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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Internationales kooperatives Lernen mit der fallbasierten Online-Lernplattform ICON

International collaborative learning with the case-based online learning-platform ICON

Originalarbeit

  • corresponding author Daniel Tolks - Institut für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author James J. Quattrochi - Harvard Medical School, Boston, USA
  • author Marzellus Hofmann - Studiendekanat, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Martin R. Fischer - Institut für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2010;6(2):Doc08

doi: 10.3205/mibe000108, urn:nbn:de:0183-mibe0001086

Veröffentlicht: 20. Dezember 2010

© 2010 Tolks et al.
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Zusammenfassung

Im Rahmen des Projektes sollte erforscht werden, inwieweit sich eine kooperative Nutzung von virtuellen Fällen in einer interaktiven Lernplattform durch Studenten aus Deutschland und den USA auf Lerneffektivität und Dynamik der Gruppenarbeit auswirkt. Die onlinebasierte Lernplattform ICON ermöglicht es, Fälle online in Gruppen zu bearbeiten und dabei mit diversen Experten zu kommunizieren und den Fall je nach dem Lernbedarf der Teilnehmer im Dialog dynamisch weiterzuentwickeln. Studenten der Harvard University und der Universität Witten haben im Wintersemester 2009 online in zwei gemischten Gruppen mittels der interaktiven und nutzerzentrierten Online-Lernplattform ICON Fallgeschichten bearbeitet und entwickelten gemeinsam diagnostische Hypothesen und Therapievorschläge. Es konnte ein positiver Einfluss auf den Lernprozess, die Problemlösungskompetenz und Entscheidungsfindung nachgewiesen werden.

Schlüsselwörter: kollaboratives Lernen, Neue Medien, Blended-Learning, ICON, medizinische Ausbildung, Medienkompetenz, fallbasiertes Lernen, interaktive Lernumgebung, computergestützes Lernen

Abstract

In this project the interactive online learning platform ICON was used as a vehicle to explore the research question in which way a cooperative use of virtual cases within an interactive learning platform affects the learning process and dynamic in mixed student groups from the US and Germany. The ICON platform allows students to interact with each other, faculty and virtual patients in neurological cases. Students of Harvard University and the University of Witten worked in the winter semester 2009 in two mixed groups. The students from the different universities communicated via the ICON platform and created diagnostic hypotheses, and treatment proposals. As a result the international student group collaboration showed a positive effect regarding the efficiency and accuracy of students achievement of case learning objectives.


Einleitung

Um die neue Generation von Studenten auf die Herausforderungen einer technologiedurchsetzen Arbeitswelt richtig vorbereiten zu können, muss die Lehre neue Lehrstrategien und -konzepte entwickeln [1]. Die zunehmende Nutzung von Online-Ressourcen zu Lernzwecken unterstreicht die Wandlung der Verbreitung von medizinrelevanten Informationen [2]. Neue Lern- und Lehrmethoden konzentrieren sich oftmals nur auf Inhalte und deren technologische Machbarkeit und bisher zu selten wird der Fokus auf den sinnvollen Einsatz neuer Medien und deren Zugänglichkeit gelegt [3]. Zudem fokussierten die Ausbildungsziele in der Hochschulbildung häufig nur auf die Fähigkeit der Studenten, akademisches Wissen auf konstruierte Probleme anzuwenden. Im Gegensatz dazu kann fallbasierte, kollaborative und studentenzentrierte Lehre ein effektives interaktives Lernumfeld generieren [4], [5], [6]. Ein fallbasierten Lernformat ermutigt Studenten zur Übernahme von Verantwortung des eigenen Lernens und fördert die praxisbezogene Anwendung des Wissens sowie die Analyse-, Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeiten und des Weiteren die Kreativität und Sozialkompetenz [7].

Eine Nutzer- und praxisdefinierte Lerngruppe fördert die Interaktion zwischen den Studenten und trägt zur Problemlösungskompetenz bei [8].

