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Impfung von Kindern mit einem lebend-attenuierten, nasal verabreichbaren Influenza-Impfstoff – Analyse und Bewertung mittels Health-Technology-Assessment
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Veröffentlicht: | 30. Oktober 2014 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Die Influenza ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit der Atemwege, die jährlich in Deutschland zu hoher Morbidität und Mortalität führt. Influenza ist impfpräventabel, zudem wird die Impfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Standardimpfung für über Sechzigjährige empfohlen. Bislang kam dafür fast ausschließlich ein per Injektion zu verabreichender trivalenter inaktivierter Impfstoff (TIV) zum Einsatz. Seit 2011 ist zusätzlich ein nasal zu verabreichender lebend-attenuierter inaktivierter Impfstoff (LAIV) zugelassen, der seit 2013 von der STIKO – im Rahmen der Indikationsimpfung – neben TIV für die Impfung der Altersgruppe von zwei bis 17 Jahren empfohlen wird. LAIV soll dabei bevorzugt in der Altersgruppe zwei bis sechs angewendet werden. Ziel dieses Health Technology Assessment (HTA) war die Beantwortung verschiedener Forschungsfragen zur Impfung mit LAIV, insbesondere bei Kindern, aus medizinischer, epidemiologischer und gesundheitsökonomischer sowie aus ethischer, sozialer und juristischer Perspektive.
Methode: Die für die Bewertung relevanten Informationen wurden mittels einer systematischen Datenbankrecherche sowie einer ergänzenden Handrecherche ermittelt. Die gefundene Literatur wurde auf Basis vorgegebener Ein- bzw. Ausschlusskriterien von jeweils zwei unabhängigen Gutachtern durchgesehen und inhaltlich ausgewertet. Eingeschlossene Literatur wurde mittels anerkannter Standards bewertet. Die höchste Bewertung (1++) wurde Primärstudien nur dann zugesprochen, wenn diese die strengen Qualitätsanforderungen an eine pivotale Studie im Sinne der European Medicines Agency (EMA)-Guidance Points to consider on applications with 1. meta-analyses; 2. one pivotal study erfüllten.
Ergebnisse: Für den medizinischen Teil liegt die Altersverteilung von Studienteilnehmern bei sechs Monaten bis 17 Jahren. Hinsichtlich der Wirksamkeit (Efficacy) ist LAIV bei Kindern von sechs Monaten bis ≤7 Jahren sowohl Placebo als auch TIV überlegen (Relative Risikoreduktion – RRR – einer laborbestätigten Influenzainfektion ca. 80% bzw. 50%). Bei Kindern im Alter von >7 bis 17 Jahren mit Asthma ist die Wirksamkeit der Impfung mit LAIV der Impfung mit TIV überlegen (RRR 32%); im Vergleich zu Placebo liegen keine Studien vor. Die Evidenzlage für Kinder >7 bis 17 Jahren mit Asthma ist als moderat einzuschätzen; für Kinder aus der Allgemeinbevölkerung (das heißt Begleiterkrankungen waren kein Einschlusskriterium) lagen keine Studien vor. Angesichts der nachgewiesenen besseren Wirksamkeit von LAIV bei Kindern im Alter von sechs Monaten bis ≤7 Jahren (hohe Evidenz) und der nachgewiesenen besseren Wirksamkeit von LAIV bei Kindern mit Asthma im Alter von >7 bis 17 Jahren (moderate Evidenz) ist LAIV höchstwahrscheinlich auch bei Kindern aus der Allgemeinbevölkerung im Alter von >7 bis 17 Jahren ebenso wirksam (indirekte Evidenz). LAIV war in den eingeschlossenen Studien bei Kindern im Alter von zwei bis 17 Jahren sicher und gut verträglich.
In der Mehrzahl der ausgewerteten epidemiologischen Studien zeigte sich LAIV unter Alltagsbedingungen (Effectiveness) als wirksam in der Prävention von Influenza bei Kindern im Alter von zwei bis 17 Jahren. Im Trend war LAIV dabei wirksamer als TIV, was jedoch Methodik bedingt (Beobachtungsstudien) nur eingeschränkt zu bewerten ist. Neben einem direkten Schutzeffekt für die Kinder selbst, konnten bereits bei einer relativ geringen Impfquote auch indirekte Schutzeffekte („Herdenschutz“) bei nichtgeimpften älteren Bevölkerungsgruppen gezeigt werden. In Bezug auf die Sicherheit kann LAIV im Vergleich zu TIV insgesamt als gleichwertig betrachtet werden. Dies gilt auch für die Anwendung bei Kindern mit leichten chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankungen, denen daher LAIV nicht vorenthalten werden muss.
Aus gesundheitsökonomischer Sicht geht in den bewerteten Studien sowohl die Impfung von Kindern mit Vorerkrankungen als auch die Routineimpfung von (gesunden) Kindern häufig mit Kosteneinsparungen einher. Diese werden insbesondere erzielt, wenn im Rahmen einer gesellschaftlichen Perspektive auch indirekte Kosten berücksichtigt werden. Aus Kostenträgerperspektive wird die Routineimpfung von Kindern häufig als hochkosteneffektiv beurteilt. Nicht alle Studien kommen jedoch zu konsistenten Ergebnissen; vereinzelt werden verhältnismäßig hohe Kosteneffektivitätsverhältnisse berichtet, die eine abschließende Bewertung aus ökonomischer Perspektive erschweren. Auf Basis der eingeschlossenen Studien kann daher keine eindeutige Aussage zu den budgetären Auswirkungen des Einsatzes von LAIV getroffen werden. Keine der bewerteten Studien kann ohne weiteres auf den deutschen Versorgungskontext übertragen werden.
Im Rahmen der untersuchten ethischen, sozialen und juristischen Studien konnte unter anderem gezeigt werden, dass die Wirksamkeit des Impfstoffes, ärztliche Empfehlungen und eine mögliche Reduzierung von Influenzasymptomen bei der Impfentscheidung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten für ihre Kinder eine Rolle zu spielen scheinen. Wesentliche Barrieren im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Influenza-Impfleistungen sind eine geringe Wahrnehmung und Unterschätzung des Erkrankungsrisikos, Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit sowie mögliche Nebenwirkungen des Impfstoffes. Für einen Teil der befragten Eltern ist es zudem bedeutsam, ob der Impfstoff injiziert oder in Form eines Nasensprays verabreicht wird.
Schlussfolgerung: Der Einsatz von LAIV kann bei Kindern im Alter von zwei bis 17 Jahren zu einer Reduktion der Influenza-Erkrankungen bzw. der damit verbundenen Krankheitslast führen. Zusätzlich können Herdenschutzeffekte, insbesondere bei Personengruppen mit höherem Alter, erwartet werden. Jedoch liegen noch keine Daten für den deutschen Versorgungskontext vor, so dass bei einem breiteren Einsatz von LAIV dessen langfristige direkte und indirekte Wirksamkeit sowie Sicherheit mit weiteren Evaluationsprogrammen begleitet und untersucht werden sollten.
