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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Lässt sich die Teilnahmerate am Darmkrebsscreening durch ein persönliches Einladungsverfahren steigern? Randomisierte Interventionsstudie mit 35.000 Personen der Zielbevölkerung

Meeting Abstract

  • Michael Hoffmeister - Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, Deutschland
  • Bernd Holleczek - Saarland Cancer Registry, Saarbruecken, Deutschland
  • Nadine Zwink - Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, Deutschland
  • Christian Stock - Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Christa Stegmaier - Krebsregister Saarland, Saarbrücken, Deutschland
  • Hermann Brenner - Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 451

doi: 10.3205/16gmds035, urn:nbn:de:0183-16gmds0353

Published: August 8, 2016

© 2016 Hoffmeister et al.
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Text

Hintergrund: Seit Oktober 2002 sind Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen ab ihrem 50. bzw. 55. Geburtstag berechtigt, Darmkrebsfrüherkennung bzw. -vorsorge als Kassenleistung in Anspruch zu nehmen. Ab dem Alter von 50 Jahren wird jedem Versicherten der jährliche Test auf Blut im Stuhl angeboten. Ab dem Alter von 55 Jahren kann ab dem 55. Geburtstag eine Vorsorge-Koloskopie in Anspruch genommen werden. Die Teilnahmeraten an der Darmkrebsfrüherkennung blieben jedoch enttäuschend gering.

Im Rahmen des Nationalen Krebsplans wurden Umsetzungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Darmkrebsfrüherkennung erarbeitet, die insbesondere die Einführung eines organisierten Screenings mit persönlicher Einladung bis zum Jahr 2016 vorsehen.

Im diesem zwischen 2012 und 2015 durchgeführten Modellprojekt (SAMS-Studie) wurde mit einem logistisch unaufwändigen Einladungsverfahren die Steigerung der Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung erprobt und evaluiert.

Methoden: In dieser randomisierten Interventionsstudie wurden 18.560 Personen im Alter von 50 Jahren (Geburtsjahrgänge 1962/63, Einladung Test auf Blut im Stuhl mit bzw. ohne beigefügtem Stuhltest) und 16.824 Personen im Alter von 55 Jahren (Geburtsjahrgänge 1957/58, Einladung zur Vorsorge-Koloskopie) der saarländischen Wohnbevölkerung über die zentrale Einwohnermeldedatei identifiziert und randomisiert. In den Interventionsgruppen erfolgten im Jahresabstand nach erneuter Randomisierung wiederholte Anschreiben. Die Inanspruchnahme und die Ergebnisse der Früherkennungsuntersuchungen wurden durch die Kassenärztliche Vereinigung des Saarlands erfasst. Die Daten wurden unter Verwendung von Kontrollnummern in faktisch anonymisierter Form zusammengefügt.

Ergebnisse: Ein Einladungsschreiben zur Durchführung eines Tests auf Blut im Stuhl zeigte eine deutliche Steigerung der Inanspruchnahme um 68% (21% versus 12%, p<0,001) innerhalb eines Jahres, wenn der Test gleich mitgeschickt wurde. Insbesondere Männer, bei denen die Inanspruchnahme deutlich niedriger ist als bei Frauen, ließen sich auf diese Weise zur Durchführung eines Früherkennungs-Stuhltests bewegen (+170%). Dagegen zeigte sich keine Erhöhung der Inanspruchnahme eines Früherkennungs-Stuhltests nach Zusendung des Einladungsschreibens ohne Test. Ein Einladungsschreiben erhöhte jedoch die Teilnahmerate an der Vorsorge-Koloskopie um 30% (4,7% versus 3,6%, p<0,001). Hierbei wurden größere Variationen zwischen den Landkreisen beobachtet.

Zusammenfassung: Dieses Modellprojekt zeigte, dass, gemessen am nur sehr geringen Aufwand, Einladungsschreiben eine einfache Möglichkeit darstellen, die Teilnahme an der Vorsorge-Koloskopie und dem Früherkennungs-Stuhltest deutlich zu steigern. Einladungen zur Durchführung eines Tests auf Blut im Stuhl sollten den Test gleich mitenthalten. Die Teilnahmeraten blieben jedoch noch immer hinter Teilnahmeraten zurück, die in anderen Ländern mit organisierten Screening-Programmen erzielt werden. Unsere Ergebnisse unterstreichen daher nicht nur die Wirksamkeit gezielter Einladungen, sondern auch die Notwendigkeit umfassender Informations- und Präventionsbemühungen im Rahmen organisierter Vorsorgeprogramme.