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Einsatzschwerpunkte des Rettungsdienstes während der COVID-19-Phasen – eine retrospektive Datenanalyse
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Published: | September 24, 2021 |
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Einleitung: Seit einigen Jahren steigen die Inanspruchnahmen der prä- und innerklinischen Notfallstrukturen [1], [2], [3] doch während der ersten COVID-19-Welle wurden aus deutschen Notaufnahmen rückläufige Patientenzahlen berichtet [4]. Mögliche Gründe dafür könnten die Kontaktreduzierung und eine Skepsis der Bevölkerung sein, bei gesundheitlichen Beschwerden Notaufnahmen oder Rettungsdienst in Anspruch zu nehmen [5]. Ziel dieser Arbeit ist, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Rettungsdienst, insbesondere auf die Veränderung der Anzahl und des Anteils von
- 1.
- eingesetzten Einsatzmitteln,
- 2.
- Einsätzen mit und ohne Sonderrechte,
- 3.
- Einsätzen des Gemeindenotfallsanitäters (GNFS),
- 4.
- Transporten vs. ambulanter Versorgung
zu untersuchen.
Methodik: Es wurde eine Prävalenzstudie mit retrospektiver Datenerfassung mit Daten des Einsatzleitsystems der Großleitstelle Oldenburger Land für die Einsätze im Stadtgebiet der Stadt Oldenburg (Oldenburg) durchgeführt. Zeitraum 01.01.2018 bis 15.03.2021. Es wurden das Einsatzdatum (zur Anonymisierung aggregiert auf Kalenderwochen) und -uhrzeit, Typ des Einsatzmittels, Einsatzstichwort, Sondersignal (ja/nein), Name des Zielorts und Einsatzdauer extrahiert. Einschlusskriterium waren alle Einsätze mit dem Funkstatus „3-Einsatz übernommen“. Zielorte und Einsatzstichwörter wurden kategorisiert. Aus den Vergleichszeiträumen 2018 und 2019 wurde ein Mittelwert gebildet. Die COVID-19-Phasen sind in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt. Die Auswertung erfolgte mit SPSS (IBM, Version 27.0).
Ergebnis: Es wurden 69.233 Einsätze in die Auswertung eingeschlossen. In P1 sanken die Gesamteinsätze von 3.867 (2018/2019) auf 3.504 (2020) (-9,4%), vor allem bei Einsätzen mit Transport 3.252/2.639 (-18,8%). Die ambulanten Behandlungen blieben konstant. Während in P1-P3 2019 (GNFS seit 2.1.2019 verfügbar) 1.546 mal das Einsatzstichwort GNFS disponiert wurde, zeigte sich in P1-P3 2020 eine Steigerung auf 2.062 Fälle (33,4%). Einsätze mit dem Einsatzstichwort „Suizid“ stiegen in P3 von 26 (2018) bzw. 23 (2019) auf 56 (2020). In den Zeiträumen P1 und P2a/b waren die Zahlen annähernd konstant (Tabelle 2 [Tab. 2]). Die Gesamteinsatzdauer war in allen Pandemiephasen länger als in den Vergleichszeiträumen (Tabelle 3 [Tab. 3]).
Diskussion: Die Ergebnisse lassen ebenso wie bei Naujoks et al. [6] nicht auf eine systemische Überlastung des Rettungsdienstes durch die COVID-19-Pandemie schließen. In Aachen gab es trotz Hotspot Heinsberg im März 2020 sogar einen Rückgang der Einsatzzahlen um 7,3% [7], Mögliche Gründe könnten Einflüsse des Lockdowns [8] oder die Bevölkerungsstruktur [9] sein.
Das Rettungsmittel Gemeindenotfallsanitäter hat sich in der Pandemie als multifunktionaler Lotse bewährt und einen Beitrag zur Entlastung der stationären Versorgungstruktur geleistet [10], [11].
Mit Einführung aufwendigerer Schutz- und Hygienemaßnahmen ist eine Verlängerung der Einsatzzeiten ist eingetreten.
Analog der von Pirkis et. al. [12] erhobenen Daten aus dem Frühjahr 2020 konnten auch wir keine Zunahme von Suizidalarmierungen in der ersten Welle (P1) feststellen. Die erhöhte Anzahl von Alarmierungen zu Suizideinsätzen in der zweiten Welle wurde bisher für Deutschland nicht beschrieben, deckt sich aber mit den Beobachtungen in Japan [13]. Als Ursache ist die andauernde psychische Belastung und damit verbunden eine Abnahme der Resilienz der Bevölkerung zu diskutieren [14].
Schussfolgerung: Unsere Studie zeigt, dass die Pandemie das Einsatzgeschehen im Rettungsdienst beeinflusst hat. Die Einsatzdaten weisen auf veränderte Schwerpunkte der Notfallversorgung hin. Eine Verknüpfung mit Daten aus Notaufnahmen lässt eine tiefergehende Betrachtung zu und ist als Gegenstand weiterer Forschung geplant.
Das Forschungsvorhaben wurde der Medizinischen Ethikkommission der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg vorgelegt (Az. 2021-056, Prof. Griesinger). Es ist keine Beratung nach §15 (1) Berufsordnung der Landesärztekammer Niedersachsen erforderlich.
Das Projekt „Gemeindenotfallsanitäter“ wird von der AOK Niedersachsen und dem Verband der Ersatzkassen (VdEK) Niedersachsen gefördert. Die Autoren geben an, dass darüber hinaus kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- Flake F, Schmitt L, Oltmanns W, Peter M, Thate S, Scheinichen F, et al. Das Konzept Gemeindenotfallsanitäter/in. Notfall Rettungsmed. 2018;21:395–401. DOI: 10.1007/s10049-018-0426-7
- 2.
- Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung: Gutachten. 2018.
- 3.
- Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen - für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“. Bericht der Enquetekommission. Hannover; 22.02.2021.
- 4.
- Slagman A, Behringer W, Greiner F, Klein M, Weismann D, Erdmann B, et al. Medical Emergencies During the COVID-19 Pandemic. Dtsch Arztebl Int. 2020;117:545–52. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0545
- 5.
- Ramshorn-Zimmer A, Fakler J, Schröder R, Stöhr R, Kohls E, Gries A. Weniger Non-COVID-19-Fälle. Deutsches Ärzteblatt. 2020;117:A1201-A1205.
- 6.
- Naujoks F, Schweigkofler U, Lenz W, Blau J, Brune I, Lischke V, et al. Veränderungen der rettungsdienstlichen Einsatzzahlen in einer Metropolregion während der ersten COVID-19-Pandemie-bedingten Kontaktbeschränkungsphase. Notfall Rettungsmed. 2021:1–9. DOI: 10.1007/s10049021-00875-z
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