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Internetbasierte Strategien der Informationsrecherche als Grundlage onkologischer Therapieentscheidungen bei Studierenden der Humanmedizin
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Published: | September 11, 2023 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Die dynamische Entwicklung der Onkologie erfordert für die klinische Praxis der evidenzbasierten Medizin neue digitale Formen der Informationsgenerierung und des diagnostischen und therapeutischen Entscheidungsmanagements. Internetbasierte Recherchemethoden und digitale Applikationen (Apps) auf Smartphones oder Tablets bieten mögliche Optionen für die Generation der „digital natives“. Ziel der vorliegenden Studie war es, einer Analyse der präferierten Strategien der internetbasierten Informationsrecherche angehender Ärzt*innen zu evaluieren.
Methoden: In dieser monozentrischen prospektiven Studie der Universitätsklinik Köln (UKK) wurden 94 Medizinstudierenden im letzten Studienjahr sechs standardisierte onkologische Fallvignetten des multidisziplinären Tumorboards (MDT) der UKK vorgelegt, für die randomisiert zur Hälfte mit der onkologischen App Easy Oncology®, zur anderen Hälfte mit einer frei wählbaren Internetrecherche Therapieempfehlungen abzugeben waren. Neben Zeitaufwand und Treffsicherheit wurde die subjektive Evaluation der Empfehlung mittels numerischer Rating-Skalen dokumentiert.
Ergebnisse: Studierende verwendeten bei freier Internetrecherche im Schnitt 1,39 Quellen (SD=.43), wobei sie überwiegend Gebrauch von einer ihnen vertrauten Lernplattform (Amboss®) und der S3-Leitlinie machten. Die Informationsrecherche in der App war signifikant schneller als eine Recherche im Internet. Die Treffsicherheit der Therapieentscheidungen sank mit steigender Komplexität der klinischen Kasuistiken, wobei sich im Vergleich die App überlegen zeigte. Bei Verwendung der App wurden die Fallvignetten als weniger schwierig eingestuft, die Studierenden fühlten sich in ihrer Therapieempfehlung sicherer und sie empfanden die App als signifikant hilfreicher und vertrauten ihr eher. Die präferierte Strategie der Informationsgenerierung war vorrangig von den Lernkonventionen der Studierenden bestimmt. Die Anzahl der verwendeten Internetquellen korrelierte nicht mit der Schwierigkeitseinschätzung der Fallkonstellation und war nicht davon beeinflusst, bei Unsicherheit Therapieempfehlungen durch weitere Quellen zu verifizieren.
Diskussion: Um die Umsetzung evidenzbasierter Medizin zu erleichtern, sollten angehende Ärzt*innen noch mehr Kompetenzen der Informationsrecherche und des kritischen Umgangs mit Quellen (critical reading) im Rahmen des Curriculums vermittelt bekommen.
Take Home Message: Das subjektive Assessment der eigenen Informationsstrategie offenbarte in der untersuchten Kohorte eine unkritische Selbstreflektion, die ein Nachsteuern in der digitalen Wissenschaftskompetenz erfordert.