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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Verändert Übergewicht den Effekt von Knien im Beruf in Bezug auf die Inzidenz der Kniegelenkarthrose? Sekundäranalyse einer dänischen Kohortenstudie zu Interaktionseffekten

Meeting Abstract

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  • Falk Liebers - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin, Deutschland; National Research Centre for the Working Environment (NRCWE), Kopenhagen, Dänemark
  • Burr Hermann - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin, Deutschland
  • Ute Latza - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 200

doi: 10.3205/16gmds018, urn:nbn:de:0183-16gmds0186

Published: August 8, 2016

© 2016 Liebers et al.
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Hintergrund: Kniegelenkarthrosen gehören zu den bedeutsamen Muskel-Skelett-Erkrankungen. Neben beruflichen Risikofaktoren, wie kniende Tätigkeiten, ist Übergewicht ätiologisch sehr wichtig. Aussagen zu Interaktionseffekten zwischen beruflichem Knien und Übergewicht sind jedoch selten und werden meist in Fall-Kontroll-Studien diskutiert. Es existieren kaum Aussagen aus Kohortenstudien. Die Fragestellung ist, ob und in welchem Ausmaß durch Übergewicht der Effekt von Knien auf die Inzidenz von Kniegelenkarthrosen verändert wird bzw. die additive oder multiplikative Erwartung bei Interaktion der beiden Faktoren unter- oder überstiegen wird.

Methoden: Datenbasis ist die dänische DWECS-Kohorte mit 4 Befragungen von 1990 bis 2005 (Follow-up-Zeitraum: 1991 bis 2010). Eingeschlossen wurden abhängig Beschäftigte im Alter von 18-<60 Jahren (6.288 Männer, 6.494 Frauen). Zielgröße sind primäre Hospitalisierungen wegen Kniegelenkarthrosen ab 3 Jahre nach Einschluss in die Kohorte. Einflussgröße ist die auf Selbstangaben beruhende und über den Follow-up-Verlauf gemittelte Zeitdauer kniender Tätigkeiten pro Woche kategorisiert in 3 Bereich (kniende Tätigkeiten 0h /Woche, >0 bis 5h /Woche oder >5h Knien/Woche). Als Modifikator des Effekts beruflichen Kniens wird Übergewicht (BMI >25 kg/m²) im Vergleich zu Normalgewicht (BMI <= 25 kg/m²) betrachtet. Effektschätzer sind Hazard-Ratios (HR, 95%-Konfidenzintervall (KI)) basierend auf für Alter, Geschlecht und andere Faktoren adjustierten Cox-Regressionsmodellen (SAS PHReg). Neben einem Modell ohne Berücksichtigung von Interaktionseffekten wurde ein Modell mit explizit über 5 Dummy-Variablen formulierte Interaktionen zwischen Knien und Übergewicht sowie ein Modell mit Knien in 2 Kategorien, Übergewicht sowie 2 Interaktionstermen (2 Kategorien kniender Tätigkeiten X Übergewicht) berechnet. Vertrauensintervalle für die additiven und multiplikative Erwartungswerte wurden separat ermittelt (SAS NLMIX).

Ergebnisse: Im Modell ohne Interaktionseffekten liegt für kniende Tätigkeiten mit >0 bis 5 h Knien/Woche das HR bei 0,93 (KI: 0,69-1,26) und bei >5h Knien/Woche bei einem HR von 1,73 (KI: 1,21-2,48). Übergewichtige weisen für Kniearthrosen ein HR von 2,15 (KI: 1,66-2,77) auf. Bei explizit formulierten Interaktionen liegt für Übergewichtige mit >0 bis 5 h/Woche kniende Tätigkeiten das HR bei 2,23 (KI: 1,44-3,45) sowie für Probanden mit einer beruflichen Belastung von >5h/Woche kniende Tätigkeiten das HR bei 3,58 (KI: 2,15-5,96). Dies über- oder unterschreitet weder die additiven noch die multiplikativen Erwartungen. Das HR der additiven Erwartung liegt für kniende Tätigkeiten >0 bis 5h/Woche bei 2,85 (KI: 1,50-4,18) bzw. >5h/Woche bei 4,12 (KI: 2,24-6,01), das HR der multiplikativen Erwartung liegt bei 3,06 (KI: 0,88 – 5,25) bzw. 6,54 (KI: 1,69-11,4). Im Modell mit Interaktionstermen ist weder der Termin „Knien >0 bis 5h/Woche X Übergewicht“ (0,74 KI: 0,42-1,31) noch der Term „Knien >5h/Woche X Übergewicht“ (0,54 KI: 0,29-1,02) von einem Nulleffekt verschieden.

Zusammenfassung: Die Auswertung zeigt, dass sowohl intensivere berufliche Belastung durch kniende Tätigkeiten als auch Übergewicht ähnlich starke Risikofaktoren für das Auftreten von Kniegelenkarthrosen sind. Es konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die additive oder multiplikative Erwartung bei gleichzeitiger Wirkung beide Risikofaktoren über- oder unterschreiten wird. Für Probanden mit Übergewicht sind kniende Tätigkeiten allein gesehen ein ebenso starker Risikofaktor wie für Probanden ohne Übergewicht. Da Übergewicht selbst ein starkes Risiko für Kniegelenkarthrosen darstellt, sind übergewichtige Personen in knienden Tätigkeiten zusätzlich gefährdet. Kenntnisse über diese Interaktionen sind sowohl für die betriebliche Prävention als auch die Entschädigung von Bedeutung.


Literatur

1.
Liebers F. Sekundäranalyse einer Kohortenstudie zur beruflichen Ätiologie der Kniegelenkarthrose [Masterarbeit]. Berlin: Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin School of Public Health; 2015. 131 Seiten.