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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Vergleich der Mortalität von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ausgewählten Krebserkrankungen bei Aussiedlern mit der deutschen Allgemeinbevölkerung – Ergebnisse einer Kohortenstudie

Meeting Abstract

  • Valentina Leier - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Simone Kaucher - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Volker Winkler - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Heiko Becher - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 325

doi: 10.3205/16gmds049, urn:nbn:de:0183-16gmds0499

Published: August 8, 2016

© 2016 Leier et al.
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Hintergund: Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen sind die führenden Todesursachen in Deutschland. Für knapp 40 Prozent aller Sterbefälle sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich, gefolgt von Krebserkrankungen, die über ein viertel (26 %) aller Todesfälle verursachen. Die bisherige Forschungslage hat gezeigt, dass sich die Mortalität bei Migranten von den Raten der Bevölkerung des Ziellands meist unterscheidet.

Aussiedler sind eine der großen Migrantengruppen in Deutschland. Seit 1990 sind circa 2,1 Millionen Aussiedler aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion eingereist. Frühere Untersuchungen mit kürzerem Follow-up und kleineren Kohorten konnten bereits ein auffälliges Mortalitätsmuster zeigen. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, Mortalitätsraten zwischen Aussiedlern und der deutschen Bevölkerung zu vergleichen und frühere Ergebnisse zu untermauern.

Methoden: Drei registerbasierte Kohorten von Aussiedlern, aus Nordrhein-Westfalen (NRW) [n= 34.393], dem Saarland [n=18.619] und Augsburg [n=6.378] wurden für diese Analyse gepoolt. Standardisierter Mortalitätsverhältnisse (SMR) der Aussiedler im Vergleich zur deutschen Allgemeinbevölkerung wurden berechnet. Der zeitliche Verlauf der altersstandardisierten Mortalitätsraten wurde ebenfalls untersucht. Der Zeitraum von 1990 bis 2009 wurde in die Auswertung eingeschlossen.

Ergebnisse: Insgesamt gingen 800.908 Personenjahre in die Analyse ein. Die Gesamtmortalität bei Aussiedlern ist mit einem SMR von 0,91 [95 %-KI 0,89 - 0,94] niedriger als in der deutschen Allgemeinbevölkerung. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ICD-10 <I00-I99>) konnte bei Aussiedlern eine SMR von 0,81 [95%-KI 0,77 - 0,85] beobachtet werden. Bei einer Betrachtung ausgewählter Krebserkrankungen lassen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellen. Unter Aussiedlern kann bei Frauen eine niedrigere Mortalität für Brustkrebs (SMR 0,54; 95 %-KI 0,43 - 0,67) und für Lungenkrebs (SMR 0,67; 95 %-KI 0,53 - 0,87) und bei Männern für Prostatakrebs (SMR 0,58; 95 %-KI 0,43 - 0,77) beobachtet werden. Beim Magenkrebs hingegen, weisen sowohl weibliche als auch männliche Aussiedler eine höhere Mortalität auf. Beim Lungenkrebs lässt sich bei Männern im Gegensatz zu den Frauen, eine erhöhte Mortalität (SMR 1,33; 95 %-KI 1,19 - 1,48) feststellen. Im zeitlichen Verlauf ergeben sich für Herz-Kreislauf-Krankheiten relativ konstante Raten, im Gegensatz zu fallenden Raten in der Allgemeinbevölkerung. Detaillierte Ergebnisse hierzu und zu den betrachteten Krebserkrankungen werden präsentiert.

Schlussfolgerung: Aussiedler weisen im Vergleich mit der deutschen Allgemeinbevölkerung insgesamt eine geringere Mortalität auf. Erklärt werden kann diese durch niedrigere Mortalität sowohl bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch bei einzelnen Krebserkrankungen. Außerdem zeigen Aussiedler ein von der deutschen Bevölkerung abweichendes Muster an Krebserkrankungen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es deutliche Unterschiede in der Verteilung von Risikofaktoren zwischen den Aussiedlern und der deutschen Allgemeinbevölkerung gibt. Die Ergebnisse vorheriger Studien zu diesem Thema konnten bestätigt und präzisiert werden. Näheren Aufschluss werden derzeit laufende prospektive Studien geben, bei denen das Risikoprofil direkt erhoben wird.