Da kein allgemeinverbindliches Modell für den deutschen Versorgungskontext vorliegt, können Aussagen zur Kosten-Effektivität bisher nur eingeschränkt getroffen werden. Auch unter diesem Aspekt besteht Bedarf an der Durchführung gesundheitsökonomischer Studien zu den Auswirkungen der Influenzaschutzimpfung von Kindern. Solche Studien sollten auf einem dynamischen Transmissionsmodell basieren, um indirekte Schutzeffekte der Impfung berücksichtigen zu können.
Aus ethischer, sozialer und juristischer Perspektive erscheint eine weitere Auseinandersetzung mit der Impfmotivation der Eltern bzw. Sorgeberechtigten und mit möglichen Barrieren gegen eine umfassende Impfbereitschaft, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Bevölkerung, erforderlich.
Der vorliegende HTA-Bericht bietet umfangreiche Grundlagen für weitere wissenschaftliche Ansätze bzw. anstehende gesundheitspolitische Entscheidungen.
Hintergrund
Die Influenza ist eine durch die Influenzaviren-A oder -B bedingte weltweit verbreitete Infektionskrankheit der Atemwege, die jährlich in Deutschland zu hoher Morbidität und Mortalität führt. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt die Krankheitslast der Influenza in Deutschland für die Gesamtbevölkerung in der vergleichsweise schweren Saison 2012/13 folgendermaßen ein [1]:
- Anzahl der während der Influenzawelle aufgetretenen zusätzlichen Arztbesuche (Exzess-Konsultationen): 7,7 Millionen (95%-KI 7,1–8,1 Millionen).
- Influenza-assoziierte Arbeitsunfähigkeiten bzw. Pflegebedürftigkeit bei Kindern und Nicht-Berufstätigen: 4,3 Millionen (95%-KI 4,0–4,7 Millionen).
- Anzahl der Influenza-bedingten zusätzlichen Krankenhauseinweisungen: 32.000 (95%-KI: 28.000–35.000).
Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von vier Jahren weisen mit deutlichem Abstand die höchste Konsultationshäufigkeit aufgrund akuter Atemwegserkrankungen auf. Das RKI schätzt die Anzahl der zusätzlichen Arztbesuche in dieser Altersgruppe auf 28.000 je 100.000 Kinder. Die Anzahl der Influenza-bedingt pflegebedürftigen Säuglinge und Kleinkinder wurde auf 270.000 (95%-KI 210.000–330.000) geschätzt. Die Konsultationsinzidenz war in der Altersgruppe der Schulkinder (fünf bis 14 Jahre) am zweithöchsten. Für diese Personengruppe wurde die Anzahl der zusätzlichen Arztbesuche auf 16.000 je 100.000 Kinder geschätzt. Bei 470.000 Kindern zwischen fünf und 14 Jahren (95%-KI 410.000–530.000) führte die Influenza zum Fehlen in der Schule [1].
Influenza ist impfpräventabel, und die Impfung wird von der STIKO als Standardimpfung für ab Sechzigjährige empfohlen. Bislang kam dafür fast ausschließlich ein per Injektion zu verabreichender trivalenter inaktivierter Impfstoff (TIV) zum Einsatz. Seit 2011 ist zusätzlich ein nasal zu verabreichender lebend-attenuierter inaktivierter Impfstoff (LAIV) zugelassen. Im August 2013 ergänzte die STIKO ihre Impfempfehlungen für die Influenza um den Hinweis, dass Kinder und Jugendliche im Alter von zwei bis einschließlich 17 Jahren mit einer TIV oder LAIV geimpft werden können, sofern keine Kontraindikation gemäß der Fachinformation besteht. Bei Kindern im Alter von zwei bis einschließlich sechs Jahren sollte hierbei LAIV bevorzugt angewendet werden.
Nach einer durchgemachten Influenzainfektion besteht zwar im Allgemeinen ein Schutz gegen den ursprünglichen Influenza-Erreger („Immungedächtnis“). Aufgrund der kontinuierlichen Veränderung der Influenzaviren lässt sich hieraus aber kein zuverlässiger Schutz vor jährlich bzw. saisonal wiederkehrenden Neuinfektionen ableiten – was analog auch für den Impfschutz gilt. Daher muss die Influenzaschutzimpfung jährlich wiederholt werden.
Kinder werden sowohl hinsichtlich ihrer eigenen Krankheitslast als auch hinsichtlich ihrer Rolle bei der Verbreitung von Influenza in andere Altersgruppen hinein als besonders wichtige Zielgruppe für eine Influenzaschutzimpfung angesehen. Da sich Influenzaepidemien nicht zeitgleich über alle Altersstufen ausbreiten, sondern vornehmlich zunächst Kinder betreffen, könnte eine allgemeine Impfung von Kindern einen zusätzlichen wünschenswerten Effekt in Bezug auf einen „Herdenschutz“ erbringen.
Die Influenza und ihre Folgen haben somit eine hohe Bedeutung für das öffentliche Gesundheitswesen, da vermehrt Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen werden, die entsprechende Kosten für das deutsche Gesundheitssystem verursachen. Krankheitskostenanalysen der Influenza für Deutschland sind allerdings schwer durchführbar, da Ausbreitung und Krankheitslast saisonal stark variieren. Ein wesentliches gesundheitspolitisches Ziel ist die Verringerung der Influenza-bedingten Krankheitslast. Hierfür könnten unter anderem eine möglichst gute Wirksamkeit verfügbarer Impfstoffe sowie die Erzielung hoher Durchimpfungsraten bei relevanten Zielgruppen von entscheidender Bedeutung sein.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, verschiedene Forschungsfragen zur Impfung von Kindern mit LAIV zu beantworten – aus medizinischer, epidemiologischer und gesundheitsökonomischer sowie aus ethischer, sozialer und juristischer Perspektive.
Methodik
Die für die Bewertung relevanten Informationen wurden mittels einer umfangreichen systematischen Datenbankrecherche sowie einer ergänzenden Handrecherche ermittelt. Hierfür wurde eine Suchstrategie sowie Ein- bzw. Ausschlusskriterien nach Vorgaben des DIMDI für alle Bereiche (Medizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie sowie Ethik, Soziales und Juristik/ESR) erarbeitet. Die Suchbegriffe bzw. deren Verknüpfungen wurden von den Autoren in mehreren Durchläufen detailliert erarbeitet (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Eine Recherche nach „grauer Literatur“ erfolgte nicht.
Die gefundene Literatur wurde zunächst auf Basis vorgegebener Ein- bzw. Ausschlusskriterien anhand Titel und Abstract durchgesehen und die verbleibenden Quellen anschließend anhand der Volltexte bewertet. Die Durchsicht erfolgte von jeweils zwei unabhängigen Gutachtern. Für die Auswahl der Literatur wurden Kriterien nach dem PICO-(Population-Intervention-Comparison-Outcome)-Schema [2] definiert und durch weitere Vorgaben zu Studientyp und Setting ergänzt (Anhang 2 [Anh. 2]). Die danach noch eingeschlossenen Quellen wurden in strukturierter Form inhaltlich ausgewertet und mittels anerkannter Standards zur Bewertung wissenschaftlicher Arbeiten bewertet. Das Flussdiagramm zur Recherche befindet sich in Anhang 3 [Anh. 3].
