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Fragestellung/Zielsetzung: Im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett nimmt die Hebamme eine professionelle Schlüsselfunktion ein. Insbesondere vor dem Hintergrund der vorbehaltenen Tätigkeiten und dem damit zusammenhängenden Erkennen von Verläufen in der Spanne zwischen Physiologie und Pathologie ist das Wissen von Clinical Reasoning im Rahmen der Hebammenausbildung ein wesentlicher und essentieller Aspekt [1]. Im Entscheidungsfindungsprozess findet stetig eine Abwägung u.a. aus der Faktenlage, der Individualität der Schwangeren/Gebärenden/Wöchner*in und der Individualität der Hebamme statt. Im Rahmen von Praxisanleitungen sollte eine zunehmend selbstständige und konstruktive Entscheidungsfähigkeit entwickelt werden um eine umfassende Mündigkeit unter Einschluss von ethischer und normativer Reflexivität und Partizipation zu erwerben. Daher wurde auf verschiedenen Ebenen untersucht, inwieweit Clinical Reasoning in der praktischen Ausbildung der Studierenden der Hebammenwissenschaft B.Sc. durch Praxisanleitende angewendet wird, mit dem Ziel erkenntnisgewinnender Ergebnisse zur Weiterentwicklung von didaktisch strukturierten Praxisanleitungskonzepten.

Methoden: Inwieweit Clinical Reasoning vor dem Hintergrund eines Theorie-Praxis-Transfers curricular verankert ist, wurde im August 2022 mittels quantitativer Inhaltsanalyse von Modulhandbüchern norddeutscher Studiengänge der Hebammenwissenschaft B.Sc. untersucht. Für Erkenntnisse hinsichtlich des Wissens und der Anwendung von Clinical Reasoning wurden qualitative Expert*innen-Interviews mit praxisanleitenden Hebammen aus dem norddeutschen Raum durchgeführt.

Ergebnisse: In den Modulhandbüchern zeigten sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der Nennung des Begriffs Clinical Reasoning sowie unterschiedliche theoretische Aspekte zur Entscheidungsfindung und -begründung. Die Analyse der Expert*innen-Interviews ergab eine unbewusste Anwendung von Clinical Reasoning im Berufsalltag. Als besondere Erkenntnis ließ sich eine bisher nicht explizit beschriebene Clinical Reasoning-Form formulieren.

Diskussion: Eine Implementierung des entwickelten Clinical-Reasoning-Konzeptes als Inhalt von Weiterbildungskursen für Praxisanleitende, sowie in die Praxiscurricula der verantwortlichen Praxispartner und in die Curricula der Hochschulen könnte einen Theorie-Praxis-Transfer der zu erwerbenden Kompetenzfacetten unterstützen [2]. Wünschenswert wäre die Einführung im Rahmen von Praxisanleitungen unter fortlaufender Evaluierung der Praktikabilität und des daraus resultierenden Wissenszuwachses.

Take Home Messages: Die Vermittlung der Clinical Reasoning-Formen kann die Entscheidungsfindungsprozesse aufzeigen und zu einer reflektierten Arbeitsweise führen [3]. Die Praxisanleitenden haben hier eine Schlüsselfunktion inne um neben der Fachkompetzenz auch die Personale Kompetenz in der Praxis zu entwicklen und zu fördern.