MI in der medizinischen Forschung“ wurden aktualisiert und in diesem neuen Kapitel zusammengefasst. Darüber hinaus wurde die Beschreibung des Lernziels „Datensicherheit“ um Inhalte bzgl. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Kritische Infrastrukturen (KRITIS) und Information Security Management (ISO 27001) ergänzt.

Zwei bestehende Lernziele aus dem Kapitel Informationssysteme im Gesundheitswesen wurden angepasst: Die Beschreibung im Lernziel „KIS-Anforderungen“ wurde ergänzt um Aspekte der ärztlichen Rolle hinsichtlich Leistungsverzeichnissen, Lastenheften und Projektmanagement von Softwaresystemen. Die Beschreibung des Lernziels „Patientensicherheit“ wurde angepasst um Aspekte der aktuellen europäischen Medical Device Regulation (MDR, EU-V 745/2017) und In Vitro Diagnostic Regulation (IVDR, EU-V 746/2017).


Diskussion

Die Digitalisierung stellt neue Chancen und Herausforderungen in der gesamten Gesellschaft dar, auch im Gesundheitswesen und für die daran beteiligten Ärztinnen und Ärzte. Über sechs Jahre nach der ersten Version des MI-Lernzielkatalogs, wurde eine aktualisierte Version erarbeitet und konsentiert. Die zunehmende Relevanz des Patient-Empowerments, der medizinischen Apps und personalisierten Medizin werden durch das neue Kapitel „Apps, Entscheidungsunterstützung und Künstliche Intelligenz“ gezielter adressiert und auch im Hinblick auf kritische Aspekte beleuchtet. Da die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die erforderliche Integration in die Curricula des Medizinstudiums sich ständig im Wandel befinden und standortabhängigen Gegebenheiten unterliegen, wird die AG „MI-Lehre in der Medizin“ auch weiterhin die Diskussionen um den aktuellen Lernzielkatalog und dessen Umsetzung in der Lehre fortsetzen. Der hier vorgestellte Katalog soll als inhaltliche Orientierung für die curriculare Lehre der Medizininformatik in den medizinischen Fakultäten dienen. Darüber hinaus wird er in die aktuelle Diskussion zum NKLM/GK sowie bestehenden Überlegungen der Fachgesellschaften zur Digitalisierung – z.B. für Radiologie [4], Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin [5], Innere Medizin [6], [7] – eingebracht.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Dugas M, Röhrig R, Stausberg J; GMDS-Projektgruppe „MI-Lehre in der Medizin“. Welche Kompetenzen in Medizinischer Informatik benötigen Ärztinnen und Ärzte? Vorstellung des Lernzielkatalogs Medizinische Informatik für Studierende der Humanmedizin [What competencies in Medical Informatics are required for physicians? Presentation of a catalog regarding learning objectives for medical students]. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2012;8(1):Doc04. DOI: 10.3205/mibe000128 Externer Link
2.
Medizinischer Fakultätentag. Masterplan Medizinstudium 2020: Fachwissen und Erfahrung der Universitäten in der politischen Planung stärker berücksichtigen. [accessed Jun 2019]. Available from: https://medizinische-fakultaeten.de/studium/themen/ aktuelle-themen/masterplan-medizinstudium-2020/ Externer Link
3.
Krüger-Brand HE. Digitalisierung: Ärzte stellen Weichen für die Zukunft. Dtsch Arztebl. 2017;114(22-23):A-1094/B-911/C-892.
4.
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5.
Marx G, Dusch M, Czaplik M, Balzer F, Brokmann JC, Deisz R, von Dossow V, Ellger B, Gräsner JT, von der Groeben C, Hadzidiakos D, Heller A, Nau C, Weiß S, Wunder C, Wurmb T, van Aalst G, Beckers R, Rossaint R. Telemedizin für die vier Säulen der Anästhesiologie. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DG Telemed) [Telemedicine in the four pillars of anaesthesiology. Position paper of The German Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine (DGAI) and German Society of Telemedicine (DG Telemed)]. Anästh Intensivmed. 2019;60:191-207. DOI: 10.19224/ai2019.191 Externer Link
6.
Vogelmeier C, Floege J, Gamstätter T. Perspektiven 2025 – ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Dtsch Med Wochenschr. 2019;144(03):207-12. DOI: 10.1055/a-0799-5146 Externer Link
7.
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