Für die Qualitätsbewertung der eingeschlossenen Literatur wurden für die Bewertung der medizinischen und epidemiologischen Studien die Checklisten der German Scientific Working Group Technology Assessment for Health Care [3] herangezogen. Zur Evidenzbewertung der medizinischen und epidemiologischen Artikel wurde zusätzlich die von der Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) Grading Review Group entwickelte Klassifizierung verwendet [4]. Die eingeschlossenen Berichterstattungen über Studien wurden entsprechend der Evidenzgrade eingeteilt. Die höchste Bewertung (1++) wurde Primärstudien nur dann zugesprochen, wenn diese die strengen Qualitätsanforderungen an eine pivotale Studie im Sinne der European Medicines Agency (EMA)-Guidance Points to consider on applications with 1. meta-analyses; 2. one pivotal study [5] erfüllten. Die Bewertung der methodischen Qualität der eingeschlossenen ökonomischen Studien orientiert sich an den Good Practice Guidelines for Decision-Analytic Modelling in Health Technology Assessment [6] sowie der Criteria list for assessment of methodological quality of economic evaluations [7].
Abschließend wurden die methodischen Aspekte bzw. die Ergebnisse der eingeschlossenen Literatur umfangreich dargestellt. Die Ergebnisdarstellung wurde vereinheitlicht, um eine auszugsweise Erfassung, wie sie für den HTA-Bericht zur Übersicht und Vergleichbarkeit der Studien erforderlich ist, zu ermöglichen. Mit der verbleibenden Literatur wurden die folgenden Forschungsfragen beantwortet:
Medizinische Forschungsfragen
- Wie ist die Wirksamkeit (Efficacy) von LAIV zur Impfung gegen Influenza bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen oder Placebo?
- Wie ist die Sicherheit von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen oder Placebo?
- Existieren Unterschiede hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren?
- Wo besteht aus medizinischer Perspektive aufgrund uneinheitlicher Studienergebnisse oder fehlender Studien weiterer Forschungsbedarf?
Zur Beantwortung der Fragestellung zur Wirksamkeit von LAIV wurde primär der Endpunkt laborbestätigter Influenza-Erkrankungen herangezogen; als ergänzende Endpunkte wurden weitere, direkt patientenrelevante Endpunkte wie z.B. Otitis Media dargestellt.
Epidemiologische Forschungsfragen
- Wie ist die Wirksamkeit (Effectiveness) von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen, Placebo oder keiner Intervention?
- Wie ist die Sicherheit von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen, Placebo oder keiner Intervention?
- Entstehen durch eine Influenzaschutzimpfung von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr indirekte Schutzeffekte (Herdenschutz)?
- Existieren Unterschiede hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren?
Gesundheitsökonomische Forschungsfragen
- Wie ist die Kosteneffektivität einer Influenzaschutzimpfung von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr generell zu beurteilen?
- Stellt der Einsatz von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr eine kosteneffektive Option dar?
- Welche budgetären Auswirkungen sind mit dem Einsatz von LAIV verbunden?
- Wo besteht aus gesundheitsökonomischer Perspektive aufgrund uneinheitlicher Studienergebnisse oder fehlender Studien weiterer Forschungsbedarf? Welche Empfehlungen können aus methodischer Sicht bezüglich zukünftiger Studien gegeben werden?
Ethische/soziale/juristische Forschungsfragen
- Welche Faktoren beeinflussen die individuelle Entscheidung bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr für oder gegen eine Influenzaschutzimpfung? Welchen Einfluss haben dabei die Applikationsart und Arzthinweise? Welche Präferenzen haben Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigten sowie die Gesellschaft im Hinblick auf die Influenzaschutzimpfung?
- Gibt es dabei ethische Konflikte zwischen der kindlichen bzw. elterlichen Selbstbestimmung zur Impfung und dem Wunsch der Gesellschaft nach einem allgemeinen Impfschutz (Herdenschutz)? Sollten Kinder und Jugendliche als Multiplikatoren der Influenza bzw. ihre Sorgeberechtigten in ihrem individuellen Recht der Impfentscheidung zum Schutz anfälliger Personen vor Infektion eingeschränkt werden dürfen?
- Wie ist die gegenwärtige Situation des Zugangs zur Influenzaschutzimpfung generell bzw. speziell zu den verschiedenen Impfstoffen in Deutschland? Wie ist die Praxis der Kostenerstattung zu bewerten? Welche Zugangsbarrieren bestehen? Welchen Einfluss hat hierauf die gegenwärtige Ausschreibungspraxis von Influenza-Impfstoffen durch die gesetzliche Krankenversicherung?
- Welche weiteren juristischen Aspekte sind zu bedenken?
Ergebnisse der Literaturrecherche
Auf der Grundlage der beschriebenen Suchstrategie wurden in der systematischen Literaturrecherche identifiziert: 375 medizinische Treffer, 1.228 Treffer zum Themenbereich Epidemiologie, 474 ökonomische Veröffentlichungen und 411 Treffer im Bereich ESR (Abbildung Suchverlauf und Ergebnisse im Anhang 3 [Anh. 3] und Anhang 4 [Anh. 4]).
Insgesamt 37 Studien wurden in die Bewertung des medizinischen Teils (siehe Tabelle A4-1, Tabelle A4-2 und Tabelle A4-3 im Anhang 4 [Anh. 4]), 16 Studien in der Bewertung des epidemiologischen Teils (siehe Tabelle A4-4, Tabelle A4-5 und Tabelle A4-6 im Anhang 4 [Anh. 4]), 27 Studien in die Bewertung des gesundheitsökonomischen Teils (siehe Tabelle A4-7, Tabelle A4-8 und Tabelle A4-9 im Anhang 4 [Anh. 4]) und 7 Studien für die Bewertung des ESR-Teils eingeschlossen [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14].
Beantwortung der Forschungsfragen
Medizinische Forschungsfragen
- Wie ist die Wirksamkeit (Efficacy) von LAIV zur Impfung gegen Influenza bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen oder Placebo?
Die Wirksamkeit (Efficacy) wurde im Rahmen dieses HTA primär in Bezug auf die Verhinderung laborbestätigter Influenza-Erkrankungen erfasst. RCT belegen diesbezüglich, dass LAIV bei Kindern im Alter von sechs Monaten bis zum 18. Lebensjahr sowohl Placebo als auch TIV hinsichtlich der Wirksamkeit überlegen ist. Es wurden keine Wirksamkeitsstudien mit Kindern im Alter von <6 Monaten identifiziert.
Zur differenzierten Charakterisierung der Evidenzlage dieser Aussage muss dabei die Zielpopulation (Allgemeinbevölkerung versus Kinder mit Asthma) und die Altersgruppe berücksichtigt werden (Tabelle 1 [Tab. 1]):
- Bei Kindern im Alter von sechs Monaten bis ≤7 Jahren ist LAIV sowohl Placebo als auch TIV überlegen. Die Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo bzw. zu TIV gegen eine laborbestätigte Influenza beträgt ca. 80% bzw. ca. 50%. Die Evidenzlage ist sowohl für Kinder aus der Allgemeinbevölkerung (das heißt Begleiterkrankungen waren kein Einschlusskriterium), wie auch für Kinder mit Asthma als hoch einzuschätzen.
