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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

14.09. - 16.09.2023, Osnabrück

Let’s talk about … – Kommunikation über sexuelle Gesundheit und oft schambesetzte Themen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Janina von Schlippe - Universität Bielefeld, Referat Studium und Lehre, Medizinische Fakultät OWL, Bielefeld, Deutschland
  • Anna Lena Uerpmann - Universität Bielefeld, Skills Lab, Medizinische Fakultät OWL, Bielefeld, Deutschland
  • Anja Bittner - Universität Bielefeld, Referat Studium und Lehre, Medizinische Fakultät OWL, Bielefeld, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Osnabrück, 14.-16.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV-23-05

doi: 10.3205/23gma120, urn:nbn:de:0183-23gma1201

Published: September 11, 2023

© 2023 von Schlippe et al.
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Text

Fragestellung/Zielsetzung: Während viele Patient*innen sich wünschen, mit ihren Ärzt*innen über sexuelle Gesundheit zu sprechen, zeigen Studien, dass Ärzt*innen dies nur selten regelhaft tun [1]. Auch Medizin-Studierende bemängeln, dass Themen rund um sexuelle Gesundheit nicht ausreichend im Studium abgebildet sind [2].

Vor diesem Hintergrund wurde ein Curriculum für das Erlernen professioneller Kommunikation über sexuelle Gesundheit im Modellstudiengang Medizin der Medizinischen Fakultät OWL entwickelt.

Methoden: 12 Unterrichtseinheiten (UE) für die Einbettung des Themas in das Modul „Urogenitalsystem I“ im 3. Fachsemester wurden erarbeitet.

3 interaktive Seminare (6 UE) widmeten sich allgemein dem Umgang mit oft schambesetzten Themen (bspw. Inkontinenz) und spezifisch der Kommunikation über sexuelle Gesundheit. Aufbauend trainierten die Studierenden in 2 Gesprächen mit Simulationspatient*innen im Skills Lab (6 UE) ihre kommunikativen Kompetenzen – inklusive 360°-Feedback und Reflexion des eigenen Umgangs mit potentiell schambesetzten Themen.

Die Lehrveranstaltungen wurden mittels Fragebögen durch die Studierenden (n=41) und der Lernfortschritt im Rahmen einer OSCE-ähnlichen Prüfungsstation (n=55) evaluiert. Zudem fand eine Fokusgruppe der Prüfenden statt.

Ergebnisse: Die Anforderungen der Lehrveranstaltungen wurden von 75 bis 90 Prozent der evaluierenden Studierenden als angemessen bewertet. Das (zu den Lehrveranstaltungen unveränderte) Prüfungsszenario empfanden mehrere von ihnen (11,9% der Studierenden) sehr überfordernd, wobei die Prüfung im Mittel als nur geringfügig zu schwer eingestuft wurde (MW 3,4; SD=0,8 auf einer Skala von 1=viel zu leicht bis 5=viel zu schwer). Im Durchschnitt erreichten die Studierenden 77,31 Prozent der möglichen Punkte (SD=19,49).

Die Prüfenden berichteten v. a. von der Beobachtung, dass viele Studierende Schwierigkeiten zeigten, eine neutrale Sprache zu nutzen und z. T. die Benennung von Strukturen des Genitalbereichs mit Umschreibungen wie „unten rum“ vermieden.

Diskussion: Die Einbettung des Curriculums in das Modul „Urogenitalsystem I“ erscheint thematisch sinnvoll und die Studierenden zeigten in der Lernerfolgsüberprüfung insgesamt gute Ergebnisse. Fraglich ist, ob die Verbindung von Kommunikation über sexuelle Gesundheit und Umgang mit Scham eher „schamverstärkend“ auf Studierendenseite wirkt. Hier soll in den zukünftigen Lehrveranstaltungen stärker auf deren potentielles Schamgefühl, den Umgang damit und die Reflexion darüber fokussiert werden. Auch eine Entkopplung der Themen wird geprüft. Zusätzlich erscheint eine Wiederaufnahme des Themas im 8. Fachsemester im Modul „Urogenitalsystem II“ sinnvoll.

Take Home Message: Im Kontext der Kommunikation über sexuelle Gesundheit erscheint eine Reflexion über mögliche eigene Scham und deren Überwindung ebenso wichtig wie das Erlernen der Wissensinhalte und kommunikativen Techniken.


Literatur

1.
Meystre-Agustoni G, Jeannin A, De Heller K, Pecoud A, Bodemann P, Dubois-Arber F. Talking about sexuality with the physician: are patients receiving what they wish? Swiss Med Wkly. 2011;141:w13178. DOI: 10.4414/smw.2011.13178 External link
2.
Turner D, Driemeyer W, Nieder T O, Scherbaum N, Briken P. „Wie viel Sex braucht das Studium der Medizin?“ – Eine Erhebung des Wissens und Interesses Medizinstudierender zum Thema Sexualmedizin ['How Much Sex do Medical Studies Need?' - A Survey of the Knowledge and Interest in Sexual Medicine of Medical Students]. Psychother Psychosom Med Psychol. 2014;64(12):452-457. DOI: 10.1055/s-0034-1389961 External link