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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Vergleich der Richtgrößenauswertungen für Arzneimittel im Vertragsärztlichen Bereich mit Statusgruppen und Altersgruppen

Meeting Abstract

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  • Reinhard Schuster - MDK Nord, Lübeck, Deutschland; Universität Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Timo Emcke - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, Bad Segeberg, Deutschland
  • Fabian Schuster - Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 513

doi: 10.3205/16gmds111, urn:nbn:de:0183-16gmds1117

Published: August 8, 2016

© 2016 Schuster et al.
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Hintergrund: Arzneimittel-Richtgrößen waren im Vertragsärztlichen Bereich gesetzlich vorgegebene Orientierungswerte und Prüfgrößen mit beträchtlicher pharmakoökonomischer Bedeutung, andererseits stellt die Angst vor Regress ein zunehmendes Niederlassungshindernis für junge Ärzte dar. Pro Behandlungsfall gab es in den Statuskategorien Mitglieder (M), Familienangehörige (F) und Rentner (R) einen Budgetwert für Arzneimittelausgaben, der sich aus der Ist-Situation der Fachgruppe und dem vereinbarten Arzneimittelvolumen ergeben hat. Bereits seit 2002 sollten nach SGB die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen bestimmt werden, notwendige Berechtigungen zur Datenübermittlung dazu gab es allerdings erst ab 2004. Das Sozialgericht Dresden urteilte im Dezember 2013, dass die Prüfungen rechtswidrig sind, weil es keine altersgemäß gegliederten Patientengruppen gab. Die für das Vertragsjahr 2016 in vielen Regionen vorgenommene Umstellung von drei Statusgruppen auf vier Altersgruppen soll hinsichtlich ihrer Auswirkungen untersucht werden.

Methoden: Mit den Verordnungsdaten 3/2014 – 2/2015 aus Schleswig-Holstein sollen die Ergebnisse der beiden vertraglich vereinbarten Berechnungsmethoden nach Statusgruppen M, F und R einerseits und nach Altersgruppen 0-15 Jahre, 16-49 Jahre, 50-64 Jahre und ab 65 Jahren verglichen werden. Bei beiden Methoden werden in identischer Weise bestimmte Spezialpräparate gemäß Arzneimittelvereinbarung ausgeschlossen. Die Richtgrößen basieren neben dem vereinbarten Arzneimittelvolumen auf den Bruttoanteilen der Verordnungen und den Fallzahlen im Bewertungszeitraum.

Ergebnisse: Die bei den Hausärzten mit 30,7% der Patienten am stärksten besetzte Kombination Mitglieder und Altersgruppe 16-49 Jahre büßt 37% des Richtgrößenwertes pro Patient durch die Umstellung ein, ist aber durch die Altersbewertung nahezu so wie in der Kombination, also gerechter bewertet. In der mit 29,3% zweitgrößten Kombination von Rentnern und Altersgruppe ab 65 gibt es nur eine minimale Veränderung. In der drittgrößten Kombinationsgruppe von Mitgliedern und Alter 50-64 Jahre gibt es eine Veränderung um plus 58% bei der Richtgröße. Im Vergleich zur Kombination war diese Gruppe nach der früheren Berechnung um 29% unterbewertet und ist nun 12% überbewertet. Es ist von entscheidender Bedeutung, wie sich der Gruppenmix beim Arzt verhält. Betrachten wir für die Richtgrößenerfüllung die Korrelation zwischen den beiden Auswertungen, so liegt der Korrelationskoeffizent R^2 zwischen 0,9724 bei den Kinderärzten und 0,9999 bei den Hämato-/Onkologen und den Rheumatologen, bei den Hausärzten bei 0,9784.

Zusammenfassung: Auf Grund der sehr hohen Korrelation ist durch die Umstellung keine gerechtere Richtgrößenbewertung zu erwarten. Die teilweise sehr großen Umschichtungen bei den Kosten in den Kombinationen aus Status und Alter betreffen die Patientenstruktur, die vom Arzt nicht abhängt. Die bei vielen Medikamentengruppen auftretende starke Altersabhängigkeit wird durch die verwendeten Altersgruppen nur in grober Näherung berücksichtigt (vgl. [1], [2], [3], [4]). Zudem kann die Altersabhängigkeit der Kosten eine Folge der mit dem Alter steigenden Multimorbidität sein. Eine wesentlich genauere Gruppenbildung unter Berücksichtigung der (Haupt-)Morbidität mit Standardisierung nach Alter, Multimorbidität und Behandlungsintensität wird in [10] vorgeschlagen. Im Krankenhausbereich wurden die tagesgleichen Pflegesätze, die an der Liegedauer orientiert waren, schon lange durch die DRG (Diagnoses Related Groups) ersetzt. In Bezug auf die Arzneimittel ist ein derartiger Schritt überfällig. Ab 2017 sollen die Richtgrößen durch regionale Vereinbarungen


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