- Bei Kindern im Alter von >7 bis 17 Jahren (=18. Lebensjahr) ist LAIV der Impfung mit TIV überlegen. Im Vergleich zu Placebo lagen keine Studien vor. Die Wirksamkeit im Vergleich zu TIV betrug ca. 32%. Die Evidenz für diese Aussage stammt aus einer randomisierten, offenen Studie, die über eine Influenzasaison bei Kindern mit Asthma durchgeführt wurde [15]. Die Evidenzlage für Kinder mit Asthma ist daher als moderat einzuschätzen; für Kinder aus der Allgemeinbevölkerung (das heißt Begleiterkrankungen waren kein Einschlusskriterium) lagen keine Studien vor. Angesichts der nachgewiesenen Wirksamkeit von LAIV bei Kinder im Alter von sechs Monaten bis ≤7 Jahren (hohe Evidenz) und der nachgewiesenen Wirksamkeit von LAIV bei Kinder mit Asthma im Alter von >7 bis 17 Jahren (moderate Evidenz) ist LAIV höchstwahrscheinlich auch bei Kindern aus der Allgemeinbevölkerung im Alter von >7 bis 17 Jahren wirksam. Da es sich hierbei aber um indirekte Evidenz handelt, ist die Evidenzlage für diese Aussage als gering einzustufen (Tabelle 1 [Tab. 1], [16], [17]).
- Wie ist die Sicherheit von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen oder Placebo?
LAIV war in den eingeschlossenen Studien bei Kindern im Alter von zwei bis 17 Jahren sicher und gut verträglich. Häufigste Nebenwirkungen waren lokale Reaktionen auf den Impfstoff (Rhinorrhoe/Rhinitis/verstopfte Nase) sowie allgemeine Reaktogenitätszeichen (wie z.B. Fieber, erniedrigter Appetit, Erbrechen, erniedrigte Aktivität, erhöhte Erregbarkeit). In den eingeschlossenen Studien fanden sich für diese Altersgruppe keine Unterschiede in der Häufigkeit von (schwerwiegenden) unerwünschten Ereignissen, die zum Absetzen führten (sofern berichtet). Potenziell mit der Impfung assoziierte Todesfälle wurden in den eingeschlossenen Studien nicht berichtet.
Es liegen Hinweise aus einer Studie vor [18], dass LAIV bei Kindern im Alter von sechs bis elf Monaten im Vergleich zu TIV zu einer erhöhten Rate an Hospitalisierungen jeglicher Ursache sowie zu einer erhöhten Rate schwerwiegender unerwünschter Ereignisse führt. Aus derselben Studie liegen Hinweise vor, dass LAIV bei Kindern im Alter von sechs bis 24 Monaten zu einer erhöhten Rate akuten Giemens führt. Basierend auf diesen Befunden wurde die Zulassung von LAIV auf Kinder im Alter von 24 Monaten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr beschränkt.
- Existieren Unterschiede hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren?
Geschlecht: Es liegen Hinweise aus einer Meta-Analyse vor, dass die Wirksamkeit von LAIV bei weiblichen Geimpften höher sein könnte als bei männlichen; eine Überlegenheit von LAIV (gegenüber TIV und Placebo) wurde aber bei beiden Geschlechtern beobachtet (quantitative Interaktion).
Alter: Eine Subgruppenanalyse von vier Studien [19] zeigte für Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren eine konsistente Wirksamkeit von LAIV über den analysierten Altersbereich. Studien zur Frage, ob sich die Wirksamkeit im Altersbereich <6 Jahren von der Wirksamkeit im Altersbereich von sieben bis 17 Jahren unterscheidet, wurden nicht identifiziert. In Bezug auf Sicherheitsendpunkte ergaben zwei Studien Hinweise darauf, dass die Sicherheit und Verträglichkeit von LAIV bei jüngeren Kindern, insbesondere im Alter unter 24 Monaten, schlechter ist als bei älteren Kindern (höhere Rate an akutem Giemen/reaktiven Atemwegserkrankungen und Hospitalisierungen jeglicher Ursache).
Region: Es liegen Hinweise vor, dass die Wirksamkeit von LAIV in den Studien im asiatischen Raum niedriger war als in anderen Regionen.
- Wo besteht aus medizinischer Perspektive aufgrund uneinheitlicher Studienergebnisse oder fehlender Studien weiterer Forschungsbedarf?
Die Evidenzlage zur Wirksamkeit von LAIV für Kinder im Alter von sieben bis 17 Jahren ist eingeschränkt (siehe Beantwortung der ersten Forschungsfrage); hier wären zusätzliche Studien, insbesondere bei Kindern aus der Allgemeinbevölkerung (ohne Begleiterkrankungen als Einschlusskriterium) wünschenswert. Ein besonderer Schwerpunkt könnte dabei die Untersuchung darstellen, ob eine Wirksamkeit bzw. Überlegenheit gegenüber Komparatoren über den gesamten Altersbereich (von sieben bis 17 Jahre) nachzuweisen ist oder ob Hinweise auf Interaktion mit Alter vorliegen.
Subgruppenanalysen der Studien von Ashkenazi et al. [16] und Belshe et al. [18] weisen darauf hin, dass LAIV bei Kindern im Alter von ≥24 Monaten mit mildem/moderatem Asthma oder Giemen in der Vorgeschichte sicher war, speziell auch in Bezug auf akutes Giemen und Hospitalisierungen jeglicher Ursache. Für Kinder mit akutem Giemen oder Kinder mit schwerem Asthma liegen hingegen noch keine Studien vor; in dieser Risikopopulation wären daher zusätzliche Studien wünschenswert. Ob für Kinder im Alter von zwölf bis 23 Monaten die Verträglichkeit der Impfung mit LAIV in Bezug auf das Auftreten akuten Giemens durch andere Impfschemata (z.B. ansteigende Dosierung; Erstimpfung mit TIV, gefolgt von LAIV) verbessert werden kann, könnte ebenfalls durch zusätzliche Studien untersucht werden.
Vor kurzem wurde eine tetra- bzw. quadrivalente LAIV (LAIV-Q) in Deutschland zugelassen. Damit wird der geänderten WHO-Empfehlung zur Zusammensetzung der Influenza-Impfstoffe entsprochen. Ab der Impfsaison 2014/2015 wird LAIV-Q den bisherigen trivalenten Lebendimpfstoff (LAIV-T) komplett ersetzen. Er soll Schutz gegen beide der weltweit zirkulierenden Influenza-B-Linien (Yamagata und Victoria) gewährleisten und könnte daher (im Vergleich) zu Placebo eine bessere Wirksamkeit aufweisen. Efficacy- und Effectiveness-Studien zur genaueren Untersuchung dieses Impfstoffs wären wünschenswert.
Epidemiologische Forschungsfragen
- Wie ist die Wirksamkeit (Effectiveness) von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen, Placebo oder keiner Intervention?
