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Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Lehre (CAL)

25.09. - 28.09.2019, Frankfurt am Main

„Gesellschaftlich vulnerable Gruppen in der Primärversorgung“ – ein interdisziplinäres Lehrkonzept

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Helene Pahlow - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbreich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland; Albert-Ludwigs-Universität, Medizinische Fakultät, Deutschland
  • Petra Jung - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbreich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland; Albert-Ludwigs-Universität, Medizinische Fakultät, Deutschland

Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Lehre (CAL). Frankfurt am Main, 25.-28.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV28-03

doi: 10.3205/19gma215, urn:nbn:de:0183-19gma2151

Published: September 20, 2019

© 2019 Pahlow et al.
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Hintergrund: Gesellschaftliche Gruppen, die aufgrund schwieriger sozioökonomischer Bedingungen oder gesundheitlicher Einschränkungen in der sozialen Teilhabe stark eingeschränkt sind und eine erhöhte Krankheitslast aufweisen, begegnen medizinischen Primärversorgern in ihrer Arbeit überdurchschnittlich häufig. Medizinstudierende haben dahingehend zumeist keine Kontakte. Die besonderen Anliegen der Betroffenen erfordern eine Sensibilisierung und Kenntnis unterstützender Angebote und deren gezielten Einsatz in Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure. Deshalb ist eine frühzeitige Öffnung für anderen Disziplinen sinnvoll. Sowohl der interdisziplinäre Austausch als auch die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen sozioökonomischer Problemlagen kommen im Medizinstudium meist zu kurz.

Frage: Welchen Beitrag leistet eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung zur Klärung der Frage:

  • Was bedeutet der Begriff „Vulnerabilität“ im primärmedizinischen Kontext und welche gesellschaftlich vulnerablen Gruppen lassen sich identifizieren?
  • Welche Anforderungen stellt dies an eine optimierte Primärversorgung und ihre Akteure?

Methode: Eine interdisziplinär aufgebaute Lehrveranstaltung wird systematisch mit Hilfe von Diskussionen, Protokollen, Evaluationen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen dokumentiert. Die Resultate werden im Hinblick auf Lernzuwachs, Interdisziplinarität und Didaktik reflektiert.

Ergebnisse: Studierende der Humanedizin, Gesundheitspädagogik, Soziologie und Public health erlebten in 8 Veranstaltungen eine Aktivierung ihrer Expertise im eigenen Fach und erreichten eine Perspektivenplurarität zu Konzepten von „Vulnerabilität“. Als gesellschaftlich vulnerable Gruppen identifizierten sie u.a. Menschen im Asylverfahren, in der Obdachlosigkeit und Menschen mit Suchterkrankungen. Eine Bereicherung seien die unterschiedlichen Herangehensweisen und der Austausch mit Allgemeinmedizinern gewesen. Lehrformate wie das Planspiel und Hospitationen wurden besonders geschätzt, da sie von üblichen kurrikularen Formaten abweichen und sich den TN neue Erfahrungsfelder erschlossen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat für Impulse gesorgt, die es in einer homogeneren Zusammensetzung eher nicht gegeben hätte, da die methodischen Asymmetrien sowie differierenden Zielsetzungen durch den direkten Austausch deutlich wurden.

Diskussion: Im interdisziplinären Dialog werden die Differenzen einer handlungsorientierten Primärmedizin und beobachtenden und verstehenden Arbeitsweise wie z.B. in der Soziologie deutlich. Beispielhaft sind Konzeptionen, die über intuitive Erklärungsmodelle hinausgehen sollen oder der praktische Umgang mit vulnerablen Gruppen, mit der Notwendigkeit konkreter Handlungsvorschläge, die aus theoretischen Überlegungen auch ableitbar sein müssen.

Take Home Message: Vulnerabilität ist ein wichtiges Thema in der medizinischen Primärversorgung und sollte bereits im Studium Beachtung finden. Seminarteilnehmer profitieren stark von interdisziplinären Seminargruppen.