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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Qualität von Informationsseiten über seltene Erkrankungen: Eine vorläufige Auswertung

Meeting Abstract

  • Frédéric Pauer - Leibniz Universität Hannover; Center for Health Economics Research Hannover (CHERH), Hannover, Deutschland
  • Svenja Litzkendorf - Leibniz Universität Hannover; Center for Health Economics Research Hannover (CHERH), Hannover, Deutschland
  • J.-Matthias Graf von der Schulenburg - Leibniz Universität Hannover; Center for Health Economics Research Hannover (CHERH), Hannover, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 204

doi: 10.3205/16gmds153, urn:nbn:de:0183-16gmds1539

Published: August 8, 2016

© 2016 Pauer et al.
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Text

Hintergrund: In der Europäischen Union leiden etwa 30 Millionen Menschen an einer der 7.000 bis 8.000 seltenen Erkrankungen, von denen allein in Deutschland vier Millionen Menschen betroffen sind. Bei seltenen Leiden sind dabei nicht nur die Therapiemöglichkeiten, sondern auch das Wissen um die Erkrankungen unter den Medizinern stark begrenzt. In der Vermittlung und Bereitstellung von wichtigen, aber nur begrenzt verfügbaren Informationen über einzelne Erkrankungen nehmen insbesondere Selbsthilfegruppen und andere spezialisierte Eichrichtungen eine sehr wichtige Rolle ein. Diese Informationen werden häufig auf den Webseiten der Anbieter dargestellt, wobei die Qualität der Informationen ungewiss ist und die Darstellung der Informationen wenig professionell erscheint. Ziel dieser Studie ist somit die Analyse der Qualität von Informationswebseiten über seltene Erkrankungen anhand von definierten Qualitätskriterien.

Methoden: Zunächst wurden durch eine systematische Suche Informationsanbieter zu seltenen Erkrankungen identifiziert. Hierzu wurden systematisch mit allen auf http://www.orpha.net/ gelisteten seltenen Krankheiten (>6.000) nach Informationsanbietern im Internet (Selbsthilfegruppen, Netzwerke, Medizinische Einrichtungen etc.) gesucht. Darüber hinaus wurden in einem Expertenworkshop mit 27 Teilnehmern 13 Qualitätskriterien für Webseiten über seltene Erkrankungen festgelegt. Zehn der Qualitätskriterien lassen sich anhand der dargestellten Informationen auf der jeweiligen Webseite überprüfen (z.B. Kennzeichnung von Autoren oder eines Erstellungsdatums). Drei Kriterien können nur durch den Betreiber der Webseite beantwortet werden (z.B. regelmäßige Überprüfung der Informationen etc.). Hierzu wurden alle identifizierten Informationsseiten über seltene Erkrankungen angeschrieben und um eine Selbstauskunft bezüglich der 13 Qualitätskriterien gebeten. Sofern Informationsanbieter die Selbstauskunft nicht ausgefüllt haben, wurden die Qualitätskriterien mit den öffentlich einsehbaren Informationen auf der Website überprüft.

Ergebnisse: 1020 Informationsseiten über seltene Erkrankungen wurden bereits identifiziert, wobei die vorläufige Auswertung zum derzeitigen Stand 56 Informationsseiten umfasst. Diese Anbieter gliedern sich auf Selbsthilfegruppen/Patientenvereinigungen (32), sonstige Verbände und Trägerschaften (9), Medizinische Einrichtungen (8) und sonstige Anbietergruppen (7). Die meisten Anbieter stellen auf ihrer Webseite ein Impressum bereit (50), geben die Möglichkeit mit dem Betreiber einfach in Kontakt zu treten (50) und kennzeichnen die Inhalte mit einem Erstellungs- oder Aktualisierungsdatum (46). Nur 38 der Anbieter stellen eine Datenschutzerklärung bereit, trotz rechtlicher Verpflichtung nach §13 TMG. Rund die Hälfte der Anbieter kennzeichnet elementare Beiträge mit entsprechenden Autoren, gibt genutzte Quellen an und nutzt evidenzbasierte Informationen bzw. weist auf die Grenzen der Evidenz hin. Keiner der Anbieter erfüllt das Kriterium „Barrierefreiheit“, was insbesondere an der fehlenden Bereitstellung der Informationen in leichter Sprache liegt. Die Einhaltung von Standards zur Erstellung von medizinischen Informationen wurde von 11 Anbietern durch ein entsprechendes Zertifikat (z. B. HONcode, afgis und Medisuch) belegt.

Zusammenfassung: Verlässliche Informationen über seltene Erkrankungen sind im Internet rar und schwer zu finden. Die wenigen verfügbaren Informationen werden insbesondere von Patientenvereinigungen/Patientenorganisationen bereitgestellt, welche sich oft wenig professionell präsentieren. Rechtlich verbindliche Anforderungen an Internetseiten werden des Öfteren nicht eingehalten (Impressum/Datenschutzerklärung). Dennoch können rund 2/3 der bislang überprüften Informationsseiten über seltene Erkrankungen Mindeststandards erfüllen, die eine minimale Qualitätssicherung gewährleistet. Es können nur Aspekte überprüft werden, die die Qualität der Informationen bedingen, nicht aber die inhaltliche medizinische Qualität der Informationen selbst. Die Ergebnisse werden laufend aktualisiert. Hierzu werden in den nächsten Monaten weitere Informationsanbieter über seltene Erkrankungen überprüft.