In der überwiegenden Mehrzahl der ausgewerteten Studien zeigte sich LAIV unter Alltagsbedingungen als wirksam in der Prävention von Influenza. Die Effektstärke kann, gegenüber Nichtimpfung, mit etwa 10% geschätzt werden. Bei der Interpretation muss berücksichtigt werden, dass als Zielparameter in der Regel akute Atemwegsinfektionen gewählt wurden, die nicht nur durch Influenza, sondern auch durch eine Reihe anderer Erreger bedingt sein konnten. Eine in den eingeschlossenen Beobachtungsstudien zum Teil gezeigte Überlegenheit von LAIV gegenüber TIV ist methodikbedingt nur mit Einschränkungen zu bewerten. Bei allen eingeschlossenen Studien besteht die Möglichkeit der Verzerrung der Studienergebnisse, z.B. durch unzureichend berücksichtigte Störgrößen. Außer dem Alter wurden in den Analysen keine weiteren potentiellen Störgrößen (wie z.B. sozioökonomische Variablen, Besuch von Kindertagesstätten, häusliche Wohnsituation/Anzahl Personen je Haushalt) berücksichtigt.
- Wie ist die Sicherheit von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr im Vergleich zu anderen Interventionen, Placebo oder keiner Intervention?
In den eingeschlossenen Beobachtungsstudien war LAIV sicher und gut verträglich. Es fanden sich keine Hinweise auf eine erhöhte Rate von unerwünschten Effekten, die das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis infrage gestellt hätten. In den herangezogenen Beobachtungsstudien zum Teil gezeigte Unterschiede zwischen LAIV und TIV sind methodikbedingt nur eingeschränkt zu bewerten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf Parameter, die für die Bewertung von unerwünschten Wirkungen herangezogen wurden, da sich diese zum Teil mit Symptomen von respiratorischen Infekten überschneiden.
Es fanden sich keine Hinweise auf klinisch relevante höhere Risiken unter LAIV als unter TIV. Dies gilt auch für die Anwendung bei Kindern mit leichten chronisch-obstruktiven Erkrankungen. Bei allen eingeschlossenen Studien besteht die Möglichkeit der Verzerrung der Studienergebnisse, z.B. durch unzureichend berücksichtigte Störgrößen.
- Entstehen durch eine Influenzaschutzimpfung von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr indirekte Schutzeffekte (Herdenschutz)?
In den Studien mit entsprechender Fragestellung konnte ein Herdenschutzeffekt bei nichtgeimpften älteren Bevölkerungsgruppen anhand einer Reduktion von Medically Attended Acute Respiratory Illness (MAARI)-Raten gezeigt werden. Dieser Schutz konnte bereits bei einer im Rahmen der jeweiligen Impfprogramme relativ geringen Impfquote bei Kindern, verglichen mit einer potenziell umfassenderen Impfquote im Rahmen einer allgemeinen Impfempfehlung für Kinder, gezeigt werden. Diesen Effekt zu quantifizieren erscheint jedoch nicht möglich, da hier zu viele Einflussfaktoren (inklusive Altersstruktur, Frequenz des Kindertagesstätten- oder Schulbesuchs, Kontaktraten zwischen den Altersgruppen) berücksichtigt werden müssen. Bei allen eingeschlossenen Studien besteht die Möglichkeit der Verzerrung der Studienergebnisse, z.B. durch unzureichend berücksichtigte Störgrößen. Außer dem Alter wurden in den Analysen keine weiteren potentiellen Störgrößen (wie z.B. sozioökonomische Variablen, Besuch von Kindertagesstätten, häusliche Wohnsituation/Anzahl Personen je Haushalt) berücksichtigt.
- Existieren Unterschiede hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren?
Wirksamkeit: Ausweislich der ausgewerteten Studien bestehen Hinweise darauf, dass die Impfung von Kindern im Vorschulalter die höchste Effektstärke erreicht, und dass diese Effektstärke mit zunehmendem Alter abnimmt. Bezüglich weiterer Faktoren, wie etwa Geschlecht, Ethnie oder Gesundheitszustand/Komorbidität (soweit dies nicht die Anwendbarkeit von LAIV ausschließt) wurden keine Unterschiede in der Wirksamkeit gefunden.
Sicherheit: Obwohl die ausgewerteten Studien zum Teil in Altersgruppen differenzieren, lassen sich aufgrund der jeweiligen Intention (Vergleich zu TIV) bzw. Form der Ergebnisdarstellung kaum mögliche altersbezogene Unterschiede bezüglich unerwünschter Effekte unter Alltagsbedingungen ableiten. Es wurden auch keine Hinweise gefunden, dass die übrigen vorgenannten Faktoren einen Einfluss auf die Sicherheit von LAIV haben.
Gesundheitsökonomische Forschungsfragen
- Wie ist die Kosteneffektivität einer Influenzaschutzimpfung von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr zu beurteilen?
Sowohl die Impfung von Kindern mit Vorerkrankungen als auch die Routineimpfung von (gesunden) Kindern geht in den bewerteten Studien häufig mit Kosteneinsparungen einher. Diese werden insbesondere erzielt, wenn im Rahmen einer gesellschaftlichen Perspektive auch indirekte Kosten berücksichtigt werden. Aus Kostenträgerperspektive wird die Routineimpfung von Kindern häufig als hochkosteneffektive Intervention beurteilt. Nicht alle Studien kommen jedoch zu konsistenten Ergebnissen. Vereinzelt werden auch verhältnismäßig hohe Kosteneffektivitätsverhältnisse berichtet, die eine abschließende Bewertung aus ökonomischer Perspektive erschweren.
- Stellt der Einsatz von LAIV bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr eine kosteneffektive Option dar?
Der Einsatz von LAIV wird in einer Reihe von Studien als kostensparende oder kosteneffektive Intervention beurteilt [20], [21], [22], [23], [24], [25], [26], [27], [28], [29], [30], [31], [32], [33], [34], [35], [36], [37], [38], [39], [40], [41], [42], [43], [44], [45], [46], [47]. Jedoch kommen auch hier nicht alle Studien zu einheitlichen Ergebnissen. Die Impfung mit LAIV stellt im Vergleich zur Verwendung von TIV die kosteneffektivere Alternative dar. In einer der zu Grunde liegenden Studien, in der sowohl der Einsatz von LAIV als auch die Verwendung von TIV evaluiert werden, wird jedoch von einem gleichen Preis für LAIV und TIV auf TIV-Niveau ausgegangen.
- Welche budgetären Auswirkungen sind mit dem Einsatz von LAIV verbunden?
Auf Basis der eingeschlossenen Studien kann keine eindeutige Aussage zu den budgetären Auswirkungen des Einsatzes von LAIV getroffen werden.
- Wo besteht aus gesundheitsökonomischer Perspektive aufgrund uneinheitlicher Studienergebnisse oder fehlender Studien weiterer Forschungsbedarf? Welche Empfehlungen können aus methodischer Sicht bezüglich zukünftiger Studien gegeben werden?
Keine der bewerteten gesundheitsökonomischen Studien liefert Ergebnisse aus dem deutschen Versorgungskontext. Die Übertragung von Ergebnissen aus anderen Ländern auf einen nationalen Kontext ist jedoch unter anderem aufgrund unterschiedlicher Versorgungsstrukturen als problematisch anzusehen. Daher besteht Bedarf an der Durchführung einer gesundheitsökonomischen Studie zu den Auswirkungen einer Influenzaschutzimpfung von Kindern, die den deutschen Versorgungskontext in angemessener Weise berücksichtigen. Entsprechende Studien sollten auf einem dynamischen Transmissionsmodell basieren, um indirekte Schutzeffekte der Impfung einbeziehen zu können.
