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Wann ist der „richtige“ Zeitpunkt für die Entscheidung des Weiterbildungsziels?
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Published: | September 11, 2023 |
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Fragestellung/Zielsetzung: In einigen Fachgebieten (bspw. Allgemeinmedizin) fehlt der Nachwuchs [1]. Vor dem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn Weiterbildungen in diesen Bereichen zügig absolviert werden, damit Ärzt*innen in Weiterbildung (ÄiW) früher für die eigenständige Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Laut dem Berufsmonitoring Medizinstudierende können sich im Studium nur ca. 20% nicht auf ein Weiterbildungsziel festlegen [2]. In Hessen entscheiden sich jedoch ca. 60% der Fachärzt*innen (FÄ) für Allgemeinmedizin erst während der Weiterbildung für dieses Weiterbildungsziel [3]. Das führt mutmaßlich dazu, dass viele ÄiW erst im fortgeschrittenen Verlauf ihrer Weiterbildung an den Angeboten des Kompetenzzentrums Weiterbildung (KW) Hessen (Seminar- und Mentoringprogramm) teilnehmen. In diesem Beitrag werden die Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Wahl der Fachrichtung der angehenden Hausärzt*innen anhand empirischer Daten analysiert.
Methoden: In Hessen werden alle erfolgreichen Prüfungsabsolvent*innen der Facharztprüfung Allgemeinmedizin mittels eines am KW entwickelten Fragebogens zu ihrer Weiterbildung befragt. Die Ergebnisse der Befragung in den Jahren 2020-22 (n=214, Rücklauf=52,2%) und des ersten Halbjahres 2023 werden mit IBM SPSS 28 ausgewertet. Sowohl die Weiterbildungsdauer und die zugehörigen Prädiktoren, als auch die Frage, was die FÄ bewogen hat, Allgemeinmediziner*innen zu werden, werden in die Auswertung mit aufgenommen.
Ergebnisse: Erste Auswertungen zeigen, dass die Weiterbildungsdauer (operationalisiert als Zeitspanne zwischen Approbation und Facharztprüfung) kürzer ist, wenn die Entscheidung für die Weiterbildung Allgemeinmedizin frühzeitig erfolgt.
Bei denjenigen, die sich bereits vor Beginn der Weiterbildung für die Fachrichtung Allgemeinmedizin entschieden haben, waren neben der finanziellen Förderung vorrangig Persönliche Vorbilder, Famulatur, Blockpraktikum, PJ, Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance und breites fachliches Spektrum entscheidende Faktoren für die Weiterbildung in diesem Fach.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass Erfahrungen im Studium maßgeblich dazu beitragen können, welche Fachrichtungen von Studierenden als interessant wahrgenommen werden.
Sollten im Studium mehr Maßnahmen (z.B. die Einrichtung einer zentralen Weiterbildungsberatung) getroffen werden, um eine fundierte Entscheidung für die Fachrichtung „vorzuziehen“, so dass während bzw. nach Abschluss des Studiums mehr Ärzt*innen wissen, welche Facharztweiterbildung sie anstreben?
Aus Versorgungsperspektive ist eine kurze Weiterbildungsdauer zu präferieren, ein längerer Weg durch Erfahrungen in weiteren Fachgebieten könnte jedoch für die Versorgungsqualität auch Vorteile haben.
Take Home Message: Positive Erfahrungen im Studium können zur Entscheidung der Fachrichtung beitragen. Aus Versorgungsperspektive sollten daher, insbesondere in den Fächern mit Nachwuchsproblem, Aus- und Weiterbildung stärker zusammen gedacht werden.
Literatur
- 1.
- Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Bedarfsgerechte Versorgung- Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche. Gutachten 2014. Bonn: SVR Gesundheit & Pflege; 2014.
- 2.
- Jacob, R, Kopp, J, Fellinger, P. Berufsmonitoring Medizinstudierende 2018. Ergebnisse einer bundesweiten Befragung. Bericht der Universität Trier. Trier: Universität Trier; 2018.
- 3.
- Broermann, M. Spät entschieden und jetzt Allgemeinmedizin: Über Umwege zur gemeinschaftlichen Hausarztpraxis. Ergebnisse einer hessenweiten Befragung von Prüfungsabsolventen/innen [A Late Decision in Favor of Family Medicine. Results of a Survey Among Doctors that Completed Specialist Training in General Practice]. ZFA (Stuttgart). 2017;93 (7/8):324-328. DOI: 10.3238/zfa.2017.0324-0328