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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Erreichung und Sicherstellung von Validierungsstandards in den Forschungsverbünden der Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze e.V. (TMF)

Meeting Abstract

  • Michael Wittenberg - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Marburg
  • Ronald Speer - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Leipzig
  • Wolfgang Kuchinke - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Düsseldorf
  • Ralf Weber - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Heidelberg
  • Gisela Antony - Kompetenznetz Parkinson, Marburg
  • Marko Käppler - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Dresden
  • Jens Kotsch - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Halle
  • Christoph Meisner - Kompetenznetz Maligne Lymphome, Tübingen
  • Stefan Müller - Kompetenznetz Angeborene Herzfehler, Göttingen
  • Rainer Peters - Zentrum Klinische Studien, Freiburg
  • Sven Wiegelmann - Koordinierungszentrum für Klinische Studien, Köln

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds226

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2006/06gmds191.shtml

Published: September 1, 2006

© 2006 Wittenberg et al.
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Einleitung und Fragestellung

Systemvalidierung bedeutet die Sicherstellung, dass Systeme den gesetzlichen Vorgaben der Behörden und den Anforderungen der Nutzer entsprechen. Im Rahmen eines durch die Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze e.V. (TMF) finanzierten Projektes wurden Unterlagen (Validierungsmasterplan, SOPs, Checklisten, etc.) zur Validierung computerisierter Systeme erarbeitet, die einen Validierungsstandard für Forschungsnetze gewährleisten sollen. Da Forschung im zunehmenden Maße als Kooperation von Forschern in großen und verteilten Gruppen stattfindet und zur Datenerfassung und im Datenmanagement zunehmend internetbasierte Lösungen eingesetzt werden, ergeben sich hohe Anforderungen an die Sicherheit und die Qualität von eingesetzten Softwarelösungen. Eine Qualifizierung von Software und den zugehörigen Netzwerkkomponenten und die damit verbundene Validierung von vernetzten Systemen gewährleistet, dass die behördlichen Auflagen erfüllt werden und die nachgewiesene Qualität über den gesamten Prozess erhalten bleibt. Nach den geltenden Richtlinien zur Durchführung klinischer Studien (ICH-GCP [1], 21 CFR Part 11 [2], etc) und den daraus folgenden Umsetzungen von Richtlinien in nationales Recht (Gesetze und Verordnungen) ist eine Validierung vorgeschrieben. Inspektionen von Behörden und Audits von Sponsoren, gerade hinsichtlich der GCP-konformen Durchführung klinischer Studien beim Einsatz von EDC-Systemen, werden in ihrer Häufigkeit zunehmen. Ein zentraler Punkt der Beurteilung wird in Zukunft in verstärktem Maße die Validierung computergestützter Systeme einnehmen. Im Projekt wurden diese Prozesse der Computersystemvalidierung (CSV) für Forschungsnetze innerhalb der TMF harmonisiert und Konzepte zur Beurteilung von Softwareherstellern, ein Audit-Konzept sowie Schulungsunterlagen zur Validierung für die Forschungsverbünde bereitgestellt.

Material und Methoden

Auf Grundlage von Vorprojekten zur Systemvalidierung, Erstellung von IT-SOPs und Auswahl und Beschaffung von unterschiedlichen EDC-Systemen wurde ein Gesamtkonzept zur Validierung computergestützter Systeme erstellt. Dieses Konzept berücksichtigt Eigenentwicklungen und den Einsatz von Open-Source-Systemen und stellt notwendige Dokumente (SOPs) und Anleitungen (Checklisten, etc.) sowie Schulungsunterlagen zur Verfügung. Zielsetzung ist eine einheitliche Validierungsstrategie und –philosophie innerhalb der Forschungsverbünde der TMF. Durch die Bereitstellung dieser Validierungsdokumentation soll zum einen eine Ressourcen schonende Validierung sichergestellt werden, zum anderen soll die Validierung so ausgelegt sein, dass sie den gesetzlichen Grundlagen und den Anforderungen von Audits und Inspektionen in vollem Umfang genügt. Die Beschreibung sämtlicher Validierungsaktivitäten ist in einem Systemvalidierungsmasterplan (SVMP) hinterlegt, der ein zentrales Dokument darstellt. Ziel dieses SVMP ist es, den Forschungsverbünden einen Leitfaden zur Verfügung zu stellen, der beschreibt, wie eine Validierung computergestützter Systeme im Bereich klinischer Forschung grundsätzlich erfolgen sollte. Weitere zentrale Dokumente sind die Risikobeurteilung, die immer zentraler Bestandteil einer Validierung ist, die Konzepte zur Schulung, zur Herstellerbewertung, zur gegenseitigen Auditierung sowie das Change Management. Diese Dokumente werden ergänzt durch SOPs im Bereich Informationstechnologie, Sicherheit und dedizierte Anleitungen zur Durchführung von Testläufen. Hierzu wurde eine Teststudie samt Testscripts entwickelt, die auf verschiedene Studiensoftware übertragbar ist. Die zur Verfügung gestellten Materialien sind standardisiert aufgebaut und mit Eingabefeldern für spezifische Informationen versehen, um je nach den Gegebenheiten der Verbünde miteinander kombiniert werden zu können. Somit soll sichergestellt sein, dass ein Verbund aus den bereits vorformulierten Validierungsdokumenten durch geringe Anpassung und Ressourcen schonend in der Lage ist, einen Validierungsplan für ein individuelles Projekt aufzustellen. Auch andere Softwarelösungen als Studienmanagementsoftware können prinzipiell nach diesem Verfahren validiert werden; Unterschiede ergeben sich z. B. hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen und der Nutzeranforderungen.