Der didaktische Ansatz der Wissensvermittlung über Lernfallstudien kann Problemlösungsfähigkeit und Motivation der Lernenden verbessern und eignet sich gut zur Vermittlung von Analyse-, Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeiten sowie zur Förderung von Kreativität und Sozialkompetenz. Lernfallstudien ergänzen dadurch die traditionell eher auf Faktenwissen ausgerichtete medizinische Ausbildung sinnvoll.

Die fallbasierte Lehrmethode konnte sich mittlerweile insbesondere in der Hochschulbildung etablieren. Worauf diese Lehrmethode den Medizinstudenten allerdings nicht ausreichend vorbereiten kann, ist der Zeitdruck und die patientenzentrierte Problemlösungskompetenz, die im späteren Berufsleben zwangsläufig an Relevanz gewinnt [9].

Medizinstudenten, aber auch Ärzte sowie sämtliche andere Gesundheitsberufe müssen sich den Herausforderungen im Umgang mit neuen Medien stellen. Dies ist nur möglich, indem sie ihre Medienkompetenz verbessern [1].


Fragestellung

Wie wirkt sich eine kooperative Nutzung von virtuellen Fällen in einer interaktiven Lernplattform durch Studenten aus Deutschland und den USA auf Lerneffektivität und Dynamik der Gruppenarbeit aus?


ICON

Um die oben genannte Forschungsfrage untersuchen zu können, wurde die Lernplattform ICON genutzt. Bei ICON (Interactive Case-Based Online Network [10]) handelt es sich um eine onlinebasierte Lernplattform, welche von James J. Quattrochi und Mitarbeitern an der Harvard University entwickelt wurde. Ursprünglich wurde ICON als ein Lern-Netzwerk für Undergraduate-Kurse im neurologischen Curriculum konzipiert. Nach sehr guten Erfolgen wurde ICON zur Ausbildung von Medizinstudenten der Harvard Medical School (HMS) eingesetzt. Der Einsatz der ICON-Lernplattform zielt auf die Förderung der Teamfähigkeit, die Integration von Informationen und die aktive Teilhabe der Dozenten am Lernprozess der Studenten ab [3] [11].

ICON integriert pädagogische Interventionen mit Online-Lernressourcen, um die Studenten auf die wissenschaftlichen und multidisziplinären Arbeitsweisen vorzubereiten. Es ermöglicht den Studenten untereinander, mit virtuellen Patienten, Ärzten und anderen Fachexperten zu interagieren. Sämtliche Fälle laufen in Echtzeit ab. Die Studenten können die direkten Konsequenzen ihrer Entscheidungen im Rahmen der Lernplattform verfolgen.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von ICON zu anderen onlinebasierten Lernplattformen stellen die webbasierten Module dar, die den Studenten ermöglichen, mit den Patienten und behandelndem Fachpersonal unmittelbar in Echtzeit zu interagieren.

Ein gewählter studentischer Gruppenleiter kommuniziert im Auftrag der Gruppe mit den virtuellen Patienten und Angehörigen; bei Bedarf können weitere Informationen sowie Befunde und Expertenmeinungen angefordert werden. Weiterführende Informationen werden abhängig von den Aktivitäten der Studenten innerhalb der ICON-Lernplattform zur Verfügung gestellt. Die virtuellen Fälle entwickeln sich stetig weiter und die Studenten müssen jederzeit auf die neuen Situationen entsprechend reagieren, indem sie mit den virtuellen Patienten und Experten kommunizieren, Untersuchungen anordnen und schließlich Entscheidungen über das weitere Vorgehen treffen müssen. Weitere Aufgaben des Gruppenleiters umfassen die Recherche von neusten Forschungserkenntnissen und die Koordinierung des Teams.

Die jeweiligen Rollen des Patienten, der Angehörigen und medizinischen Experten werden von Mitarbeitern der jeweiligen Fakultät übernommen und dynamisch gestaltet. Mindestens ein Dozent fungiert als Mentor. Die Rolle und primäre Verantwortung des ärztlichen Mentors liegt in der Begleitung der Diskussionen (Online und in Präsenzphasen) mit entsprechendem Feedback, der Förderung des Lernprozesses, der Unterstützung bei der Erreichung der Lernziele und der Bereitstellung der benötigten Lernmaterialien, um den individuellen Lernprozess der Studenten bestmöglich zu fördern und zu unterstützen. Im Rahmen des Konzeptes des Blended-Learning wird die kontinuierliche Arbeit an den Fällen in wöchentlichen 90-minütigen Präsenz-Diskussionen mit allen Beteiligten reflektiert.