Ethische, soziale und juristische Forschungsfragen
- Welche Faktoren beeinflussen die individuelle Entscheidung bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr für oder gegen eine Influenzaschutzimpfung? Welchen Einfluss haben dabei die Applikationsart und Arzthinweise? Welche Präferenzen haben Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigten sowie die Gesellschaft im Hinblick auf die Influenzaschutzimpfung?
Die Wirksamkeit des Impfstoffes, ärztliche Empfehlungen und eine mögliche Reduzierung von Influenzasymptomen scheinen bei der Impfentscheidung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten für ihre Kinder eine Rolle zu spielen. Wesentliche Barrieren im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Influenza-Impfleistungen sind eine geringe Wahrnehmung und Unterschätzung des Erkrankungsrisikos, Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes sowie mögliche Nebenwirkungen des Impfstoffes. Für einen Teil der befragten Eltern könnte es zudem bedeutsam sein, ob der Impfstoff injiziert oder in Form eines Nasensprays verabreicht wird. Die wichtigsten Eigenschaften des Impfstoffes könnten für Kinder die Wirksamkeit sowie die Applikationsart sein. Eine Präferenz eines Großteils der Kinder zugunsten von LAIV gegenüber TIV könnte gegeben sein. Allerdings ist gerade in diesem Bereich die Aussagekraft der Studienlage sehr beschränkt, so dass für weitergehende Schlussfolgerungen Studien im Rahmen des deutschen Versorgungskontextes durchgeführt werden sollten. Es zeigt sich insgesamt, dass das Verhalten des niedergelassenen Arztes einen großen Einfluss auf die Impfentscheidung von Eltern bzw. Sorgeberechtigten zu haben scheint. Vor allem der niedergelassene Arzt ist die wesentliche Informationsquelle über Influenza-Impfstoffe. Arztempfehlungen nehmen daher eine bedeutsame Rolle im Entscheidungsfindungsprozess ein. Aber auch andere, mit Kindern betraute Professionen, z.B. KiTa-Personal, kommunizieren ihre individuellen Ansichten zur Impfung mit den Eltern. Die Verfügbarkeit von solchen Informationen ist ein wesentlicher Treiber für eine Influenza-Impfentscheidung. Informationen über das Erkrankungsrisiko, die Wirksamkeit, die Sicherheit, mögliche Nebenwirkungen, aber auch über positive Effekte für die Gesellschaft über einen Herdenschutz sind von großer Relevanz. Eltern bzw. Sorgeberechtigte, Kinder und Jugendliche aber auch Leistungserbringer sollten umfassend über verschiedene Medien aufgeklärt und Informationsmaterial sollte zur Verfügung gestellt werden.
- Gibt es dabei ethische Konflikte zwischen der kindlichen bzw. elterlichen Selbstbestimmung zur Impfung und dem Wunsch der Gesellschaft nach allgemeinem Impfschutz (Herdenschutz)? Sollten Kinder und Jugendliche als Multiplikatoren der Influenza bzw. ihre Sorgeberechtigten in ihrem individuellen Recht der Impfentscheidung zum Schutz anfälliger Personen vor Infektion eingeschränkt werden dürfen?
Ethische Konflikte zwischen der kindlichen bzw. elterlichen Selbstbestimmung sind möglich. Ob Kinder und Jugendliche auch gegen den Elternwillen geimpft werden können, sollte daher jeweils unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen werden, wobei Eingriffe in das Entscheidungsrecht der Eltern zunehmend mit dem Grad der Gefährdung des Kindeswohls geboten sein könnten. Ein ähnliches Vorgehen ist auch bei der Fragestellung angemessen, ob auch gegen den individuellen Willen einer Person Impfungen zum Wohle der Gesellschaft bzw. zum Schutz anfälliger Personen angeordnet werden sollten. Eine konkrete Beantwortung dieser Fragestellungen kann an dieser Stelle nicht vorgenommen werden, sondern bedarf einer gesellschaftlichen Diskussion. Influenzaschutzimpfungen als Zwangsmaßnahme sollten allerdings sehr kritisch betrachtet und diskutiert werden. Vielmehr sollte über die Möglichkeit der Impfung und die Eigenschaften des Impfstoffes aufgeklärt und diskutiert werden, auf welchen Wegen die Impfung angeboten und der öffentliche Meinungsbildungsprozess beeinflusst werden kann.
- Wie ist die gegenwärtige Situation des Zugangs zur Influenzaschutzimpfung generell bzw. speziell zu den verschiedenen Impfstoffen in Deutschland? Wie ist die Praxis der Kostenerstattung zu bewerten? Welche Zugangsbarrieren bestehen? Welchen Einfluss hat hierauf die gegenwärtige Ausschreibungspraxis von Influenza-Impfstoffen durch die gesetzliche Krankenversicherung?
Die gegenwärtige Situation des Zugangs zu Influenza-Impfstoffen in Deutschland sollte kritisch diskutiert werden. Kassenspezifische Besonderheiten sollten keinen Einfluss auf die Kostenerstattung von durch die STIKO empfohlenen Schutzimpfungen haben. Zudem sollte das Referenzpreissystem kritisch hinterfragt werden, da Wettbewerbsverzerrungen möglich sind. Neben dem Referenzpreissystem ist insbesondere das durch die einzelnen Krankenkassen umfänglich genutzte Rabattvertragssystem zu hinterfragen, da ein Zielkonflikt zwischen Kostenersparnissen für die Versichertengemeinschaft und der Gewährleistung einer Versorgung mit Influenza-Impfstoffen besteht. Die hierdurch mitverursachten Lieferengpässe wirken sich nachteilig auf gesundheitspolitisch anzustrebende hohe Impfquoten aus. Eine ausschließliche Fokussierung auf den Preis als Entscheidungskriterium und Ausklammerung von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsaspekten ist darüber hinaus nicht zielführend. Wenn bestimmte Impfstoffe bei einzelnen Zielgruppen eine überlegene Schutzwirkung zeigen sollten, so sollte ein Zugang über eine Kostenerstattung gewährleistet werden. Da die STIKO bevorzugt LAIV bei zwei- bis sechsjährigen Kindern empfiehlt, sollte für diese Zielgruppe ein genereller Versorgungszugang aller GKV-Versicherten zu LAIV ermöglicht werden. Zukünftig sollte grundsätzlich diskutiert werden, ob sich der Preis von Impfstoffen mit einem zusätzlichen Nutzen nicht auch in einem höheren Preis niederschlagen kann.
- Welche weiteren juristischen Aspekte sind zu bedenken?
Aufklärungs- und haftungsrechtliche Fragestellungen spielen aufgrund der derzeit bestehenden STIKO-Empfehlung eine untergeordnete Rolle. Weitere wesentliche juristische Aspekte, die zu beachten sind, wurden nicht aufgeworfen. Allerdings ist zu beachten, dass ärztliche Leistungserbringer besonders hohe Maßstäbe an die Patienten- und Elternaufklärung anlegen müssen, wenn keine Indikation für die Impfung (nach STIKO-Empfehlung) für eine bestimmte Patientengruppe vorliegt. In diesem Fall könnten haftungsrechtliche Fragestellungen eine höhere Bedeutung erlangen.
