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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

14.09. - 16.09.2023, Osnabrück

Wie unterscheidet sich das erfahrungsbasierte Lernen im Praktischen Jahr vom arbeitsplatzbasierten Lernen in anderen Abschnitten des Medizinstudiums?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Angelika Homberg - Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Abteilung Medizinische Ausbildungsforschung, Mannheim, Deutschland
  • Elisabeth Narciß - Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Geschäftsbereich Studium und Lehrentwicklung, Kompetenzzentrum Praktisches Jahr, Mannheim, Deutschland
  • Katrin Schüttpelz-Brauns - Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Abteilung Medizinische Ausbildungsforschung, Mannheim, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Osnabrück, 14.-16.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV-26-06

doi: 10.3205/23gma138, urn:nbn:de:0183-23gma1381

Published: September 11, 2023

© 2023 Homberg et al.
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Outline

Text

Zielsetzung: Erfahrungsbasiertes Lernen (EBL) (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) wird nach Dornan et al. definiert als die Entwicklung der professionellen Identität durch das Sammeln von Erfahrungen bei der unterstützten Teilnahme an der Patient*innenversorgung [1]. Wir untersuchten, inwieweit sich die Erfahrungen, die Studierende im Praktischen Jahr (PJ) sammeln, auf das von Dornan für arbeitsplatzbasiertes Lernen entwickelte EBL-Modell [1], [2] übertragen lassen und welche Modifikationen notwendig sind.

Methoden: Berichtete positive und negative Erfahrungen von insgesamt 1125 PJ-Studierenden wurden einer quantitativen Inhaltsanalyse unterzogen [3]. Die Ergebnisse wurden im Anschluss den vier Bereichen des EBL-Modells [1] zugeordnet:

1.
Support (Pedagogic, Affective, Organisational)/Preparing,
2.
Participation (Patient, Student, Clinician)/Experiencing,
3.
Real patient learning/Reflecting und
4.
Capabiltiy/Performing

Die Erfahrungen in diesen Bereichen während des PJ wurden mit den Erfahrungen beim arbeitsplatzbasierten Lernen verglichen.

Ergebnisse:

1.
Der Bereich „Support“ wurde von den PJ-Studierenden am häufigsten thematisiert und adressierte die gleichen Elemente wie das Dornan-Modell. Ihnen ist es dabei aber weniger wichtig, vorbereitet zu werden als vielmehr Orientierung über ihren Handlungsspielraum zu erhalten. Dies entspricht dem Ziel des PJ, zur selbstständigen Ausübung ärztlicher Tätigkeiten zu befähigen.
2.
Im Bereich „Participation“ hat im PJ, im Gegensatz zur Lerntriade „Patient, Student, Clinician“, das gesamte Versorgungsteam Einfluss auf den Lernprozess. Studierende brauchen die Sicherheit im Team, um sich die eigenständige Übernahme ärztlicher Tätigkeiten zuzutrauen.
3.
Der Bereich „Real patient learning“ wird im PJ durch den Aspekt der Verantwortungsübernahme erweitert. Eigene Patient*innen zu versorgen und einen eigenen Beitrag zu leisten, war für PJ-Studierende wichtig, die eigene berufliche Rolle wurde jedoch nur von wenigen explizit reflektiert.
4.
Der Bereich „Capability“ wurde der erlebte Kompetenzzuwachs, z.B. wenn schwierige Tätigkeiten plötzlich gelingen, von vielen Studierenden hervorgehoben. Hierdurch wurde die Selbstwirksamkeitserwartung gestärkt und Bestätigung erfahren.

Diskussion: Das Lernen im PJ bezieht deutlich stärker die Lernumgebung und die Übernahme von Verantwortung ein und fokussiert sich auf das Verständnis der eigenen Rolle. Die Aufgaben der Lehrenden liegen weniger in der Anleitung als in der Setzung eines klaren Rahmens, um eine schrittweise Verantwortungsübernahme zu ermöglichen. Für eine gelingende Ausbildung muss mehr noch, als in vorausgegangenen Praktika, das gesamte Versorgungsteam eingebunden werden. Reflexionsgespräche könnten die explizite Auseinandersetzung und damit auch das Hineinwachsen in die ärztliche Rolle noch weiter unterstützen.

Take Home Message: Um die Ausbildung im PJ optimal zu fördern, muss das ganze Arbeitsumfeld und die sich veränderten Rollen der Beteiligten, inklusive die des Versorgungsteams, in den Blick genommen werden.


Literatur

1.
Dornan T, Conn R, Monaghan H, Kearney G, Gillespie H, Bennett D. Experience Based Learning (ExBL): Clinical teaching for the twenty-first century. Med Teach. 2019;41(10):1098-105. DOI: 10.1080/0142159X.2019.1630730 External link
2.
Dornan T, Boshuizen H, King N, Scherpbier A. Experience-based learning: a model linking the processes and outcomes of medical students’ workplace learning. Med Educ. 2007;41(1):84-91. DOI: 10.1111/j.1365-2929.2006.02652.x External link
3.
Homberg A, Narciss E, Thiesbonenkamp-Maag J, Schüttpelz-Brauns K. Experience-based learning during the final year - quantitative content analyses of students’ self-reports. Med Teach. 2023;45(5):542-549. DOI: 10.1080/0142159X.2022.2144187 External link