Die Grundstruktur der ICON-Lernplattform besteht aus unterschiedlichen Modulen, aus denen die Studenten, der Mentor und die weiteren beteiligten Dozenten die einzelnen Fälle entwickeln. Jedes einzelne Modul zielt auf einen anderen Aspekt des Lernprozesses ab (Abbildung 1 [Abb. 1]).


ICON-Module

Case

Zu Beginn jedes Lernszenarios wird der jeweilige Fall dargestellt (Abbildung 2 [Abb. 2]). Sämtliche weitere Module sind zu diesem Zeitpunkt ohne Inhalt. Der Fall entwickelt sich hier abhängig von der Interaktion der Studenten und dem geplanten Lernszenario in Echtzeit weiter.

Working Papers

Das Working-Papers-Modul enthält wissenschaftliche Artikel zu den jeweiligen Themen. Die Anzahl und Art der Artikel ist anhängig von dem Prozess der Fallgeschichten; sie werden von den Dozenten und Studenten ausgewählt. Dieses Modul entwickelt sich während des Verlaufs der Fallbearbeitung als Datenbasis für wissenschaftliche Artikel, Online-Informationen, Kommentare und aktuellste Medien und Neuigkeiten aus der Wissenschaft und Forschung zum Fall.

Neuroimaging

Das Neuroimaging-Modul enthält neurologische Untersuchungsbefunde wie z.B. computertomographische Aufnahmen des Gehirns, Online-Tutorien zu Bewertungsverfahren und interaktive Simulationen. Die Auswahl erfolgt auch hier von den Dozenten und Studenten. Weitere multimediale Materialien wie die Darstellung unterschiedliche Untersuchungstechniken und -verfahren sowie prüfungsrelevante Inhalte werden ebenso in diesem Modul dargestellt.

Learning Themes

In dem Modul werden kurz vor Ende des jeweiligen Lernszenarios und der Online-Diskussion die Lernziele zur Verfügung gestellt.

Virtual Contact

Das Virtual-Contact-Modul (Abbildung 3 [Abb. 3]) ist eines der Kernmodule der ICON-Lernplattform und gestattet den Dozenten durch die Übernahme der Rolle eines oder mehrerer Fallcharaktere aktiv an dem jeweiligen Fall zu partizipieren. Dieses Modul ermöglicht den Studenten jederzeit Kontakt zu den Patienten und weiteren Fallcharakteren aufzunehmen. Der Mentor und die Dozenten werden für jeden Fall gezielt nach ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen mit dem jeweiligen Patientenproblem ausgewählt. Zu Beginn des Falls werden die Studenten darüber informiert, welche Charaktere für die Kontaktaufnahme bereitstehen. Abhängig von dem Verlauf des Falls und den Anforderungen der Studenten können weitere Charaktere zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. weitere Angehörige und Mitglieder des Versorgungsteams.

Brainstorm

Das Brainstorm-Modul stellt einen weiteren zentralen Aspekt der ICON-Lernplattform dar. Dieses Modul ist nutzerzentriert und stellt den Studenten ein Diskussionsforum zur Verfügung (Abbildung 4 [Abb. 4]). Die Studenten können in diesem Modul ebenfalls Bilder, Online-Texte und Materialien hochladen und Verlinkungen einfügen. Der Mentor verfolgt hier die Diskussionen innerhalb der Gruppe und unterstützt und steuert bei Bedarf den Diskussionsverlauf.


