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SMITH Science Day 2022

23.11.2022, Aachen

Auswirkungen einer standardisierten und digitalen Dokumentation in der Augenheilkunde auf die Patientenversorgung und den Behandlungserfolg bei Uveitis

Meeting Abstract

  • Maximilian W. M. Wintergerst - Universitätsklinikum Leipzig, Augenklinik; Medical Data Science, Universität Leipzig; Universitätsklinikum Bonn, Augenklinik
  • Karolin Hofmann - Universitätsklinikum Leipzig, Augenklinik
  • Ulrike Klotz - Medical Data Science, Universität Leipzig
  • Claudia Jochmann - Universitätsklinikum Leipzig, Augenklinik
  • Robert P. Finger - Universitätsklinikum Bonn, Augenklinik
  • Focke Ziemssen - Universitätsklinikum Leipzig, Augenklinik
  • Franziska G. Rauscher - Medical Data Science, Universität Leipzig; Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig
  • Toralf Kirsten - Universitätsklinikum Bonn, Augenklinik; Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig

SMITH Science Day 2022. Aachen, 23.-23.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV8

doi: 10.3205/22smith07, urn:nbn:de:0183-22smith078

Published: January 31, 2023

© 2023 Wintergerst et al.
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Text

Einleitung und wissenschaftlicher Hintergrund: Uveitis ist eine seltene intraokulare Inflammation und die Ursache für 5–10% der Seheinschränkungen weltweit [1]. Die Erkrankung wird in Abhängigkeit des am stärksten betroffenen Segments des Auges in anteriore, intermediäre oder posteriore Uveitis unterteilt. Es kann zu einer Sehbeeinträchtigung kommen, die für bis zu jedem dritten Uveitis-Patienten mit einem schweren Sehverlust bis hin zur Erblindung einhergehen kann [1], [2], [3], [4], [5]. Auf Grund einer Vielzahl unterschiedlicher Ursachen einerseits und ungenügender Anwendung der Nomenklatur-Standards andererseits existiert bezüglich der Beurteilung der intraokularen Entzündung und des therapeutischen Managements nur wenig Evidenz, insbesondere was die intermediäre, posteriore und Panuveitis betrifft [4], [6], [7], [8]. Angesichts begrenzter objektiver Befunde und einer heterogenen Qualität der Dokumentation in der klinischen Praxis ist die Beurteilung erschwert und dürfte von Klinik zu Klinik noch großen subjektiven Einflüssen und Schwankungen unterworfen sein. Um die Qualität der Befundung und Diagnostik zu verbessern, wurden eine standardisierte Prozessanleitung, interaktive Trainingsprogramme und eine strukturierte Dokumentation für klinische Befunde und Bildgebung erstellt. Die Hypothese des Projektes ist, dass dies die Reliabilität der Befundung und Sicherheit bei der Beurteilung verbessern wird.

Zielstellung des Projekts: Die Zielstellung des Projektes ist (1) die Einführung einer standardisierten, digitalen Dokumentation an den Universitätskliniken Leipzig und Bonn, (2) Erfassung des Dokumentationsumfanges aus der bisherigen Routineversorgung und (3) Analyse einer möglichen Verbesserung der Reliabilität und Sicherheit bei der Beurteilung durch die standardisierte, digitale Dokumentation.

Methoden: Für das Projekt werden Daten von 400 Patienten jeden Alters am Universitätsklinikum Leipzig und dem Universitätsklinikum Bonn mit infektiöser und nicht-infektiöser Uveitis anterior, intermedia und posterior, und Panuveitis verwendet. Je 200 Patienten stammen aus dem Zeitraum vor und nach der Einführung der standardisierten digitalen Dokumentation. Es wurden je Patient zwei Visiten eingeschlossen.

Zwischenergebnisse: Im Rahmen unseres Projektes wurde eine detaillierte standardisierte Dokumentationsanleitung basierend auf einer Literatur-Recherche, Leitlinien und Experten-Konsensus erarbeitet. Um den Dokumentationsumfang für die Routineversorgung möglichst darstellbar zu ermöglichen, teilt die SOP in obligat und fakultativ zu erfassende Befunde ein (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die obligaten Befunde umfassen die elementarsten und allgemein relevantesten Parameter des aktuellen Entzündungszustandes und sollen zukünftig bei jeder Visite erfasst werden. Hierdurch wird die Qualität der Dokumentation entscheidend erhöht, da durch die eingeführte Standardisierung insgesamt 27 klinische Parameter bei jeder Visite erfasst werden. Basierend hierauf wurde die digitale Infrastruktur für die standardisierte digitale Befunddokumentation in der klinischen Routineversorgung geschaffen. Anschließend wurden erfolgreich Schulungen für die in den Uveitis-Sprechstunden beteiligten Mitarbeiter in den Universitätskliniken Leipzig und Bonn durchgeführt und der Datentransfer aus der klinischen Routineversorgung in Leipzig in das Datenintegrationszentrum (DIZ) etabliert. Der bisherige Dokumentationsumfang in der Routineversorgung vor Einführung der standardisierten und digitalen Dokumentation wurde anhand von aktuell 281 retrospektiv aus der Routineversorgung stammenden Patienten erfasst und ausgewertet (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Diskussion: Die Analysen zeigen einen uneinheitlichen und größtenteils unvollständigen Umfang an Dokumentation im klinischen Alltag und bestätigen hierdurch den Bedarf der Standardisierung. In der Umsetzung stieß das Projekt auf formelle Hürden und eine hiermit einhergehende Formularflut (viele Informationen mussten mehrfach eingetragen werden) und Verzögerungen bei Prüfung der Unterlagen, wodurch der initial geplante Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. Darüber hinaus gestaltete sich die Etablierung der SOP in der Routineversorgung auf Grund von hohem Patientenaufkommen in Kombination mit bereits ausgelasteter Infrastruktur als erschwert. Die Projektziele (1) und (2) wurden erreicht und aktuell erfolgt die Daten-Akquise für die Auswertungen zu Projektziel (3). Die Zwischenergebnisse zeigen die Notwendigkeit einer Verbesserung der Dokumentation in der Routineversorgung auf. Wir gehen davon aus, dass sich hierdurch die Reliabilität und Sicherheit der Befundung verbessern lässt (vor allem bei der Untersuchung durch unterschiedliche Ärzte relevant, die den jeweiligen Vorbefund nur aus der Akte ableiten können).


Literatur

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Tsirouki T, Dastiridou A, Symeonidis C, Tounakaki O, Brazitikou I, Kalogeropoulos C, Androudi S. A focus on the epidemiology of uveitis. Ocul Immunol Inflamm. 2018;26(1):2-16. DOI: 10.1080/09273948.2016.1196713 External link
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de Smet MD, Taylor SR, Bodaghi B, Miserocchi E, Murray PI, Pleyer U, Zierhut M, Barisani-Asenbauer T, LeHoang P, Lightman S. Understanding uveitis: The impact of research on visual outcomes. Prog Retin Eye Res. 2011 Nov;30(6):452-70. DOI: 10.1016/j.preteyeres.2011.06.005 External link
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