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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Portallösungen für Krankenhäuser: Daten und Prozesse elektronisch abbilden, vernetzen und mobil bereitstellen

Kurzmitteilung

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GMS Med Inform Biom Epidemiol 2008;4(3):Doc11

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/mibe/2008-4/mibe000070.shtml

Veröffentlicht: 28. Oktober 2008

© 2008 Ehle.
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Zusammenfassung

In den letzten Jahren ist der Kostendruck für Krankenhäuser erheblich gestiegen. Laut einem Bericht der Tagesschau droht mittlerweile jeder dritten Klinik in Deutschland sogar das finanzielle Aus (http://www.tagesschau.de/inland/krankenhaus12.html). Daher wird es immer wichtiger, die klinikinterne Prozessoptimierung voranzutreiben. Eine Lösung hierbei bieten webbasierende Portale. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Arbeitsabläufe innerhalb von Krankenhäusern elektronisch abzubilden und zu automatisieren. Wichtige Daten und Applikationen lassen sich darüber hinaus auf mobilen Endgeräten wie dem iPhone oder PDA abrufen. Beispiele aus der Praxis zeigen, welche Möglichkeiten und Vorteile Portaltechnologie in Verbindung mit mobilen Endgeräten für Krankenhäuser bietet.

Schlüsselwörter: Gesundheitspflege, Intranet, Unternehmensportale, mobile Applikation, Workflow-Management


Text

Die Portaltechnologie hat sich in den letzten Jahren außerordentlich weiterentwickelt. Heutige Portallösungen haben mit dem Intranet von früher nicht mehr allzu viel zu tun. Die Browseroberfläche mit statischen Inhalten hat sich inzwischen in ein lebendiges Interface für sämtliche Applikationen und Prozesse gewandelt. Mit modernen Portallösungen lassen sich daher auch die krankenhausinternen Arbeitsabläufe wesentlich vereinfachen und automatisieren. Über das intelligente Prozessmanagement eines Portals können die verschiedenen Applikationen außerdem miteinander verknüpft und auf diese Weise der gesamte Workflow des Krankenhauses optimiert werden. Die einheitliche Benutzeroberfläche, unter der sich alle Anwendungen auffinden, sorgt dafür, dass die Verwendung der verschiedenen Applikationen übersichtlich bleibt. Damit bietet die Portaloberfläche eine leicht zu bedienende Benutzerschnittstelle für diverse Anwendungen. Bestehende Daten und Prozesse lassen sich einfach integrieren und zentral zusammenführen. Über das Benutzermanagement werden die Zugriffsrechte jedes Mitarbeiters verwaltet, sodass z.B. Ärzte über andere Lese- und Schreibrechte im Portal verfügen als das Pflegepersonal. Im Folgenden werden beispielhaft einige Anwendungen aufgezeigt, mit denen sich innerhalb eines Portals die täglichen Arbeitsabläufe in Krankenhäusern wesentlich optimieren lassen.

Der Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden, das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart und die Klinikgruppe Agaplesion haben bereits Portale im Einsatz, die auf Basis der Portalsoftware Intrexx Xtreme erstellt wurden und jeweils über mehr als 60 verschiedene Applikationen verfügen. Die konkreten Einsatzgebiete eines derartigen Klinikportals sind dabei sehr vielseitig. So wurden mittels der Portallösung unter anderem verschiedene Systeme wie ein Tumordokumentationssystem für Brustkrebserkrankungen, ein Managementsystem für klinische Studien oder ein komplettes Qualitätsmanagement Portal aufgebaut.

Auch Anfragen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) können über das Portal bearbeitet werden. Die stetig steigende Anzahl dieser Anfragen des MDK, der die medizinischen Leistungen der Krankenhäuser bewertet, beschäftigt in der Regel eine Vielzahl von Mitarbeitern und bindet diese Ressourcen in einem mehrstufigen Gutachten-Widerspruchsverfahren. Der Workflow reicht hierbei je nach Organisation vom Patientenmanagement über das Medizincontrolling bis in die jeweilige Fachabteilung. Mit der Einführung einer Portallösung können die Arbeitsabläufe stark vereinfacht werden. Der kontextbezogene Aufruf von digitalen Patientenakten oder die Anforderung von Papierakten im Archiv können mit einer Portal-Applikation realisiert werden (Abbildung 1 [Abb. 1]). Die Anbindung an ein Krankenhaus-Informations-System (KIS) wie IS-H oder Orbis ist hierbei problemlos möglich. Sie gestattet neben einer fallbezogenen Bearbeitung der Anfrage auch die Anzeige von Codierungsdaten und Rechnungsdaten. Auswertungen nach Fachabteilungen und Anfragegrund bringen darüber hinaus die erforderliche Transparenz in diesen Prozess und liefern wertvolle Informationen an die Klinikleitung.