Vorerfahrungen mit der Benutzung der ICON-Lernplattform für eine internationale Kooperation

Vorerfahrungen mit einer internationalen Nutzung des ICON-Lernsystem liegen aus einem Pilotprojekt im Sommer 2009 vor, in dem Medizinstudenten der Universität Witten/Herdecke und der Harvard-Universität kooperativ virtuelle Fälle aus der Neurologie online sowie gemeinsam vor Ort bearbeitet haben. Es wurden zu Beginn zwei Gruppen gebildet, die jeweils aus einer Gruppe von Studenten aus Harvard und Witten bestanden. Beide Gruppen bearbeiteten unabhängig voneinander einen Fall mit der ICON-Lernplattform. Nach der erfolgreichen Bearbeitung des Falles kamen die Harvard-Studenten in Begleitung von Dr. Quattrochi nach Witten, um dort mit den Wittener Studenten einen weiteren Fall gemeinsam zu bearbeiten. Die Wirkung der internationalen Kooperation auf den Lernprozess sollte untersucht werden. Es ließen sich positive Effekte auf den Lernprozess nachweisen. Die internationale Gruppe erzielte höhere Scores als in den zuvor getrennt voneinander bearbeiteten Fällen. Die Studenten der beiden Fakultäten haben sich dabei gegenseitig positiv ergänzt, indem sie unterschiedliche Herangehensweisen in der Gruppe kombinierten, um den Fall erfolgreich abzuschließen.


Projektdesign

Im Wintersemester 2009/2010 arbeiteten zwei Gruppen von Studenten, die sich jeweils aus beiden Fakultäten zusammensetzten an drei neurologischen Fällen. Jede Gruppe bestand aus n=22 Studenten und mindestens einem Mentor.

An der Universität Witten/Herdecke wurde das Projekt als ein Kursangebot im Rahmen des „Studium fundamentale“ für Studenten sämtlicher Fakultäten (Medizin, Wirtschafts- und Pflegewissenschaften sowie Kulturreflexion) angeboten. Es handelte sich um einen freiwilligen Kurs.

Zu Beginn des Projektes erhielt jeder Student seine Login-Daten sowie die zugehörige URL für den ersten Fall mitgeteilt. Der Fall war ab diesem Moment online verfügbar. Die Studenten konnten in einem ersten Präsenztreffen mit dem Mentor etwaige Verständnisfragen klären. Nach der Klärung der Fragen wurde ein studentischer Gruppenleiter gewählt. Diese Wahl fand innerhalb des Brainstorm-Moduls statt. Der Gruppenleiter hatte die Aufgabe, im Namen der Gruppe mit den virtuellen Patienten und Experten zu kommunizieren, die Lernziele zu verfolgen, die Kooperation im Team zu fördern und dafür zu sorgen, dass jedes Teammitglied auf dem neusten Stand der Entwicklungen war.

Die Studenten tauschten sich mittels der ICON-Lernplattform mit den Studenten der anderen Universität aus und entwickelten gemeinsam diagnostische Hypothesen, Strategien und Therapievorschläge. Die Gruppen orderten weitere fallrelevante Informationen wie Untersuchungsergebnisse und Expertenbeurteilungen.

Die Online-Aktivitäten der Studenten wurden im Rahmen des Blended-Learning-Konzeptes in einer wöchentlichen 90-minütigen Präsenz-Diskussion mit dem Mentor reflektiert (Tabelle 1 [Tab. 1]). Der Mentor verfolgte ebenso die Online-Diskussionen innerhalb der ICON-Lernplattform und intervenierte bei Bedarf. Nach drei Wochen endete der Fall und jeder Student musste seine Fallzusammenfassung mit dem Gelernten und einem Therapievorschlag vor der Gruppe vortragen und verteidigen.


Evaluation

Die Interaktion innerhalb der Onlineforen des ICON-Systems wurde detailliert evaluiert und erfasst alle Aktivitäten jedes einzelnen Studenten im System. Im Folgenden werden die Evaluationsparameter im Einzelnen aufgeführt.

