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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

GIS-gestützte Analyse der Mobilitätsbereitschaft von Patienten mit Psoriasis und chronischen Wunden

Meeting Abstract

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  • Jobst Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Nicole Zander - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 332

doi: 10.3205/16gmds108, urn:nbn:de:0183-16gmds1086

Published: August 8, 2016

© 2016 Augustin et al.
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Text

Hintergrund: Erreichbarkeitsstudien im Gesundheitswesen gehen oftmals davon aus, dass der Patient die für ihn nächstgelegene Einrichtung (z.B. Arztpraxis) aufsucht. Das individuelle Patientenverhalten wird dabei nicht berücksichtigt. Es ist davon auszugehen, dass das individuelle Mobilitätsverhalten jedoch komplexer ist und nicht immer die nächstgelegene Einrichtung aufgesucht wird. Daraus lässt sich die Frage ableiten, warum dieser patientenseitige Mehraufwand in Kauf genommen wird und welche Rolle dabei beispielsweise sozidemographische Merkmale des Patienten oder die Erkrankung und deren Schweregrad spielt. Im folgenden Beitrag werden erste Ergebnisse einer laufenden Pilotstudie zum Mobilitätsverhalten von Patienten anhand zweier Beispielerkrankungen vorgestellt. Dabei wird unter anderem der Frage nachgegangen, welche Ursachen für den patientenseitigen Mehraufwand in Betracht kommen.

Methoden: Mittels einer Primärdatenerhebung (Fragebogen) wurden N=310 Patienten neben persönlichen Merkmalen zu ihrem Mobilitätsverhalten und Krankheitsbild (z.B. Schweregrad) befragt. Letzteres erfolgte zusammen mit dem behandelnden Arzt. Das Patientenkollektiv unterteilt sich auf die Indikationen Psoriasis (n=159) und chronische Wunden (n=151) sowie nochmals in ambulante und stationäre Fälle. Die Erhebung wurde bei vier niedergelassenen Ärzten (Dermatologen/Gefäßchirurgen) sowie in der dermatologischen Sprechstunde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Die Daten wurden aufgearbeitet und mittels deskriptiver und multivariater statistischer Verfahren ausgewertet. Der patientenseitige Mehraufwand wird über die Differenz der Entfernung und Zeit des nächstgelegenen Arztes zum tatsächlich besuchten Arzt definiert. Die Untersuchung des Mehraufwands wurde mittels einer Netzwerkanalyse in einem GIS (Geoinformationssystem) durchgeführt. PKW und ÖPNV wurden dabei berücksichtigt. Die dafür notwendigen Daten stammen von der Deutschen Dermatologischen Akademie (Arztdaten) sowie von Open Streetmap (Netzwerkdatensatz).

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass die Kompetenz sowie das Leistungsangebot des Arztes mit einer hohen Bereitschaft in Zusammenhang stehen, eine weite Anfahrt zum Arzt in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus ist die Aussicht auf eine bessere Therapie ebenfalls entscheidend. Hinsichtlich der Indikationen zeigte sich, dass die Psoriasis-Patienten prinzipiell weitere Anfahrtswege hatten, als die Wundpatienten, was sich auch im Mehraufwand niederschlägt. So nehmen beispielsweise stationär behandelte Psoriasis-Patienten im Mittel einen 33,7kmlängeren Anfahrtsweg in Kauf als zum nächstgelegenen Arzt notwendig wäre. Im Vergleich dazu liegt der Wert bei den ambulanten Psoriasis-Patienten bei 4,5km (2,2km bei Wundpatienten). Signifikante Zusammenhänge zwischen Schweregrad und in Kauf genommenen Mehraufwand konnten nicht gefunden werden. Korrelationsanalysen deuten aber daraufhin, dass bei ambulanten Patienten ein negativer Zusammenhang besteht, während dies bei stationären Patienten nicht der Fall ist. Ein signifikant negativer Zusammenhang (r=-0,4; p≤ 0,001) bestand zwischen Alter und betriebenen Mehraufwand in km. Dies zeigte sich unter anderem darin, dass berufstätige Personen sich signifikant von nicht berufstätigen (v.a. Rentner) unterschieden. Die Ergebnisse haben einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der Bereitschaft, einen weiteren Weg zum Arzt in Kauf zu nehmen und ausgewählten Faktoren (z.B. Aussicht auf bessere Therapie) gezeigt. Der in Kauf genommene Mehraufwand wird hauptsächlich durch das Alter der Patienten - und damit zusammenhängend vermutlich deren Mobilität - erklärt. Schweregrad und finanzielle Aspekte spielen eher eine untergeordnete Rolle.

Zusammenfassung: Wenngleich es sich lediglich um erste Ergebnisse handelt und die Auswertung noch nicht abgeschlossen ist, zeigt sich ein komplexes Mobilitätsverhalten der Patienten, dass von zahlreichen persönlichen, aber auch klinischen Merkmalen beeinflusst wird. Weitere Analysen sind notwendig, um detailliertere Aussagen zu erhalten.