Gerade in Verbindung mit mobilen Endgeräten bieten sich mit einem webbasierenden Portal zahlreiche innovative Möglichkeiten. Dies zeigt sich z.B. in einer Applikation, die sämtliche in der Krankenhausapotheke verwendeten Medikamente enthält. Die Medikamentendaten stammen zum Teil aus dem KIS oder ERP, welches an das Portal angebunden werden kann. Durch die Funktionen des Portals wird es möglich, sich die Medikamente nach Name, enthaltenen Wirkstoffen oder nach anatomisch-therapeutisch-chemischer Klassifikation (ATC) anzeigen zu lassen (Abbildung 2 [Abb. 2]). Das gibt den Ärzten ganz neue und komfortable Auswahlmöglichkeiten: Für jedes Medikament kann die genaue Dosierung eines Wirkstoffs ebenso abgerufen werden wie Pharmacode, Verfügbarkeit und Preis. Insbesondere die Auswahl nach Wirkstoffen stellt eine gute Entscheidungsgrundlage dar. Sie zeigt neben dem Originalmedikament alle Generika an, die diesen Wirkstoff enthalten. Der Arzt kann daraufhin entscheiden, ob er das Original oder die kostengünstigere Variante verschreibt. Die ATC-Klassifikation befähigt die Anwender, sich durch die verschiedenen Ebenen der ATC-Hierarchie bis auf die Stufe des einzelnen Medikamentes durchzuklicken. In dem zugrunde liegenden ERP- System ist diese Selektion meist nicht möglich. Die Applikation wird in dieser Form z.B. bei dem Spitalverbund Appenzell-Außerrhoden in der Schweiz eingesetzt. Bisher arbeiteten die Ärzte dort lediglich mit einer gedruckten Version der Medikamentenliste, welche die erwähnten Selektionsmöglichkeiten nicht bot. Zudem war diese nach dem Druck bereits veraltet und musste immer wieder durch lose Zusatzblätter ergänzt werden. Dagegen ist die elektronische Datenbank ohne großen Aufwand aktualisierbar. Zusätzlich kann den Ärzten eine mobile Ausführung der Medikamentenliste bereitgestellt werden, indem die Applikation auf ein PDA portiert wird. Auf diese Weise haben die Ärzte die Medikamentendaten und Selektionsmöglichkeiten stets parat.

Mit einem Aktenverwaltungssystem innerhalb eines Portals lassen sich die Aktenflüsse transparenter gestalten, d.h. dass jeder Mitarbeiter, der eine Patientenakte benötigt, mit nur wenigen Klicks herausfinden kann wo sich die Akte momentan befindet. Bei der Erfassung der Patienten kann ein Zugriff auf die Datenbank des darunter liegenden KIS-Systems erfolgen. Nach Eingabe der Patienten-ID werden automatisch mittels Fremddatenintegration die Stammdaten des Patienten in die dafür vorgesehenen Felder eingetragen. Die gleiche Funktionsweise kann auch auf einen Fall angewendet werden. Nach Eintragung der Fall-ID werden die Fallart sowie das Aufnahme- bzw. Entlassungsdatum und sogar die oben genannte Patienten-ID inklusive der Stammdaten automatisch in das Formular eingetragen (Abbildung 3 [Abb. 3]).

Seit einigen Jahren gewinnt das Thema Qualitätsmanagement auch bei den Kliniken zunehmend an Bedeutung. Portallösungen bieten in diesem Bereich ideale Voraussetzungen, um alle Anforderungen an ein umfassendes Qualitätsmanagement umzusetzen. Das Vernetzen von Informationen und die direkte Abbildung von Prozessen in Form von Portalapplikationen liefern als Nebenprodukt die Transparenz und Informationen, welche ein externer Auditor erwartet. Beispielsweise können Dokumente aller Art in einem Portal revisionssicher gespeichert und übersichtlich verwaltet werden. Komplette Audit-Planungs- und Dokumentationssysteme und eine zentrale Maßnahmenverwaltung lassen sich in dieser Form ebenfalls realisieren.

Auch das „Risikomanagement“, welches aus einer Vielzahl von Informationsquellen, wie z.B. CIRS (Critical Incident Reporting System), dem klassischen Beschwerdemanagement und einer Vielzahl anderer Meldesysteme besteht, lässt sich mit einem Portalsystem als übergreifende Lösung umsetzen (Abbildung 4 [Abb. 4]).

