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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Medizinische Omik

Editorial Medizinische Omik

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  • corresponding author Jens Allmer - Hochschule Ruhr West, Institut Mess- und Sensortechnik, Mülheim an der Ruhr, Deutschland
  • author Ralf Hofestädt - Universität Bielfeld, Technische Fakultät, Arbeitsgruppe Bioinformatik/Medizininformatik, Bielefeld, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2023;19:Doc07

doi: 10.3205/mibe000246, urn:nbn:de:0183-mibe0002469

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2023-19/mibe000246.shtml

Veröffentlicht: 4. Juli 2023

© 2023 Allmer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Editorial

Krankheiten sind vielgestaltig und ihre Ausprägungen können sehr individuell sein. Dies spiegelt sich im Trend zur Präzisionsmedizin wider. Für diese Individualisierung der Diagnose und Behandlung spielen molekulare Daten eine immer wichtigere Rolle. Zu diesen Daten zählen unter anderen genomische, transkriptomische und proteomische Daten. Die Messung und Auswertung dieser Daten werden in den entsprechenden Feldern wie Genomik, Transkriptomik und Proteomik behandelt. Die Verbindung zur Medizin wird durch das Feld medizinische Omik, welches auch die Datenintegration betrachtet, hergestellt.

In den letzten Jahren haben wir, im Rahmen verschiedener lokaler und internationaler Veranstaltungen und auch der Jahrestagungen der GMDS, Workshops zu diesem Thema angeboten. Die Arbeiten in diesem Sonderheft entspringen zweier Veranstaltungen, einmal der 1st International Applied Bioinformatics Conference und der 67. Jahrestagung der GMDS.

Es wurden nach einem Peer Review-Verfahren sechs Beiträge ausgewählt. Diese bilden das breite Spektrum der medizinischen Omik ab, welches sich natürlich nicht nur auf die Daten und deren Integration, sondern auch auf Kohärenz der Datenstruktur inklusive der Verbindung zu Patienten und Wissensdatenbanken erstreckt.

Beukers and Allmer [1] beschäftigen sich mit der Möglichkeit der automatisierten Analyse von transkriptomischen Daten. Solche Daten bilden die Basis für höherwertige Analysen in der medizinischen Omik und bilden den zellulären Ist-Zustand ab. Die Autoren vergleichen drei Workflow-Management-Systeme (Galaxy, KNIME und CLC) zur Erstellung und Ausführung von RNA-seq-Datenanalyse-Workflows. Sie finden heraus, dass jedes Werkzeug seine eigenen Stärken und Schwächen hat und dass die von jedem Werkzeug erstellten Workflows zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Autoren geben auch Empfehlungen darüber ab, welches Werkzeug verwendet werden sollte und teilen ihre Workflows, um die Entwicklung von Best Practices für die RNA-seq-Datenanalyse zu fördern.

Der nächste Schritt nach der Datenanalyse der Rohdaten ist die Integration mit zuvor akquiriertem Wissen. Ünlü Yazıcı und Kollegen [2] schreiben, dass einzelne Omik-Datensätze nicht ausreichen, um die molekularen Mechanismen von komplexen Krankheiten, die von mehreren Faktoren beeinflusst werden, vollständig zu verstehen. Sie nutzen maschinelles Lernen, um mehrere Omik-Daten zu integrieren. Dabei verwenden sie vorhandene Daten, um Modelle für Vorhersage und Klassifikation zu erstellen. Die Autoren gehen weiter auf die Bedeutung der Interpretation der biologischen Bedeutung von Modellausgaben im Zusammenhang mit entsprechenden biologischen Kenntnissen ein.

Ein ähnlicher Weg wird von Königs und Dietrich [3] vorgestellt. Hier werden jedoch andere Datentypen verwendet und die Vorhersage ist ein Pathway. Pathwayanreicherung wird verwendet, um Geneexpressiondaten zu analysieren und signifikante Pathways zu identifizieren, während die PharMe-BINet-Datenbank Korrekturmethoden verwendet, um falsch-positive Ergebnisse zu reduzieren. Eine Analyse wurde an Genexpressiondaten von T-Zell-Lymphomen durchgeführt.

