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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

21.08. - 25.08.2022, online

Prototyping von Beatmungsgeräte-Interfaces – Herausforderungen bei der Anzeige dynamischer Daten

Meeting Abstract

  • Beatrice Coldewey - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Christof Göbel - Löwenstein Medical Technology GmbH + Co. KG, Hamburg, Germany
  • Rainer Röhrig - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Myriam Lipprandt - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 21.-25.08.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAbstr. 137

doi: 10.3205/22gmds053, urn:nbn:de:0183-22gmds0536

Published: August 19, 2022

© 2022 Coldewey et al.
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Text

Einleitung: Die Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten ist ein sicherheitskritischer Aspekt. Usability-Evaluationen ermöglichen das Erkennen von Gebrauchstauglichkeitsproblemen und Fehlentwicklungen [1], [2], [3]. Vor der Umsetzung finaler Produkte können einfache Konzept-Skizzen bis hin zu ausgereiften Prototypen zum Einsatz kommen [4]. Bei der Entwicklung eines Prototyps für Beatmungsgeräte-Interfaces ist die Anzeige kontinuierlicher Daten eine Herausforderung. Bestehende Prototyping-Werkzeuge wie z. B. Adobe XD oder PowerPoint sind dafür nicht ausreichend. Für die Evaluation von Beatmungsinterfaces ist es relevant, die gesamte Nutzungsinteraktion in einem realistischen Szenario zu testen. Dafür müssen Bedienelemente und reale Beatmungsdaten in dem Prototyp umgesetzt sein, damit in simulierten Versorgungssituationen die Mensch-Maschine Interaktion nachempfunden werden kann. Ziel dieser Arbeit ist die Erprobung einer Entwicklungsmethode für Prototypen mit kontinuierlichen Daten am Beispiel eines Beatmungsgeräts inklusive einer Simulationsumgebung für intensiv- und notfallmedizinische Anwendungsfälle.

Stand der Technik: Die Entwicklung von Prototypen mit kontinuierlichen Daten ist in der Medizintechnik herstellerspezifisch gelöst. Werkzeuge im Bereich des GUI-Prototypings und der Simulation realistischer Beatmungsdaten sind nicht am Markt verfügbar.

Für die Anzeige realistischer Beatmungsdaten müssen die Atemmechanik eines Patienten und unterschiedliche Beatmungsprobleme durch Parametrisierung von z. B. Compliance und Resistance der Lunge simuliert werden. Während Lungenmodelle eine softwareseitige Nachbildung bieten [5] und bestimmte Problemfälle, z. B. die Diskonnektion des Beatmungsschlauchs nicht simulieren können, erfolgt die Simulation eines Patienten bei einem Lungensimulator mechanisch und ermöglicht so das Testen von Beatmungsgeräten [3].

Konzept: Für die Evaluation neuer Interfacekonzepte innerhalb realitätsnaher Simulationsszenarien wird ein GUI-Prototyp benötigt, der eine schnelle Anpassung der GUI und gleichzeitig die Darstellung realistischer Beatmungsdaten zur Simulation verschiedenster Beatmungssituationen ermöglicht. Die grafischen Benutzeroberflächen marktüblicher Beatmungsgeräte stehen nicht quelloffen zur Verfügung, sodass ein GUI-Prototyp nachimplementiert werden muss. Die Atemmechanik des Patienten und die Beatmungsgerätemechanik, inkl. Beatmungsschlauch, wird durch eine bidirektionale Schnittstelle zu einem echten Beatmungsgerät substituiert, welches an einen Lungensimulator angeschlossen ist (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Über die Schnittstelle erfolgt die Übermittlung von Parametereinstellung am Prototyp an das Beatmungsgerät und die kontinuierliche Übertragung von Messwerten und Alarmmeldungen vom Beatmungsgerät als Datenlieferant zum Prototyp für die Anzeige in der GUI.

Implementierung: Es wurde ein GUI-Prototyp in Zusammenarbeit mit dem Beatmungsgerätehersteller Löwenstein Medical Technology entwickelt. Die Umsetzung erfolgte mit QT als Grafikframework sowie Python 3 für die dahinterliegende Logik. Der bidirektionale Datenaustausch mit dem Beatmungsgerät erfolgt über UDP/TCP über eine Ethernet-Schnittstelle. Als Lungensimulator wird das RespiSim® System der Firma IngMar Medical bestehend aus einer Simulationspuppe und dem Lungensimulator ASL 5000™ verwendet. Die Simulationspuppe wurde an das Beatmungsgerät prismaVENT50-C angeschlossen.

Gewonnene Erkenntnisse: Der entwickelte GUI-Prototyp ermöglicht unter Anwendung eines Beatmungsgeräts und eines Lungensimulators die Evaluation verschiedener Interfaceaspekte in realistischen Simulationsszenarien. Der Ansatz war jedoch weder kostengünstig noch schnell umzusetzen. Fehlende quelloffene Benutzeroberflächen von Beatmungsgeräten erforderten die Implementierung eines Interface-Klons des zu evaluierenden Bereichs. Eine Schnittstelle zu einem bestehenden Beatmungsgerät zur Generierung von realistischen Beatmungsdaten kann verwendet werden, sofern dieses eine bidirektionale Schnittstelle zur Verfügung stellt. Die Umsetzung des High-Fidelity Prototypen ging daher mit der Notwendigkeit von Programmierkenntnissen einher. Zur Förderung der Evaluation neuer Konzepte innerhalb realitätsnaher Szenarien ist die Weiterentwicklung einfacher Tools und quelloffener Schnittstellen erforderlich.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Wichrowski M. Usability Engineering in the Prototyping Process of Software User Interfaces for Mobile Medical Ultrasound Devices. Computer Science. 2015;16:219. DOI: 10.7494/csci.2015.16.3.219 External link
2.
DIN EN 62366-1 (VDE 0750-241-1):2021-08. Medizinprodukte Teil 1: Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte (IEC 62366-1:2015 + COR1:2016 + A1:2020). Deutsche Fassung EN 62366-1:2015 + AC:2015 + A1:2020.
3.
Uzawa Y, Yamada Y, Suzukawa M. Evaluation of the User Interface Simplicity in the Modern Generation of Mechanical Ventilators. Respiratory Care. 2008;53:329–37.
4.
Camburn B, Viswanathan V, Linsey J, Anderson D, Jensen D, Crawford R, et al. Design prototyping methods: state of the art in strategies, techniques, and guidelines. Design Science. 2017;3:E13. DOI: 10.1017/dsj.2017.10 External link
5.
Chase JG, Preiser J-C, Dickson JL, Pironet A, Chiew YS, Pretty CG, et al. Next-generation, personalised, model-based critical care medicine: a state-of-the art review of in silico virtual patient models, methods, and cohorts, and how to validation them. BioMedical Engineering OnLine. 2018;17:24. DOI: 10.1186/s12938-018-0455-y External link