Basis dieses Leitfadens (SVMP) und der Validierungspläne bilden der GAMP-Leitfaden [3] und entsprechende Life-Cycle Modelle. Zusätzlich zu der in GAMP beschriebenen “Best Practice“ für Computersysteme müssen Regularien wie ICH-GCP [2] berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass hier “Networked Systems“ [4], also vernetzte Systeme betrachtet werden, die ggf. zusätzlichen Anforderungen genügen müssen. Die Kategorisierung nach GAMP wurde hinsichtlich der Einteilung von Softwareprodukten geringfügig modifiziert, indem im Bereich der Kategorie 3 (Standardsoftware) eine Differenzierung nach 3a (allgemeine Standardsoftware) und 3b (spezielle Standardsoftware) erfolgte, um die Kategorisierung an die Gegebenheiten von EDC-Systemen anzupassen.

Ergebnisse

Basierend auf GAMP wurden die Prozesse der Validierung computergestützter Systeme auf die in der TMF eingesetzte Studienmanagementsoftware angepasst. Der SVMP beschreibt als Leitfaden die notwendigen Validierungsaktivitäten, die während des Lebenszyklus eines Computersystems durchzuführen sind. Der Lebenszyklus beginnt bereits vor der Anschaffung eines Systems mit der Auswahl, Erstellung oder der Adaptierung eines Systems sowie der Auswahl des Herstellers. Nicht nur diese Prozesse müssen detailliert in einem Lasten- und Pflichtenheft dokumentiert sein, auch eine parallele Risikobewertung der Prozesse und die Nutzung bzw. Nutzungsänderung (Change Control) müssen nach dokumentierten Prozessen erfolgen. Ebenso sollte bereits vor Beginn der Einführung berücksichtigt werden, wie ggf. eine Migration oder Ablösung des Systems erfolgen kann. Wichtige Aspekte dabei sind das stringente Vorgehen nach dem V-Modell, um die anfangs beschriebenen Anforderungen an das System jeweils bezüglich der entsprechenden Qualifizierung (DQ: Design Qualifizierung, IQ: Installations Qualifizierung, OQ: Operationale Qualifizierung, PQ: Performance Qualifizierung) testen zu können, sowie der Einsatz eines Change Managements, das eine Risikoanalyse beinhaltet. Der Leitfaden gibt darüber hinaus Ratschläge, wie die Problematik der Zuweisung von Verantwortlichkeiten und Rollen innerhalb der Forschungsverbünde in der TMF gelöst werden kann und wie mit prospektiver, retrospektiver, begleitender Validierung oder Revalidierung zu verfahren ist.

Im Rahmen des Projektes “Systemvalidierung – Einsatz, Evaluierung und Erweiterung des Validierungspaketes“ wurden die notwendigen Dokumente erstellt, um eine Inspektion oder ein Audit zur Durchführung klinischer Studien erfolgreich zu bestehen. Durch Workshops und Schulungen, basierend auf den erstellten Schulungsunterlagen, können die gewonnenen Erfahrungen und Kompetenzen vermittelt und dadurch die Forschungsverbünde erheblich unterstützt werden. Somit sind die Forschungsverbünde der TMF in der Lage, eingesetzte Systeme eigenständig zu validieren und den validen Zustand eines Systems zu erhalten.

Diskussion

Bei der Durchführung von klinischen Studien nach den geltenden gesetzlichen Grundlagen ist die Einhaltung der GCP-Richtlinien von besonderer Bedeutung. Die begrenzten Ressourcen der Forschungsverbünde im TMF können diese Auflagen nur gewährleisten, wenn sie ihre Softwaresysteme validiert haben. Durch die Bereitstellung des konsolidierten und evaluierten Validierungspaketes sollen die Verbünde in der Lage sein, Validierungs-Ressourcen schonend einzusetzen und dabei den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.


Literatur

1.
ICH-GCP. Note for Guidance Topic E 6. (CPMP/ICH/135/95).
2.
FDA. 21 CFR Part 11. Electronic records, Electronic Signature. Final Rule, Federal Register. 1997; 62. No. 54. 13429.
3.
The Good Automated Manufacturing Practice (GAMP). Guide for Validation of Automated Systems in Pharmaceutical Manufacture (ISPE). Vol. 4.
4.
Ludwig Huber. Validation of Computerized Analytical and Networked Systems. Interpharm Press, Inc. Englewood.