Diskussion
Studiendesign der klinischen und epidemiologischen Studien
Die eingeschlossenen klinischen Studien zur Beantwortung der medizinischen Fragestellungen wiesen eine hohe bis sehr hohe interne Validität auf. Der in den Wirksamkeitsstudien gemessene primäre Wirksamkeitsendpunkt (Influenza-Erkrankungen, laborbestätigt durch PCR oder Viruskultur) war von hoher Qualität. Die verwendeten Ein- und Ausschlusskriterien waren angemessen und schränkten die Übertragbarkeit der klinischen Studien auf die Versorgungsrealität nicht ein. Bei Wirksamkeitsstudien, die über zwei Influenzasaisons durchgeführt wurden, erfolgte bei drei Studien [48], [49], [50] in der zweiten Impfsaison keine erneute Randomisierung der Studienteilnehmer. Dies kann insofern problematisch sein, weil die Teilnahme an dieser zweiten Studie durch die Effekte der Impfung in der ersten Studie beeinflusst sein kann (Nebenwirkungen, Auftreten von Influenza-Erkrankung in der ersten Saison) – die durch die Randomisierung erreichte Gleichverteilung der Eigenschaften der Studienteilnehmer ist daher nicht mehr garantiert. Als wesentlichste weitere methodische Limitation der eingeschlossenen RCT ist die bei einigen Studien fehlende Verblindung zu nennen.
Die Studientypen im epidemiologischen Teil waren erwartungsgemäß inhomogener, etwa in der Erhebung von Primärdaten einerseits versus in der Verwendung von Krankenkassendaten andererseits. Diese Inhomogenität der epidemiologischen Designs wird allerdings dadurch ausgeglichen, dass diese Studien in der Regel in der Versorgungsrealität stattfanden und somit die für einen HTA gewünschte Übertragbarkeit auf eine breite Anwendbarkeit einer Intervention erfüllen. Es ist anzunehmen, dass die Impfeffekte umso größer ausfallen konnten, je später der jeweilige Influenzaausbruch nach der Impfung stattfand; somit könnte der entsprechende Zeitabstand einen Verzerrungsfaktor darstellen.
Altersgruppen in den klinischen Studien
Bei der Beurteilung der klinischen Wirksamkeit sollten zwei Aspekte besonders berücksichtigt werden: das Alter der eingeschlossenen Kinder sowie die Charakteristika der Zielpopulation (insbes. „gesunde“ Kinder vs. Kinder mit relevanten Grunderkrankungen). Die eingeschlossenen klinischen Studien hatten meist auch strikte Altersbereiche der einzuschließenden Studienteilnehmer. Da Hinweise auf ein altersabhängiges Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum von LAIV existieren, können Ergebnisse aus derartigen Studien nicht ohne weiteres auf Kinder anderen Alters übertragen werden. Im Gegensatz zu den epidemiologischen Studien, wo die Impfeffekte in Influenzasaisons überwiegend bei gesunden Kindern im Alter von zumeist 18 Monaten bis 17 Jahren untersucht wurden, ist die Evidenzlage insbesondere zur (klinischen) Wirksamkeit von LAIV für Kinder im Alter von sieben bis 17 Jahren eingeschränkt. Hier sind zusätzliche Studien, speziell bei Kindern aus der Allgemeinbevölkerung (das heißt ohne Begleiterkrankungen als Einschlusskriterium) wünschenswert. Ein besonderer Schwerpunkt könnte dabei auf der Untersuchung einer potentiellen Interaktion der Wirksamkeit von LAIV mit dem Alter liegen. Subgruppenanalysen weisen darauf hin, dass LAIV bei Kindern im Alter von ≥24 Monaten mit mildem/moderatem Asthma oder Giemen in der Vorgeschichte sicher ist, speziell auch in Bezug auf akutes Giemen und Hospitalisierungen jeglicher Ursache. Für Kinder mit akutem Giemen oder Kinder mit schwerem Asthma liegen hingegen noch keine Studien vor; in dieser Risikopopulation sind daher zusätzliche Studien wünschenswert. Zusätzlich könnte untersucht werden, ob für Kinder im Alter zwischen zwölf und 23 Monaten die Verträglichkeit von LAIV in Bezug auf das Auftreten akuten Giemens durch andere Impfschemata (z.B. ansteigende Dosierung, Erstimpfung mit TIV gefolgt von LAIV) verbessert werden kann.
Übertragbarkeit der Studienergebnisse
Inwieweit Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV in den verschiedenen kindlichen Altersgruppen untereinander vergleichbar sind, ist fraglich, da einige Studien ein relativ schmales Altersspektrum aufweisen, andere ein eher breites.
Für den deutschen Versorgungskontext liegen bisher keine Daten vor. Die meisten Studien wurden in den USA durchgeführt, die epidemiologischen Studien zumeist in unterschiedlichen Umfeldern der Allgemeinversorgung. Die epidemiologischen Studien überdecken zudem die Influenzasaisons 1998/1999 bis 2009/2010 und erfassten meist gesunde Kinder, teilweise jedoch auch Kinder mit chronischen Atemwegserkrankungen sowie in bestimmten Bereichen auch deren Haushaltsmitglieder. In diesen Studien wurde LAIV entweder im Vergleich zu TIV oder zu Nichtimpfung betrachtet. Zielparameter für die Wirksamkeit waren meist die Vermeidung akuter Atemwegserkrankungen bzw. ärztlich behandelter akuter Atemwegserkrankungen. Hinsichtlich der Sicherheit wurden ärztlich behandelte unerwünschte Ereignisse bzw. schwerwiegende unerwünschte Ereignisse erfasst.
Die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von LAIV sollte daher mit weiteren Evaluationsprogrammen begleitet und untersucht werden.
Einfluss des Herdenschutzeffektes
In der ausgewerteten Literatur besteht Übereinstimmung darin, dass eine gezielte Influenzaschutzimpfung von Kindern relevant zur Minderung der Krankheitslast (Reduktion MAARI-Raten) in höheren Altersgruppen beitragen kann. Außer dem Alter wurden in den Analysen keine weiteren potentiellen Störgrößen berücksichtigt. Somit besteht die Möglichkeit der Verzerrung.
Kosteneffektivität und Zugang zur Impfleistung
Die überwiegende Anzahl der gesundheitsökonomischen Studien bewertet die Influenzaschutzimpfung von Kindern als kostensparende oder hoch-kosteneffektive Intervention. Relevante Einflussfaktoren sind insbesondere die Wahl der Perspektive, der Impfstoffpreis und die Berücksichtigung indirekter Schutzeffekte. Es liegt kein Modell für den deutschen Versorgungskontext vor, was eine Übertragbarkeit der Ergebnisse erschwert. Es besteht Bedarf an der Durchführung einer gesundheitsökonomischen Studie zu den Auswirkungen einer Influenzaschutzimpfung von Kindern in Deutschland. Eine entsprechende Studie sollte auf einem dynamischen Transmissionsmodell basieren, um indirekte Schutzeffekte der Impfung einbeziehen zu können.
