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Anforderungen an Electronic Data Capture für die interoperable Erfassung zusätzlicher Behandlungsdaten zur Sekundärnutzung
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Published: | September 15, 2023 |
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Einleitung: Zur Sekundärnutzung von Daten der Krankenversorgung wurden an Deutschlands Universitätskliniken Datenintegrationszentren (DIZ) etabliert [1]. Für Forschungsprojekte sind diese Daten jedoch meist nicht ausreichend. Oft fehlen Daten, die zur Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind, ihre Dokumentationsqualität ist nicht ausreichend oder sie liegen in Formaten vor, die eine strukturierte Datenverarbeitung nur mit viel Aufwand ermöglichen. Beispiele hierfür sind Daten, die nur in Papierformat oder als unstrukturierte Freitexte vorliegen. Daher können heute für ein Projekt Kombinationen von strukturierten Versorgungsdaten und Verfahren zur zusätzlichen manuellen Erfassung notwendig sein, um alle hierfür relevanten Informationen einheitlich und möglichst fehlerfrei vorliegen zu haben. Dabei ermöglicht u.a. ein gemeinsamer, interoperabler Einsatz von Versorgungsdaten-Repositories und Electronic-Data-Capture-Verfahren (EDC) eine solche verbesserte Form von Sekundärdatennutzung.
Methodik: Im Kontext verschiedener Projekte wurde am DIZ des Universitätsklinikums Jena eine Nutzung von Daten aus klinischen Primärsystemen und EDC-Systemen in Kombination etabliert. Hierfür war eine syntaktische und semantische Harmonisierung der verschiedenen Datenarten erforderlich. Es wurde der technische Standard HL7 FHIR genutzt. Dafür müssen z.B. Zielsyntax und semantische Annotationen bereits während des Designs des Fragebogens im EDC-System hinterlegt werden. Am Standort wurde dafür REDCap als EDC-System eingeführt [2] und es wurden in zwei Projekten unterschiedliche Möglichkeiten erprobt, um zusätzliche Daten zu erfassen:
- 1.
- Im Rahmen der HELP-Studie [3] wurde ein bereits vorhandener Fragebogen in REDCap überführt und um Annotationen erweitert, um eine spätere Auswertung der Studiendaten zu ermöglichen.
- 2.
- Der Bundeseinheitliche Medikationsplan wurde in einem REDCap-Fragebogen mit Annotationen für einen strukturierten Medikationsdatensatz abgebildet.
Beide Projekte dienten dazu, die Dateneingabe von Studienassistent:innen oder Behandlungspersonal in ein gemeinsames FHIR-Repository zu integrieren.
Ergebnisse: Es ist notwendig, syntaktische und semantische Annotation als Teil des Fragebogendesigns zu verstehen. Diese neue Anforderung bedeutet, zu erfassende Inhalte müssen vor dem Einsatz des Fragebogens so beschrieben werden, dass sie in einem interoperablen Format durch den Rechner verarbeitbar sind. Im Zuge dessen sind eigene oder verbesserte EDC-Tools erforderlich, die auch eine inhaltliche Unterstützung gewährleisten und über das reine Formulardesign hinausgehen. In den beschriebenen Projekten konnte z.B. jeweils die REDCap-Funktionalität von verborgenen „action tags“ genutzt werden. Innerhalb dieser wurden feldspezifische Annotationsangaben für den Datenexport hinterlegt, für die eine eigene Strukturierung entworfen wurde. In Kombination mit einem am Standort entwickelten Export-Skript war in beiden Projekten die Erzeugung des gewünschten interoperablen Zielformats HL7 FHIR möglich.
Diskussion: Bei der Ergänzung von in der klinischen Behandlung erfassten Daten mittels zusätzlicher Fragebögen, aber künftig auch für die Formularnutzung in Primärdokumentationssystemen selbst wird insbesondere die standortübergreifende Harmonisierung der Nutzdaten zu beachten sein. Hierzu gehört auch Wieder- und Weiterverwendung bereits abgebildeter Items inklusive deren Annotation. Einen Ansatz hierfür kann die Plattform „Medical Data Models“ bieten [4].
Schlussfolgerung: Die Konzeption manueller Datenerfassung im klinischen Kontext wird zukünftig Annotationsaufgaben beinhalten, die mehr mit Kollaborationswerkzeugen zur Datenstrukturierung wie ART-DECOR [5] vergleichbar sind als mit reinen EDC-Werkzeugen. Für eine sinnvolle Kombination von Sekundärdatennutzung und EDC müssen sich EDC-Systeme in diese Richtung weiterentwickeln und dürfen keine reinen Formulardesigner bleiben. Diese Forderung gilt allerdings auch im Rahmen der Gestaltung der klinischen Dokumentation insgesamt; insofern hat der vorliegend aufgezeigte Bedarf Potenzial, einen wichtigen Baustein für die Digitalisierung klinischer Informationen insgesamt zu liefern.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Gehring S, Eulenfeld R. German Medical Informatics Initiative: Unlocking Data for Research and Health Care. Methods Inf Med. 2018 Jul;57(S 01):e46-e49. DOI: 10.3414/ME18-13-0001
- 2.
- Vanderbilt University, editor. REDCap. [cited 2023 Apr 28]. Available from: https://projectredcap.org
- 3.
- Hagel S, Gantner J, Spreckelsen C, et al. Hospital-wide ELectronic medical record evaluated computerised decision support system to improve outcomes of Patients with staphylococcal bloodstream infection (HELP): study protocol for a multicentre stepped-wedge cluster randomised trial. BMJ Open. 2020 Feb 10;10(2):e033391. DOI: 10.1136/bmjopen-2019-033391
- 4.
- Universitätsklinikum Heidelberg, editor. Medical Data Models. [cited 2023 Apr 28]. Available from: https://www.medical-data-models.org
- 5.
- ART-DECOR Open Tools GmbH, editor. ART-DECOR®. [cited 2023 Apr 28]. Available from: https://art-decor.org