1.
Grundlagenwissen
Chemie, Physik, Biologie, Anatomie, Physiologie, Biochemie und Pharmakologische Mechanismen
2.
Klinisches Wissen
Klinische Zeichen/Symptome, Differentialdiagnosen, Laborparameter, Bildgebende Verfahren, Medikamentengabe, Nebenwirkungen, Behandlungspläne
3.
Patientenversorgung
Einbeziehung der Patientenperspektive, patientengerechte Aufbereitung der Informationen und Testergebnisse, Patienteninformation, Managementpläne, Berücksichtigung der Kosten der Behandlung
4.
Versorungsqualität und Patientensicherheit
Kosten/Nutzenanalyse der Behandlung, Berücksichtigung der Compliance, Vermeidung von Behandlungsfehlern
5.
Epidemiologie
Bevölkerungsbezogene Krankheitsprobleme, historische Entwicklung von Krankheiten und deren Behandlung, Einbeziehung der Behandlungsstatistiken (z.B. Rate der erfolgreichen Behandlungen)
6.
Entscheidungsfindung
7.
Teamkooperation

Ergebnisse

Feedback der Teilnehmer

Des Weiteren wurden die Studenten nach jedem wöchentlichen Präsenztreffen in einer kurzen Feedback-Runde über ihre Erfahrungen und Meinungen bzgl. des Falles und des Projektablaufs sowie der Funktionalität der ICON-Lernplattform befragt.

Die Studenten gaben ein durchweg positives Feedback und äußerten den Wunsch der weiteren Nutzung des ICON-Lernportals insbesondere im regulären Curriculum des Medizinstudiums und weg von dem Konzept eines Kurses im Rahmen des Studium Fundamentale.

Generell merkten die Studenten an, dass sich eine höhere Motivation bei der Bearbeitung der einzelnen Fälle feststellen konnten, der auf den direkten Kontakt mit den virtuellen Patienten/Angehörigen und Experten zurückzuführen war. Des Weiteren äußerten sie, dass die jeweiligen Fälle eine größere persönliche Relevanz hatten, da die Auswirkungen ihrer Entscheidungen durch das ICON-Portal direkt und unmittelbar sichtbar gemacht wurden.

Die Studenten in der vorklinischen Phase äußerten, dass der virtuelle Kontakt mit den Patienten eine gute Möglichkeit für das Training mit dem Umgang mit Patienten darstelle.

Als negative Aspekte wurden die für einen Kurs im Rahmen des Studium Fundamentale ungewöhnlich hohe Arbeitsbelastung und bei einigen Studenten teilweise vorherrschende Sprachbarriere genannt.

Es bleibt noch anzumerken, dass die Studenten keinerlei Probleme mit der Handhabung des ICON-Portals angaben und sich sehr schnell an die Benutzeroberfläche und die Funktionalität gewöhnt hatten. Es ist ebenfalls festzustellen, dass die ICON-Plattform sehr stabil lief und es zu keinerlei Ausfällen oder anderen technischen Schwierigkeiten gekommen ist.

Die weitere Datenanalyse ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Es lässt sich allerdings schon im Vorfeld feststellen, dass sich in beiden internationalen Fallbearbeitungsgruppen eine vergleichbare Strukturierung der Diskussion und der virtuellen Kontakte darstellt wie in den rein amerikanischen historischen Vergleichsgruppen. Weiterhin erzielten die internationalen Gruppen bessere Ergebnisse bei der Fallbearbeitung als Gruppen in denen nur Studenten der Harvard-University teilnahmen. Unterschiede der beiden Studentengruppen ließen sich insbesondere in den Bereichen klinisches Wissen und Grundlagenwissen feststellen. Zum Grundlagenwissen erzielten die Harvard-Studenten bessere Ergebnisse, in den klinischen Bereich hingegen erzielten die Wittener Studenten bessere Erfolge. Diese Ergebnisse decken sich mit den Daten der vorangegangen Pilotprojektes.


Diskussion

Die internationale Kooperation von Studenten an virtuellen fallbasierten Lernszenarien hat einen förderlichen Einfluss auf den Lernprozess und der Problemlösungskompetenz, der Entscheidungsfindung und ermöglicht die Erreichung bessere Resultate bei der Bearbeitung von virtuellen Patientenfällen. Weitere Auswertungen des Nutzungsverhaltens werden Aufschluss über die Interaktionen im Einzelnen geben. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass die ICON-Lernplattform für die Durchführung internationaler Fallbearbeitungen in Gruppen im Sinne eines innovativen kooperativen Blended-Learningscenarios geeignet ist.