Die gegenwärtige Situation des Zugangs zu Influenza-Impfstoffen in Deutschland sollte kritisch diskutiert werden. Kassenspezifische Besonderheiten sollten keinen Einfluss auf die Kostenerstattung von durch die STIKO empfohlenen Schutzimpfungen haben. Neben dem Referenzpreissystem ist insbesondere das durch die einzelnen Krankenkassen umfänglich genutzte Rabattvertragssystem zu hinterfragen, da ein Zielkonflikt zwischen Kostenersparnissen für die Versichertengemeinschaft und der Gewährleistung einer Versorgung mit Influenza-Impfstoffen besteht. Die hierdurch mitverursachten Lieferengpässe wirken sich nachteilig auf gesundheitspolitisch anzustrebende hohe Impfquoten aus. Eine ausschließliche Fokussierung auf den Preis als Entscheidungskriterium und eine Ausklammerung von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsaspekten ist nicht zielführend. Wenn bestimmte Impfstoffe bei einzelnen Zielgruppen eine überlegene Schutzwirkung zeigen sollten, so sollte ein Zugang über eine Kostenerstattung gewährleistet werden. Da bei zwei- bis sechsjährigen Kindern bevorzugt die Verwendung von LAIV von der STIKO empfohlen wird, sollte für diese Zielgruppe folglich ein genereller Versorgungszugang aller gesetzlich Krankenversicherten zu LAIV ermöglicht werden. Aktuell diskutiert der Deutsche Ethikrat die ethischen Dimensionen von Pflichtimpfungen [51].
Methodik
Literaturrecherche
Auch wenn die Suchbegriffe bzw. deren Verknüpfungen in mehreren Durchläufen detailliert erarbeitet wurden, kann es möglich sein, dass relevante Suchbegriffe nicht einbezogen wurden, was die Sensitivität der Recherche beeinträchtigt. Ebenso zu nennen wären Verzerrungen durch Sprachen („language bias“) – Publikationen in anderen Sprachen als Englisch oder weiteren globalen Hauptsprachen werden zum Teil nicht abgebildet oder zumindest nicht mit Abstract erfasst – oder Verzerrungen durch ergebnisabhängige Publikation („publication bias“) – veröffentlicht werden bevorzugt Artikel, die positive oder „signifikante“ Ergebnisse einer neuen Intervention darstellen.
Literaturauswahl
Der erste Auswahlschritt, anhand der Titel und Abstracts, eröffnet naturgemäß die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Sensitivität, indem gegebenenfalls relevante Artikel nicht als solche identifiziert werden. Trotz des Einsatzes zweier Gutachter wären auch in der späteren Volltextauswahl Missklassifikationen möglich, welche zu einem ungerechtfertigten Ein- oder Ausschluss einzelner Studien geführt haben könnten. Hier stehen die Ersteller einer systematischen Übersicht vor einem klaren Dilemma: einerseits soll soviel wie möglich an relevanter Literatur aufgespürt werden, anderseits zeigt die Treffermenge (ca. 2.500 Artikel), dass mit den gegebenen Mitteln eine Auswertung anhand aller Volltexte logistisch nicht darstellbar gewesen wäre.
Literaturbewertung
Für die Qualitätsbewertung der eingeschlossenen Literatur entschied sich die Arbeitsgruppe für anerkannte Checklisten. Der Vorteil solch breiter anwendbarer Instrumente liegt in der einheitlichen Struktur. Der Nachteil ist möglicherweise die unzureichende Bewertung von einzelnen Studiencharakteristika, welche mit spezifischeren Instrumenten gegebenenfalls besser erfasst werden können.
Literaturauswertung
Der Wunsch nach Vereinheitlichung und griffiger Darstellung der prinzipiell verfügbaren Details führt zu einem potenziellen Verlust an Details. Dem steht jedoch der Mehrwert einer systematischen Übersicht gegenüber. Unabhängig von methodischen oder ergebnisbezogenen Details können so wesentliche Trends der Auswirkung einer Intervention gezeigt werden.
Schlussfolgerung
Der Einsatz von LAIV kann bei Kindern im Alter von zwei bis 17 Jahren zu einer Reduktion der Influenza-Erkrankungen bzw. der damit verbundenen Krankheitslast führen. Zusätzlich können Herdenschutzeffekte, insbesondere bei älteren Personengruppen, erwartet werden. Wie bei Impfungen allgemein ist die Erzielung hoher Durchimpfungsraten von wesentlicher Bedeutung, um dieses Ziel zu erreichen. Jedoch liegen noch keine Daten für den deutschen Versorgungskontext vor, so dass bei einem breiteren Einsatz von LAIV dessen langfristige direkte und indirekte Wirksamkeit sowie Sicherheit mit weiteren Evaluationsprogrammen begleitet und untersucht werden sollten.
Da kein allgemeinverbindliches Modell für den deutschen Versorgungskontext vorliegt, können Aussagen zur Kosteneffektivität bisher nur eingeschränkt getroffen werden. Auch unter diesem Aspekt besteht Bedarf an der Durchführung von gesundheitsökonomischen Studien zu den Auswirkungen der Influenzaschutzimpfung von Kindern in Deutschland. Solche Studien sollten auf einem dynamischen Transmissionsmodell basieren, um indirekte Schutzeffekte der Impfung berücksichtigen zu können.
Aus ethischer, sozialer und juristischer Perspektive erscheint eine weitere Auseinandersetzung mit der Impfmotivation der Eltern bzw. Sorgeberechtigten und mit möglichen Barrieren gegenüber einer umfassenden Impfbereitschaft, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Bevölkerung, erforderlich.
Der vorliegende HTA-Bericht bietet umfangreiche Grundlagen für weitere wissenschaftliche Ansätze bzw. anstehende gesundheitspolitische Entscheidungen.
Vor kurzem wurde LAIV auch als tetravalenter Impfstoff in Deutschland zugelassen. Er soll Schutz gegen beide der weltweit zirkulierenden Influenza-B-Linien (Yamagata und Victoria) gewährleisten und könnte daher (im Vergleich) zu Placebo eine bessere Wirksamkeit aufweisen. Efficacy- und/oder Effectiveness-Studien zur genaueren Bewertung dieses Impfstoffs wären wünschenswert.
Anmerkungen
Interessenkonflikte
Die Erstellung dieses HTA-Berichtes wurde finanziell unterstützt durch eine Forschungszuwendung der AstraZeneca GmbH, Tinsdaler Weg 183 in 22880 Wedel an die Herescon GmbH. Die Autoren hatten die volle inhaltliche und formale Kontrolle über die Erstellung des HTA-Berichtes.
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Anhänge
- Anhang 1:
- Suchbegriffe (hta000119-Anhang1.pdf, application/pdf, 69,8 kByte)
- Anhang 2:
- Ein- und Ausschlusskriterien (hta000119-Anhang2.pdf, application/pdf, 123,15 kByte)
- Anhang 3:
- Flussdiagramm der Literaturrecherche (hta000119-Anhang3.pdf, application/pdf, 70,20 kByte)
- Anhang 4:
- Eingeschlossene Studien in den Abschnitten (hta000119-Anhang4.pdf, application/pdf, 245,08 kByte)