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Interkulturelle Sensibilisierung in Studium und Ausildung – ein interprofessionelles Lehrangebot
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Published: | September 11, 2023 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Auf Grundlage einer Studie zur Interkulturalität (IK) in der Logopädie, die eine Lücke in der (curricularen) Berücksichtigung des Themas sowie große Unsicherheiten unter Lehrenden aufzeigte [1], wurde ein Lehrkonzept für die Interkulturelle Sensibilisierung entwickelt, das im Rahmen von Lehr-Veranstaltungen an Hoch- und Fachschulen erprobt und evaluiert wurde. Struktur und Inhalte basierten auf dem TARL (Teaching and Assessing Reflective Learning)-Modell [2] sowie Erkenntnissen aus der Forschung hinsichtlich Diversität an Hochschulen [3]. Die Haupt-Fragestellung lautete: Inwieweit profitieren Studierende und Auszubildende in therapeutischen und sozialen Berufen von dem Angebot einer praktisch-reflexiven Lehrveranstaltung zum Thema Interkulturalität?
Methoden: Über den Zeitraum von vier Semestern wurde jeweils eine Blockwoche zum Thema IK an der Hochschule Osnabrück (Fakultät WiSo) angeboten. Pro Semester nahmen ca. 30 Studierende (Gesamt-N=118) aus unterschiedlichen Fachbereichen inkl. ELP (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie) teil, und bewerteten über Fragebögen Inhalte, Struktur (quantitative Daten) sowie persönliche Outcomes (qualitative Daten). Zusätzlich wurde an zwei Berufsfachschulen für Logopädie ein Kurzformat (2x0,5 Tagen) erprobt und evaluiert, um eine spezifische Berufsgruppe in den Blick zu nehmen, für die bereits Erkenntnisse aus einer vorhergehenden Studie vorlagen (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).
Ergebnisse: Studierende bewerteten im Schnitt das Seminar als positiv (Note 2) und die Inhalte als empfehlenswert für andere Gruppen. Besonders geschätzt wurden Inhalte zu Selbsterfahrung, Reflexion sowie die Möglichkeit des interprofessionellen Austauschs und Lernens zwischen den Teilnehmenden (TN). Insgesamt waren Ergebnisse zu persönlichen Veränderungen und Benefits am aussagekräftigsten, dies waren u.a. erhöhte Sensibilisierung, Reflexivität sowie den Wunsch, das Thema weiter zu vertiefen. Diese Outcomes waren unabhängig vom Studienfach.
Diskussion: Das Thema IK ist für Studierende unterschiedlicher Professionen bedeutsam. Insbesondere im therapeutisch-sozialen Bereich proftieren TN von Sensibilisierung, Reflexion, Begleitung sowie praktischer Erprobung von Inhalten zum Thema. Eine stärkere curriculare Verankerung und Ausdehnung der Inhalte auf weitere Disziplinen, inkl. der Medizin, ist erstrebenswert. Besonders zielführend wäre eine Anleitung und Begleitung über einen längeren Zeitraum hinweg, z.B. als festes Studienseminar (ein oder mehrere Semester) mit interprofessionellem Austausch.
Take Home Messages: Interkulturelle Sensibilisierung setzt eine große Offenheit für die Reflexion der eigenen Sozialisation und Praxis voraus. Interkulturelles Lernen erfolgt lebenslang in wiederkehrender Auseinandersetzung mit täglichen Anforderungen und Praktiken. Interprofessionelles Lernen und Diskussion von IK ist ein ausbaufähiges Lehrgebiet, das im Studium fest verankert sein sollte.
Literatur
- 1.
- Maksimović Vidanovič D, Haupt C. Interkulturelle Kompetenz in der Logopädie-Ausbildung im Fokus der Behandlung mehrsprachiger Kinder. Forschung Sprache. 2022;2:83-96
- 2.
- Ryan M, Ryan M. Theorising a model for teaching and assessing reflective learning in higher education. High Educ Res Dev. 2013;32(2):244-257. DOI: 10.1080/07294360.2012.661704
- 3.
- Schiller S. Diversitätssensible Hochschullehre in den therapeutischen Gesundheitsfachberufen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. In: Kergel D, Heidkamp, editors. Praxishandbuch Habitussensibilität und Diversität in der Hochschullehre. Wiesbaden: Springer; 2019. p.369-392. DOI: 10.1007/978-3-658-22400-4_18