Daten, die auf der molekularen Ebene gewonnen wurden, und Wissen, das integriert wurde, sollten im Krankenhaus Anwendung finden. Dafür schlägt Raupach [4] eine Integrationsmethode vor. Ein Softwaremodul integriert molekulare Daten in ein Krankenhausinformationssystem, um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie zu verbessern und führt pharmakogenetische Überprüfungen in einem vorhandenen Arzneimitteltherapie-Workflow durch. Die Ergebnisse zeigen die Wichtigkeit regelmäßiger, präemptiver Genotypisierung von Patienten und die Prävalenz von Genvarianten in der Bevölkerung.

Während es wichtig ist, neue Medikamente (auch für Präzisionsmedizin) zu erzeugen und zu testen, ist es genauso wichtig, zu erforschen, warum Studien fehlschlagen. Friedrichs [5] stellt eine webbasierte Plattform vor, die Gründe für das Scheitern von klinischen Studien kategorisieren soll. Stand 23. September 2022 enthält die Datenbank 14.232 fehlgeschlagene Studien, von denen 51,5% bereits kommentiert sind. Ziel ist es, die Daten zur Informationsgewinnung für die Entscheidungsfindung und die Wiederverwendung von Medikamenten zu nutzen.

Alle vorgestellten Arbeiten gehen Hand in Hand mit der Arbeit von Savoska und Kollegen [6], die verschiedene medizinische Daten personalisiert zusammenführt. Die Autoren schlagen ein cloudbasiertes Modell vor, um Gesundheits- und medizinische Daten aus verschiedenen Quellen, einschließlich elektronischer Gesundheitsakten und Messsensoren, in ein persönliches Gesundheitsdossier zu integrieren, um die individualisierte Prognose von Erkrankungen und die Behandlung von Patienten zu verbessern. Omik-Daten sollten auch in dieses Modell integriert werden, das die erforderlichen Datensicherheits- und Datenschutzstandards einhält.

Diese Beiträge zeigen das breite Spektrum des Bereichs medizinische Omik auf, können aber nicht die gesamte Bandbreite widerspiegeln. Weitere Felder wie Lehre, Anwendung und Qualitätssicherung wurden hier nicht betrachtet. Dies zeigt auf, wie wichtig es ist, das Feld medizinische Omik als Arbeitsgruppe in der GMDS zu etablieren. Wir wollen dieses Editorial noch zum Anlass nehmen, alle Interessierten aufzufordern, sich zu melden und mit uns dieses wichtige Vorhaben voranzubringen.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Beukers M, Allmer J. Challenges for the development of automated RNA-seq analyses pipelines. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19(1):Doc06. DOI: 10.3205/mibe000245 Externer Link
2.
Unlu Yazıcı M, Bakir-Gungor B, Yousef M. Integrative analyses in omics data: Machine learning perspective. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19(1):Doc05. DOI: 10.3205/mibe000244 Externer Link
3.
Königs C, Dietrich T. A web-based pathway enrichment analysis module for the PharMeBINet database. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19(1):Doc04. DOI: 10.3205/mibe000243 Externer Link
4.
Raupach L. Integration of biological molecular data into an existing drug therapy safety workflow used in hospital information systems. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19:Doc03. DOI: 10.3205/mibe000242 Externer Link
5.
Friedrichs M. A web-based annotation tool for clinical trial failure reasons. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19(1):Doc02. DOI: 10.3205/mibe000241 Externer Link
6.
Savoska S, Ristevski B, Blazheska-Tabakovska N, Jolevski I, Bocevska A, Trajkovik V. Integration of heterogeneous medical and biological data with electronic personal health records. 2023;19(1):Doc01. DOI: 10.3205/mibe000240 Externer Link