War es vor der Einführung der Portallösung für die Mitarbeiter der oben erwähnten Krankenhäuser teilweise sehr umständlich, an alle notwendigen Informationen zu gelangen, ist das heute sehr einfach möglich. In einem Portal können alle wichtigen Verwaltungsinformationen wie Patientenpfade, Material- und Medikamentlisten, medizinische und pflegerische Guidelines aber auch Fachdaten zentral zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise kann das Portal sowohl als Basis für eigenständige Lösungen wie auch als Integrationsplattform für bestehende Krankenhaus-Softwarelösungen dienen.

Daten aus einem bestehenden KIS lassen sich per Fremddatenintegration problemlos in das Portal integrieren. Die Datenanbindung an führende bzw. administrative Systeme wie z.B. SAP R/3 IS-H ist mit verschiedenen Techniken möglich. Abhängig von der Zielsetzung können Daten mittels eines zeitgesteuerten Imports in die Applikationen des Portals eingelesen werden oder via Fremddatenintegration live im Zugriff stehen. Speziell für Einrichtungen, die SAP verwenden, verfügen moderne Portallösungen über einen SAP-Connector, welcher eine Datenkommunikation auf Basis von Remote Function Calls (RFC) realisiert. Die Anbindung an bestehende Systeme hilft dabei, die Dateneingabe sowie die Informationsbeschaffung im jeweiligen Kontext zu minimieren.

Mit einer flexiblen Vergabe von Benutzerrechten im Portalsystem kann auch anderen Häusern in Klinikverbünden und Gesundheitsnetzen der externe Zugriff auf spezielle Informationen oder Anwendungen im internen Datennetz ermöglicht werden (Extranet). Zentrale Dienstleistungsstellen oder Einrichtungen können beispielsweise via Extranet elektronisch beauftragt und der Status der Beauftragung der angebunden Einrichtung wiederum ersichtlich gemacht werden. Die Minimierung von parallelen Informationsflüssen (z.B. via E-Mail) oder der Austausch von Papier kann so durch die konsequente Anwendung der Portaltechnologie erheblich minimiert bzw. beseitigt werden.

Für den Einsatz in Kliniken sind Portallösungen mit modernen Prozess-Management-Verfahren eine ideale Plattform, um die vielfältigen Aufgaben im Klinikbetrieb zu unterstützen und zu optimieren. Die Portaltechnik bricht dabei, dank der Webtechnologie, die Grenzen zwischen Klinikverbünden, Kooperationspartnern und niedergelassenen Ärzten auf. Webbasierende Portallösungen ermöglichen dabei nicht nur die optimale Vernetzung aller internen Abläufe sondern auch die Bereitstellung ausgewählter Daten und Anwendungen auf mobilen Endgeräten. Ausgewählte Kennzahlen und Informationen lassen sich beispielsweise auf einem Internettelefon wie dem iPhone von unterwegs abrufen. Das gibt Ärzten und anderen Krankenhausmitarbeitern die Möglichkeit, ortsunabhängig Einfluss auf die täglichen Abläufe zu nehmen und wichtige Informationen jederzeit und an jedem Ort einsehen zu können.

Ein Portal kann daher in Kliniken gut als umfangreiche Management-Plattform dienen, welche diverse Bereiche – von Arzneimittellisten über Pflege und Verwaltung bis hin zum Qualitätsmanagement – abbildet. Das Portal stellt dabei eine einheitliche und leicht zu bedienende Oberfläche dar, über die zahlreiche heterogene Anwendungen und Daten vereint werden und allen Beteiligten im Klinikalltag ein personalisierter Zugang geboten wird. Portale, die auf einer einheitlichen Basis kommunizieren, können die Antwort auf die Herausforderungen der Kliniken in den kommenden Jahren darstellen. Als fundamentaler Bestandteil der Klinik neben den klassischen Abrechnungssystemen und Medizinischen Dokumentationssystemen (zusammengefasst als KIS bezeichnet), bietet ein Portalsystem Möglichkeiten, die mit anderen Lösungen häufig nicht umsetzbar sind. Aufgrund des integrativen Ansatzes von Portalsystemen stellt das Zusammenspiel der Anwendungen einen idealen Lösungsansatz dar ohne eine komplette Migration bestehender Systeme durchzuführen.


Autor

Alexander Ehle (Abbildung 5 [Abb. 5]) war viele Jahre Projektmanager am Robert-Bosch-Krankenhaus. Von 2002 bis 2006 leitete er das Intranet-Projekt des Krankenhauses. In diesem Rahmen entstanden unter seiner Führung hochspezialisierte auf dem Web basierende Applikationen wie z.B. ein Dokumentationssystem für Brustkrebserkrankungen, das branchenweit für sehr viel Aufmerksamkeit gesorgt hat. Seit 2006 ist Alexander Ehle als Senior Consultant bei United Planet (http://www.unitedplanet.com/) tätig.