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Blickvisualisierung mit Eye-Tracking: Effekte auf Performanz, kognitive Last und Reaktionszeit von Medizinstudierenden
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Published: | September 11, 2023 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Ein wichtiger Aspekt des Cognitive Apprenticeship ist das Modeling. Dabei führen Expert*innen die Fertigkeiten und Kenntnisse vor, die die Lernenden erwerben sollen [1]. Mithilfe der Eye-Tracking-Methodologie ist es aktuell möglich, die Blickbewegungen von Expert*innen zu visualisieren [2]. Hierdurch könnte das Modeling zusätzlich unterstützt werden. Diese Studie hatte das Ziel herauszufinden, ob Studierende Ultraschallbilder besser befunden, wenn sie mit der Blickvisualisierung eines radiologischen Oberarztes trainieren.
Methoden: In einer randomisierten, kontrollierten Studie im WS21/22 wurden hierfür N=106 Medizinstudierende des dritten Semesters der Westfälischen Wilhelms-Universität rekrutiert und per simple random allocation in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen trainierten die Befundung von Ultraschallbildern anhand von audio-kommentierten Lernvideos. Im Gegensatz zu der Kontrollgruppe sah die Eye-Tracking-Gruppe dabei zusätzlich die Blickvisualisierung des Oberarztes. In einem prä-post-Design wurden unter anderem die Anzahl korrekt befundeter Ultraschallbilder, die intrinsische (durch den Stimulus verursachte) und extrinsische (durch die Instruktion verursachte) kognitive Last, sowie die Reaktionszeit bei der Befundung gemessen.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigten, dass die Performanz der Eye-Tracking-Gruppe nach dem Training um 13% höher war, als die der Kontrollgruppe, F(1,104)=5.35, Bonferroni korrigiertes P=.02, β2=0.05. Während die intrinsische Last in beiden Gruppen gleich hoch blieb, F(1,105)=0.10, P=.75, gab es einen starken Abfall der extrinsischen kognitiven Last in der Eye-Tracking-Gruppe, F(1,105)=7.33, P=.005, β2=0.18. Hypothesenkonform zeigte sich in dieser Gruppe ebenfalls eine schnellere Reaktionszeit von -10%, F(1,104)=5.28, P=.02, β2=0.05. Studierende mit höherem Vorwissen in der Anatomie profitierten dabei stärker von der Eye-Tracking-Intervention, F(3,102)=4.09, P=.048.
Diskussion: Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Blickvisualisierung mit Eye-Tracking lernförderliche Effekte in der Sonografie haben kann. Diese Ergebnisse bestätigen bisherige Studien, die ähnliche Effekte bei der Befundung von PET/CT-Bildern gefunden haben [3]. Ein zugrundeliegender Mechanismus könnte sein, dass das Training mit Blickvisualisierung vor allem die extrinsische kognitive Belastung reduziert und den Lernenden dabei hilft, ihr anatomisches Vorwissen zu aktivieren.
Literatur
- 1.
- Collins A. Cognitive apprenticeship and instructional technology. In: Idol L, Jones BF, editors. Educational Values and Cognitive Instruction: Implications for Reform. 1. Auflage. Abdingdon (UK): Routledge; 1991. p.121-138.
- 2.
- Jarodzka H, van Gog J, Dorr M, Scheiter K, Gerjets P. Learning to see: Guiding students’ attention via a model’s eye movements fosters learning. Learn Instr. 2013;25:62-70.
- 3.
- Gegenfurtner A, Lehtinen E, Jarodzka H, Säljö R. Effects of eye movement modeling examples on adaptive expertise in medical image diagnosis. Comp Educ. 2017;113(1):212-225. DOI: 10.1016/j.compedu.2017.06.001