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Analyse der Ausbildungsbedingungen im Praktischen Jahr (PJ): Eine Studie an den Ausbildungsstätten des Standortes Bonn
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Published: | July 30, 2024 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Vor dem Hintergrund einer Delphi-Studie zu zentralen Ausbildungszielen im Praktischen Jahr (PJ) [1] sowie einer Bedarfsanalyse der Ausbildungsdokumente am Standort Bonn, wurden die Bedingungen im PJ durch eine repräsentative Umfrage untersucht.
Ziel der Untersuchung ist, die PJ-Ausbildung mit dem Fokus auf Lernprozesse, den PJ-Studierenden anvertrauten Tätigkeiten im Sinne der „entrustable professional activities (EPA)“ [2] sowie Supervision und Betreuung zu analysieren, um empirisch begründete Verbesserungen abzuleiten.
Methoden: Eine quantitative Online-Umfrage mit den an der PJ-Ausbildung beteiligten Personengruppen wurde durchgeführt: PJ-Studierende, ärztliches, Pflege- sowie Verwaltungspersonal.
Inhaltlich wurden folgende Themen abgefragt, um die Ausbildung im PJ umfassend analysieren zu können: Lehr-/Lernangebote im PJ, übernommene Tätigkeiten und Einarbeitung in diese, zur Verfügung gestellte Ressourcen, Dokumentations- und Prüfungsbedingungen sowie Betreuungsverhältnisse.
Abschließend wurde nach der begründeten Einschätzung gefragt, ob Studierende nach dem Medizinstudium in der Lage sind, eigenverantwortlich Patient*innen zu versorgen im Sinne einer Arbeits- und Diensttauglichkeit (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).
Ergebnisse: Es liegen sowohl Übereinstimmungen als auch deutliche Unterschiede in den Urteilen innerhalb der Gesamtstichprobe von n=253 Personen vor.
PJ-Studierende übernehmen laut den Befragten vorrangig einfache ärztliche, administrative und pflegerische Tätigkeiten. Die Mehrheit der Studierenden und Pflegekräfte sowie ein relevanter Teil der Ärzt*innen verneint, dass PJler am Ende des Medizinstudiums eigenverantwortlich Patient*innen versorgen können.
Das ärztliche Personal beurteilt einige Aspekte positiver als Studierende und das Pflegepersonal: Gruppenvergleiche zeigen statistisch bedeutsame Unterschiede z. B. in der Frage, ob eigenverantwortliches Lernen an Patient*innen erfolgt oder Patientenvorstellungen bzw. Visiten als Lehrangebote stattfinden. Auch in Einschätzungen zu strukturierter Einarbeitung oder Supervision mit Feedback sind PJ-Studierende wesentlich kritischer eingestellt.
Diskussion: Eine Differenzierung nach Fächern ergab positivere Bewertungen der o. g. Faktoren in Wahltertialen, bei denen intensivere Supervision z. B. aufgrund sensiblen Patientenklientels wie Kinder oder Schwangere vermutet wird oder besondere Strukturen wie interprofessionelle Ausbildungsstationen oder Betreuung in Hausarztpraxen bestehen.
Auffällig ist beim Vergleich von PJ-lern im dritten und ersten Tertial, dass sich die Beurteilung der Bedingungen im Zeitverlauf des PJ noch verschlechtert.
Die Ergebnisse sprechen für die dringende Notwendigkeit von Verbesserungsmaßnahmen im PJ und sollen qualitativ im Rahmen von Fokusgruppeninterviews weiter eruiert werden.
Take Home Message: Bei der PJ-Weiterentwicklung ist besonderer Wert auf die Prinzipien interprofessioneller Ausbildung sowie die im Absolventenprofil des NKLM [https://nklm.de/zend/objective/list/orderBy/@objectivePosition/modul/200554] definierten EPAs zu legen.
Literatur
- 1.
- Steinweg B, Mehlis K, Haverkamp N, Lagies R, Thiessen N, Wittmann M, Breuer J. Identifikation von Schlüsselkompetenzen für Absolventen des Medizinstudiums – Ergebnisse einer Delphi-Foresight-Studie. Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ). Münster, 20.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc055. DOI: 10.3205/17gma055
- 2.
- Ten Cate O, Chen HC, Hoff RG, Peters H, Bok H, van der Schaaf M. Curriculum development for the workplace using Entrustable Professional Activities (EPAs): AMEE Guide No. 99. Med Teach. 2015;37(11):983-1002. DOI: 10.3109/0142159X.2015.1060308