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Hygienekompetenz: Kompetenzerfassung durch einen Situational Judgement Test
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Published: | September 20, 2019 |
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Einleitung: Bislang werden zur Erfassung von Hygienekompetenz vor allem Selbsteinschätzungs-Fragebögen zum Hygienewissen und -handeln verwendet. Dadurch kann jedoch bestenfalls eine selbstberichtete Kompetenz erhoben werden. Um zu erfassen, wie kompetent klinische tätige Personen Hygiene im Arbeitsalltag umsetzen, stellt sich die Frage, wie gut eine selbstberichtete Kompetenz die reale Kompetenz abbilden kann. Alternativ zu einem Selbsteinschätzungs-Fragebogen kann ein Situational Judgement Test zum Einsatz kommen. Dieses Testdesign beinhaltet verschiedene Vorteile:
- 1.
- Validität als Prädiktor für Job-Performance,
- 2.
- valide Messungen mit geringeren Subgruppen-Unterschieden, und
- 3.
- Augenschein-/Inhaltsvalidität durch die Verwendung berufsalltagsnaher Situationsbeschreibungen [1].
Mit dem vorliegenden Beitrag möchten wir die Entwicklung eines Situational Judgement Tests beschreiben, um handlungsbezogenes Hygiene-Wissen sichtbar zu machen. Als Grundlage dienen dabei die Kompetenzdimensionen Fachwissen und Handlungsweisen aus dem Hygienekompetenzmodell von Gartmeier et al. [2].
Material und Methoden: Auf Basis einer Expertenbefragung wurden 20 Bildvignetten (Items im Situational Judgement Test) generiert, die Situationen aus dem Berufsalltag von klinisch Tätigen (Medizin und Pflege) darstellen und einen Verstoß gegen Hygienerichtlinien enthalten, zum Beispiel "fehlende Handschuhe". In einer Pilotierungsstudie wurden N=73 Probanden*innen an einem Universitätsklinikum in Süddeutschland gebeten, auf den präsentierten Bildvignetten Hygienefehler zu identifizieren. Dafür müssen die Proband*innen vorhandenes Fachwissen auf eine Handlungssituation anwenden. Die Antworten wurden von zwei Ratern anhand einer Musterlösung kodiert und anschließend IRT-skaliert.
Ergebnisse: Es liegt eine hohe Inter-Rater-Reliabilität vor (Krippendorff’s α=0.86). Nach Entfernung eines Items liegt für die Splitkriterien Rohscore-Median, Alter und Geschlecht Konformität mit dem dichotomen Rasch-Modell vor. Die Items scheinen demnach vor allem den unteren und mittleren Schwierigkeits-/Fähigkeitsbereich reliabel zu erfassen.
Schlussfolgerung: Der entwickelte Situational Judgement Test mit 19 Items zur Hygienekompetenz ist in der Lage, Kompetenzunterschiede abzubilden und scheint eine vielversprechende Alternative zu einem Fragebogenformat mit Selbsteinschätzung zu sein. Das Erhebungsformat ist interprofessionell einsetzbar. Für den oberen Fähigkeitsbereich werden aktuell weitere Items entwickelt. Zum Zeitpunkt der Konferenz werden Daten aus einer größeren Stichprobe (ca. N=200) vorliegen.
Literatur
- 1.
- Whetzel DL, McDaniel MA. Situational judgment tests: An overview of current research. Hum Res Manag Rev. 2009;19(3):188-202. DOI: 10.1016/j.hrmr.2009.03.007
- 2.
- Gartmeier M, Baumgartner M, Burgkart R, Heininger S, Berberat P. Warum Handhygiene nicht genügt: Modellierung der Hygienekompetenz klinischen Personals als Grundlage für deren Förderung und Assessment. GMS J Med Educ. 2019;36(4):Doc39. DOI: 10.3205/zma001247