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66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

26. - 30.09.2021, online

Elternsein, Kinderlosigkeit und körperliche Aktivität im Alter – Ergebnisse der CARLA-Studie

Meeting Abstract

  • Lisa Becker - Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Germany
  • Sarah Negash - Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Germany
  • Nadja Kartschmit - Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und InformatikMartin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Germany
  • Alexander Kluttig - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Germany
  • Rafael Mikolajczyk - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle(Saale), Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 26.-30.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 123

doi: 10.3205/21gmds106, urn:nbn:de:0183-21gmds1066

Published: September 24, 2021

© 2021 Becker et al.
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Text

Einleitung: Bei Eltern jüngerer Kinder wurden niedrigere Level körperlicher Aktivität im Vergleich zu Kinderlosen ihres Alters beobachtet [1], [2], [3]. Unklar bleibt, ob Eltern auch später, wenn die Kinder nicht mehr zu Hause leben, andere Verhaltensweisen als Kinderlose zeigen. Dabei wird in Deutschland, nicht zuletzt aufgrund des steigenden Anteils kinderloser Paare [4], immer interessanter wie sich Elternsein auf die Gesundheit auswirkt.

Das Ziel dieser Studie war es zu analysieren, ob die körperliche Aktivität sich im späteren Leben zwischen Eltern und Kinderlosen unterscheidet. Dabei wurden geschlechtsspezifische Effekte berücksichtigt.

Methodik: Die verwendeten Daten stammen aus der Baseline-Untersuchung der populationsbasierten CARLA-Kohortenstudie in Halle (Saale) [5].

Die 1779 Studienteilnehmer*innen im Alter von 45-84 Jahren absolvierten u.a. ein standardisiertes computergestütztes Interview.

Als Maß für körperliche Aktivität wurden der Sport Index (1 (niedrig) bis 5 (hoch)) und der Freizeit Index (1 (niedrig) bis 5 (hoch)) berechnet. Der Sport Index umfasst Intensität, Dauer und Frequenz von sportlichen Aktivitäten, der Freizeit Index körperliche Aktivität in der Freizeit exklusive Sport [6]. Darüber hinaus wurde für sportliche Aktivitäten das metabolische Äquivalent (MET) in Stunden pro Woche berechnet [7].

Um Confounding zu identifizieren, wurden kausale Diagramme (Directed Acyclic Graphs) erstellt. Daraufhin wurden lineare Regressionsmodelle, stratifiziert für Geschlecht und adjustiert für Alter, Partnerstatus, Bildungsjahre, berufliche Stellung, Einkommen und sozioökonomischen Status der Eltern, gerechnet.

Ergebnisse: Insgesamt waren von den 812 Frauen und 967 Männern 10,9% (N=194, 95 Frauen und 99 Männer) kinderlos.

Der Sport Index, Freizeit Index und die MET-Stunden lagen bei Vätern im Mittel (95% Konfidenzintervall) höher (2,41 (2,36; 2,46), 3,13 (3,08; 3,17), 13,36 (12,11; 14,60)) im Vergleich zu kinderlosen Männern (2,09 (1,96; 2,21), 3,10 (2,97; 3,23), 8,89 (5,39; 12,40)). Für Mütter ergaben sich ähnliche Mittelwerte wie bei kinderlosen Frauen für den Sport Index (2,37 (2,32; 2,42) vs. 2,33 (2,18; 2,47)), den Freizeit Index (3,16 (3,11; 3,20) vs. 3,11 (2,99; 3,23)) und geringfügig höhere MET-Stunden (9,73 (8,89; 10,57) vs. 8,46 (5,68; 11,24)).

Bei geschlechtsspezifischen linearen Regressionen war das Vatersein assoziiert mit höherem Sport Index: β (95% Konfidenzintervall) von 0,29 (0,14; 0,44) für den Sport Index, 0,01 (-0,13; 0,15) für den Freizeit Index und 3,30 (-0,67; 7,26) für die MET-Stunden. Für Frauen lagen keine Assoziationen vor: β (95% Konfidenzintervall) von 0,07 (-0,08; 0,22) für den Sport Index, 0,02 (-0,11; 0,16) für den Freizeit Index und 1,21 (-1,32; 3,75) für die MET-Stunden.