Ausblick

Die Universität Witten/Herdecke wird auch in Zukunft auf die ICON-Lernplattform zurückgreifen. Weitere Kooperationen sind auch mit anderen Berufsgruppen möglich. Dazu sollten weitere interdisziplinäre Fallgeschichten entwickelt werden, wie z.B. für die Pflege/-und Pflegewissenschaften, den Wirtschaftwissenschaften und weiterer Berufsgruppen. Weitere vergleichende Untersuchungen zu interdisziplinären Nutzungsszenarien sind daher erforderlich.

Eine weitere Perspektive bietet die Einbeziehung von Studentengruppen in die Erstellung neuer Fallgeschichten und Lernszenarien. Die Studenten sollen in dem Fall die Fallgeschichten selbst konstruieren und den jeweiligen Fall für andere Studentengruppen aufbereiten und leiten. Der Lernprozess könnte so weiter gefördert werden [12].

Ein weitere positiver Aspekt, der durch die Arbeit mit der ICON-Lernplattform aber auch mit anderen onlinebasierten Lernplattformen und Content-Management-Systemen entsteht, ist die mit der Nutzung einhergehende Verbesserung der Medienkompetenz der Studenten, aber auch der Mitarbeiter.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Oomen-Early J, Burke S. Entering the Blogosphere: Blogs as Teaching and Learning Tools in Health Education. Int E J Health Educ. 2007;10:186-96. Available from: http://www.aahperd.org/aahe/publications/iejhe/upload/07_J_Oomen.pdf Externer Link
2.
Das Internet ist auch ein Bildungsmedium (Presseinformationen) - BITKOM. Berlin: BITKOM; 2010. Available from: http://www.bitkom.org/de/presse/8477_64479.aspx [zitiert 2010 Aug 11] Externer Link
3.
Nathoo AN, Goldhoff P, Quattrochi JJ. Evaluation of an Interactive Case-based Online Network (ICON) in a problem based learning environment. Adv Health Sci Educ Theory Pract. 2005;10(3):215-230. DOI: 10.1007/s10459-005-7851-3 Externer Link
4.
Barnes LB, Christensen CR, Hansen AJ. Teaching and the case method: text, cases, and readings. Boston: Harvard Business Press; 1994.
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Goodenough DA. Changing Ground: A medical school lecturer turns to discussion teaching. In: Christensen CR, Garvin DA, Sweet A, Hrsg. Education for judgement: The artistry of discussion leadership. Boston: Harvard Business School Press; 1991. pp. 83-98.
6.
Hafler JP. Case writing: Case writers' perspectives. In: Boud D, Feletti G, Hrsg. The Challenge of problem based learning. London: Kogan Page; 1991. pp. 150-158.
7.
Belz F. Entwicklung von Fallstudien für die Lehre. Sankt Gallen: Institut für Wirtschaftspädagogik, Univ. Sankt Gallen; 2001.
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Wenger E. Supporting communities of practice: a survey of community-oriented technologies. Homepage of Etienne Wenger; 2001. Available from: http://www.ewenger.com/tech Externer Link
9.
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10.
ICON Interactive Case-based Online Network Overview. Boston: Harvard University; 2008. Available from: http://icon.fas.harvard.edu/ [zitiert 2010 Aug 13] Externer Link
11.
Quattrochi JJ, Pasquale S, Cerva B, Lester JE. Learning Neuroscience: An Interactive Case-Based Online Network (ICON). J Sci Educ Technol. 2002;11(1):15-38. DOI: 10.1023/A:1013943330024 Externer Link
12.
Miller GE. The assessment of clinical skills/competence/performance. Acad Med. 1990;65(9 Suppl):S63-7. DOI: 10.1097/00001888-199009000-00045 Externer Link