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68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

17.09. - 21.09.23, Heilbronn

Die digitale Rettungskette

Meeting Abstract

  • Jonas Bienzeisler - Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Soenke Bax - Paracelsus Kliniken, Norderstedt, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Dominik Brammen - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Susanne Drynda - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany
  • Bernadett Erdmann - Klinikum Wolfsburg, Wolfsburg, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Rainer Röhrig - Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Domagoj Schunk - Uniklinikum Schleswig Holstein, Kiel, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Christian Wrede - Helios Klinikum Berlin-Buch, Berlin, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany
  • Felix Walcher - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany; AKTIN e.V., Aachen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 68. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS). Heilbronn, 17.-21.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAbstr. 210

doi: 10.3205/23gmds062, urn:nbn:de:0183-23gmds0625

Published: September 15, 2023

© 2023 Bienzeisler et al.
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Text

Einleitung: In Notfallsituationen ist schnelle und zuverlässige Hilfe von großer Bedeutung. Eine gut funktionierende und qualitativ hochwertige Notfallversorgung ist daher ein elementarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Die koordinierte Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Rettungswesen, von der Leitstelle über die Rettungsdienste bis hin zur Behandlung im Krankenhaus, wird als Rettungskette bezeichnet [1]. Trotz gut etablierter organisatorischer Abläufe kommt es immer wieder zu Informationsabbrüchen entlang der Rettungskette; fehlende oder falsche Informationen gefährden die Patientensicherheit [2], [3].

Die Akteure der Rettungskette kommunizieren im Einsatz über Funk-, Telekommunikation oder IT-basierte Patientenanmeldeverfahren [1], [4]. Leitstellen alarmieren den Rettungsdienst, dieser kündigt Patientinnen und Patienten an und informiert die aufnehmende Notaufnahme über den Zustand des Patienten. Die Notaufnahmen können dann auf Basis dieser Informationen die Ressourcen vorbereiten. Oftmals unterscheiden sich die Kommunikationssysteme in verschiedenen Regionen stark [2], [4]. Obwohl Informationen zwischen den Akteuren der Rettungskette in einzelnen Regionen strukturiert übertragen werden können, muss bei einem Transport in den Nachbarkreis oftmals das Protokoll im Rettungswagen gedruckt werden. Es gibt keine flächendeckende Lösung für die freie und strukturierte Kommunikation von Behandlungsdaten im Rettungswesen [2] – ein Lösungsansatz ist die hier vorgestellte digitale Rettungskette.

Methode Für die Konzeption der digitalen Rettungskette wurde ein Expertengremium von der Sektion Notfalldokumentation der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin initiiert und mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt. Diese Fokusgruppe setzte sich aus Medizininformatikern, Notärzten, Ärztliche Leiter Rettungsdienst sowie Vertretern der beteiligten Fachgesellschaften DIVI und DGINA zusammen. Ziel des Gremiums war es, ein Konzept für die Kommunikation von medizinischen Daten entlang der Rettungskette zu erarbeiten. Das Gremium kam über einen Zeitraum von 10 Wochen wöchentlich zusammen, um ein Konzept zu erarbeiten.

Ergebnisse: Die Hauptfunktion der digitalen Rettungskette besteht in der Gewährleistung einer effizienten und effektiven Kommunikation von Patientendaten entlang der Rettungskette. Sie fungiert somit als Interoperabilitätslösung im Rettungsdienst. Die digitale Rettungskette soll eine effiziente Kommunikation und Koordination der beteiligten Akteure wie Rettungsdienste, Notaufnahmen und nachbehandelnde Ärzt*innen ermöglichen, um die Patientenversorgung zu optimieren. Den verschiedenen involvierten medizinischen Fachkräften wird so die zuvor erfolgte Behandlung digital verfügbar gemacht, um eine konsistente medizinische Notfallbehandlung zu ermöglichen. Sekundäres Ziel ist es, diese Daten für Qualitätsmanagement, Public Health und Versorgungsforschung verfügbar zu machen.

Die digitale Rettungskette reicht von der integrierten Rettungsleitstelle über das Krankenhaus bis zu den poststationären, nachbehandelnden niedergelassenen Ärzt*innen. Prämisse der digitalen Rettungskette ist die digitale Übermittlung der Dokumentation der vorbehandelnden an die nachbehandelnden Ärzte als Teil der Anamnese. Die digitale Rettungskette basiert auf einem einheitlichen Datenstandard. Für jeden einzelnen Schritt der digitalen Rettungskette muss ein Anwendungsszenario modelliert werden. Von der Sektion Notfalldokumentation der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin werden dafür gerade die entsprechenden Szenarien modelliert. Wenngleich die exakten technischen Anforderungen ausführlich erarbeitet werden müssen, sollte der FHIR-Standard nach dem Stand der Technik die technische Grundlage für den Austausch von Gesundheitsdaten in der digitalen Rettungskette bilden.

Diskussion: Die digitale Rettungskette ist eine Lösungsarchitektur und somit eine Handlungsempfehlung – die Ausarbeitung eines konkreten technischen Entwurfs steht noch aus. Dabei muss die Lösungsarchitektur auf die Anforderungen der Akteure im Rettungswesen angepasst werden und diese technisch umgesetzt werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Fischer M, Kehrberger E, Marung H,  Moecke H, Prückner S, Trentzsch H, et al. Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik. Notfall Rettungsmed. 2016;19(5):387–95.
2.
Lucas B, Brammen D, Schirrmeister W, Aleyt J, Kulla M, Röhrig R, et al. Anforderungen an eine nachhaltige Standardisierung und Digitalisierung in der klinischen Notfall- und Akutmedizin. Unfallchirurg. 2019;122(3):243–6.
3.
Neumayr A, Schinnerl A, Baubin M. Qualitätsmanagement im prähospitalen Notfallwesen. Vienna: Springer Vienna; 2013.
4.
Lohs T, Wnent J, Jakisch B. Dokumentation und Qualitätsmanagement im Rettungsdienst. Notfallmed up2date. 2018;13(04):391–406.