Diskussion: Es konnten höhere Level sportlicher Aktivität für Väter im Vergleich zu kinderlosen Männern in einer älteren Bevölkerungsstichprobe gezeigt werden.

Bei jüngeren Männern konnten bereits in bisherigen Studien stärkere Assoziation des Elternseins mit der körperlichen Aktivität als bei Frauen beobachtet werden [8], [9]. Allerdings wurden in dieser Altersgruppe bei Eltern niedrigere Level körperlicher Aktivität als bei Kinderlosen beobachtet und andere Studien berichteten ähnliche Effekte für beide Geschlechter [2] oder sogar stärkere Effekte für Frauen [3], [10].

Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Väter im späteren Leben intensiver sportlich betätigen als kinderlose Männer. Dies gilt aber nicht für körperliche Aktivität in der Freizeit außerhalb von Sport (zu Fuß gehen, Radfahren). Weitere Forschung zu diesem Thema sollte untersuchen, welche Ursachen die geschlechtsspezifischen Effekte bedingen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Rattay P, von der Lippe E. Association between Living with Children and the Health and Health Behavior of Women and Men. Are There Differences by Age? Results of the "German Health Update" (GEDA) Study. Int J Environ Res Public Health. 2020;17(9):3180. DOI: 10.3390/ijerph17093180. External link
2.
Corder K, Winpenny EM, Foubister C, Guagliano JM, Hartwig XM, Love R, et al. Becoming a parent: A systematic review and meta-analysis of changes in BMI, diet, and physical activity. Obesity reviews : an official journal of the International Association for the Study of Obesity. 2020;21(4):e12959. DOI: 10.1111/obr.12959 External link
3.
Bellows-Riecken KH, Rhodes RE. A birth of inactivity? A review of physical activity and parenthood. Preventive medicine. 2008;46(2):99-110. DOI: 10.1016/j.ypmed.2007.08.003 External link
4.
Deutsches Statistisches Bundesamt. Kinderlosenquote. 2019 December 11 [cited 2021 April 26]. Available from: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Geburten/Tabellen/kinderlosigkeit.html External link
5.
Haerting J, Kluttig A, Greiser K, Nuding S, Werdan K. Kohortenstudie zu Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten in einer urbanen älteren ostdeutschen Allgemeinbevölkerung (CARLA-Studie). Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2012;55(6):795-800. DOI: 10.1007/s00103-012-1493-4 External link
6.
Baecke JA, Burema J, Frijters JE. A short questionnaire for the measurement of habitual physical activity in epidemiological studies. The American journal of clinical nutrition. 1982;36(5):936-42. DOI: 10.1093/ajcn/36.5.936 External link
7.
Ainsworth BE, Haskell WL, Whitt MC, Irwin ML, Swartz AM, Strath SJ, et al. Compendium of Physical Activities: an update of activity codes and MET intensities. Medicine & Science in Sports & Exercise. 2000;32(9):S498-S504. DOI: 10.1097/00005768-200009001-00009 External link
8.
Werneck AO, Winpenny EM, van Sluijs EMF, Corder K. Cohabiting and becoming a parent: associations with changes in physical activity in the 1970 British cohort study. BMC Public Health. 2020;20(1):1085. DOI: 10.1186/s12889-020-09187-2 External link
9.
Sjögren K, Hansson EE, Stjernberg L. Parenthood and factors that influence outdoor recreational physical activity from a gender perspective. BMC public health. 2011;11:93. DOI: 10.1186/1471-2458-11-93 External link
10.
Carson V, Adamo K, Rhodes RE. Associations of Parenthood with Physical Activity, Sedentary Behavior, and Sleep. American journal of health behavior. 2018;42(3):80-89. DOI: 10.5993/AJHB.42.3.8 External link