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Entscheidungsanalyse zur Einführung eines klinischen Entscheidungsunterstützungssystems im Rahmen des KHZG (Fördertatbestand 4)
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Published: | September 15, 2023 |
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Hintergrund: Die Entwicklungen im Gesundheitssystem, der klinische Alltag und der Fachkräftemangel stellen Ärzt:innen vor immer größere Herausforderungen. Eine Vielzahl neuartiger Softwaresysteme verspricht den Ärzt:innen, in ihrem Entscheidungsprozess zu unterstützen, um den klinischen Alltag zu erleichtern und Patientenversorgung zu verbessern. Unser Untersuchungsziel hier ist den Gesamtprozess von Entscheidung, über Einführung, bis hin zur Nutzung eines computergestützten klinischen Entscheidungsunterstützungssystems (CDS) am Universitätsklinikum Augsburg (UKA) zu begleiten und zu evaluieren.
Methodik: Ein am Institut für Digitale Medizin (IDM) konzipierter und mittels REDCap® erstellter Fragebogen wurde nach positivem Ethikvotum allen Ärz:innen des UKA für zwei Wochen zur Verfügung gestellt. Fünfzehn Fragestellungen gliederten sich inhaltlich in vier Themenbereiche:
- 1.
- Eigene Rolle im Krankenhaus,
- 2.
- Einschätzung eigener IT-Kompetenz,
- 3.
- Benennung von Erfahrungswerten und Arbeitsprozessen mit potenziellem CDS-Einsatz und
- 4.
- Relevanz konkreter CDS-Einführung.
Hierbei sollte der Bedarf an CDS-Systemen in unterschiedlichen UKA-Fachdisziplinen analysiert werden. Basierend auf Literaturrecherche und Marktanalyse der aktuell auf dem Markt verfügbaren CDS-Applikationen, die FTB4-Musskriterien entsprechen, über entscheidungsunterstützende Funktionalitäten im klinischen Alltag sowie über im FTB4 bereitgestellten Kosten, angesetzten Inbetriebnahme-Zeitraum verfügen und mit bereits existierender IT-Systemlandschaft kompatibel seien, wurden im Fragebogen folgende CDS-Kategorien definiert:
a) Aufbau und Nutzung von klinikindividuellen, digitalen Behandlungspfaden,
b) Unterstützung bei der Diagnostik sowie beim Patientenmonitoring,
c) Hinweissystemfunktionen,
d) Optimierung von Patientendokumentation,
e) Nutzung der Wissensdatenbanken am Patientenbett und
f) weitere spezielle Lösungsbereiche.
Ergebnisse:
Umfrage: Bei 115 vollständig beantworteten Fragebögen ergeben sich die Verteilung der Teilnehmer nach UKA-Position (Abbildung 1 [Abb. 1]) und Häufigkeiten der am relevantesten erachteten CDS-Anwendungskategorien (Abbildung 2 [Abb. 2]):
- Alert/Hinweis (25%),
- Handlungsempfehlung/Leitfaden (20%)
- Optimierung der Dokumentation (19%).
Um einen Eindruck zu erhalten, wie groß der Zuspruch bei CDS-Systemen sei, wurde des Weiteren untersucht, inwieweit CDS überhaupt unter Klinikern seine Relevanz einräumte. Hierbei konnte festgestellt werden, dass
- 38% der Ärzt:innen dies als sehr wichtig finden,
- 57% der Sache neutral gegenüberstehen und
- 4% CDS keine Priorität setzten.
Zudem zeigte sich wie erwartet die Korrelation, dass Ärzt:innen, die Ihre IT-Affinität als fortgeschritten einschätzen und die Einführung von CDS-Systemen als wichtigen Schritt ansehen, entsprechend gut über derartige Technologien informiert sind bzw. diese bereits benutzt haben.
Entscheidungsmatrix: Die anschließende Marktrecherche geeigneter Softwareherstellern und deren Produkten wurde in eine Entscheidungsmatrix (Abbildung 3 [Abb. 3]) überführt, um Anforderungswünsche und am Markt verfügbare Softwaresysteme miteinander in Relation zu setzen. Entsprechend kristallisierten sich am Ende vier Favoriten heraus.
Ausblick: Um ein CDS in ein bestehendes IT-Ökosystem erfolgreich einzufügen, sind weitere detaillierte Bedarfsanalyse, Durchführung von Produktdemos, Klärung zu Systemkompatibilität und Integrationsvoraussetzungen, Kostenanalyse, Zeitmanagement uvm nötig. Abschließend nach der Einführung des klinischen Unterstützungssystems und während dessen aktiven Nutzung durch UKA Ärzt:innen bei ihrer klinischen Routine ist es geplant, weitere Evaluation durchzuführen, um den Erfolgsgrad des CDS-Einsatzes zu bewerten.
Fazit: In dieser Entscheidungsanalyse wurden neben konkretem Bedarf hinsichtlich der Einführung klinischer Entscheidungsunterstützung am UKA weiterhin nach der Meinung zu Relevanz und Wichtigkeit gegenüber CDS-Integration evaluiert. Insbesondere zeichnete sich der Wunsch nach der Unterstützung in Themen wie Alert-Funktionalität, Handlungsempfehlung bei Diagnostik und Therapie sowie Dokumentationsoptimierung deutlich aus. Die ersten Marktuntersuchungsergebnisse ergaben eine Lösungspalette von Systemen, die solche Charakteristika beinhalten würden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- Karajizadeh M, Zand F, Vazin A, Nasiri M, Sharifian R. Identification and Prioritization of Clinical Decision Support Functionalities Built Within A Computerized Provider Order Entry System. Health Scope. 2021;10(1):e104607. DOI: 10.5812/jhealthscope.104607
- 2.
- Wright A, Sittig DF, Ash JS, Feblowitz J, Meltzer S, McMullen C, Guappone K, Carpenter J, Richardson J, Simonaitis L, Evans RS, Nichol WP, Middleton B. Development and evaluation of a comprehensive clinical decision support taxonomy: comparison of front-end tools in commercial and internally developed electronic health record systems. J Am Med Inform Assoc. 2011 May 1;18(3):232-42. DOI: 10.1136/amiajnl-2011-000113
- 3.
- Sutton RT, Pincock D, Baumgart DC, Sadowski DC, Fedorak RN, Kroeker KI. An overview of clinical decision support systems: benefits, risks, and strategies for success. NPJ Digit Med. 2020 Feb 6;3:17. DOI: 10.1038/s41746-020-0221-y
- 4.
- Bundesamt für Soziale Sicherung. Der Krankenhauszukunftsfonds. 3. Kapitel: Förderungsfähige Projekte. Fördertatbestand 4: Einrichtung von teil- oder vollautomatisierten klinischen Entscheidungsunterstützungssystemen. Verfügbar unter: https://www.krankenhauszukunftsfonds.de/Redaktion/Schulung/Dossiers/schulung-kapitel-3.html?cms_pos=4