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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

14.09. - 16.09.2023, Osnabrück

Der Zusammenhang zwischen Weiterbildungsordnung und Weiterbildungspraktiken in den Kliniken – wechselseitige Beeinflussung oder die Ursprungsfrage nach der Henne und dem Ei?

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Sarah Prediger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik / Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Sigrid Harendza - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik / Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Daniela Rastetter - Universität Hamburg, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, FB Sozialökonomie, Hamburg, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Osnabrück, 14.-16.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV-08-03

doi: 10.3205/23gma044, urn:nbn:de:0183-23gma0443

Published: September 11, 2023

© 2023 Prediger et al.
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Fragestellung/Zielsetzung: Die Strukturen der fachärztlichen Weiterbildung werden durch die Weiterbildungsordnungen (WBO) und Weiterbildungsrichtlinien (WB-RiLi) der Ärztekammern formal geregelt, während die Weiterbildung in Krankenhäusern und Praxen erfolgt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie die formellen Vorgaben für die fachärztliche Weiterbildung festgelegt sind und wie sich die praktische Umsetzung der Weiterbildung in chirurgischen Kliniken darstellt. Ziel dabei war es zu ermitteln, inwiefern diese beiden Aspekte der fachärztlichen Weiterbildung voneinander abhängen, sich (wechselseitig) beeinflussen bzw. wo der Ursprung jeweils liegt.

Methoden: Für die Analyse wurde eine Dokumentenanalyse der WBO 1992, 2003 und 2018 theoriegeleitet nach Mayring durchgeführt. Es wurden inhaltliche Aspekte verglichen und Worthäufigkeitsanalysen durchgeührt. Außerdem wurde die Entwicklung der sogenannten „OP-Kataloge“ untersucht, in denen die Richtzahlen für operative Eingriffe lt. WB-RiLi verglichen wurden. Darüber hinaus wurden in einem zweiten Teil der Studie 24 leitfadengestützte Interviews (mit 11 Weiterzubildenden, 11 Weiterbilder*innen und zwei Klinikleitungen) in zwei chirurgischen Kliniken durchgeführt. Dabei wurden unter anderem Fragen zur WBO und zur Umsetzung der Weiterbildung gestellt. Die Interviews wurden audiodokumentiert, transkribiert und mit MAXQDA analysiert. Das Datenmaterial wurde inhaltsanalytisch nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: Es zeigt sich ein Doppelcharakter der WBO. Einerseits besteht bei der Festlegung der Operationsrichtzahlen der Wunsch nach Orientierung an der klinischen Realität und Versorgungssituation. Andererseits zeigt sich eine abwertende Wahrnehmung des fachärztlichen Titels als „kleiner Chirurg“ aufgrund der bereits durchgeführten Reduzierung der Richtzahlen in der WBO. Hier wird eine hohe Anspruchshaltung an das notwendige Können von Fachärzt*innen im Selbstbild der Feldakteur*innen sichtbar. Deutlich wird, dass der durch die WBO vorgegebene strukturelle Rahmen gering ausgeprägt ist, die Strukturierungsversuche jedoch zunehmen. Der Blick in die Kliniken zeigt allerdings einen begrenzten Einfluss der „externen“ Regulierungsversuche auf die „interne“ Weiterbildungspraxis.

Diskussion: Die Weiterbildungsregelungen werden als klinikfremd und extern wahrgenommen, obwohl sie innerhalb des ärztlichen Feldes entstanden sind. Es werden starke Unterschiede und Abgrenzungen zwischen Kliniker*innen und Nicht-Kliniker*innen deutlich, die es zu überwinden gilt, um eine erfolgreiche Umsetzung konzeptioneller Ansätze der WBO gewährleisten zu können.

Take Home Message: Wenn die Umsetzung der kompetenzbasierten WBO 2018 und zukünftiger WBO gut in den Kliniken ankommen soll, bedarf es einer noch intensiveren Ansprache der Kliniker*innen, die essenzielle Umsetzer*innen der WBO in den Kliniken sind.