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Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Lehre (CAL)

25.09. - 28.09.2019, Frankfurt am Main

Famulatur in einer Erstaufnahmestelle für Geflüchtete: Erfahrungen, Lernzuwachs und psychische Belastung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christoph Nikendei - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • Hans-Christoph Friederich - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • David Kindermann - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland

Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Lehre (CAL). Frankfurt am Main, 25.-28.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV11-08

doi: 10.3205/19gma088, urn:nbn:de:0183-19gma0883

Published: September 20, 2019

© 2019 Nikendei et al.
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Hintergrund: Aufgrund der weltweit steigenden Zahl an Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, werden für künftige Generationen von Ärzten zunehmend Themen der globalen und kultursensitiven Gesundheitsversorgung relevant werden. Lehrveranstaltungen und Praxiseinsätze zu „Global Health“ und insbesondere der medizinischen Versorgung von Geflüchteten sind im Medizinstudium jedoch selten. Außerdem ist bislang unklar, welchen psychischen Belastungen Medizinstudenten ausgesetzt sind, die mit körperlichen und psychischen Erkrankungen geflüchteter Menschen konfrontiert sind. Die vorliegende Studie untersuchte daher die Erfahrungen, den Lernzuwachs und mögliche psychische Belastungen bei Famulanten in der Ambulanz einer Erstaufnahmestelle für Geflüchtete.

Methodik: Es handelt sich um eine prospektive Studie im Mixed-Methods Ansatz, welche n=17 Famulanten einschloss. Dabei wurde die psychische Belastung vor und nach der Famulatur mittels psychometrischer Fragebögen zur Depressivität (PHQ-9) und Symptomen der Angst (GAD-7) erhoben. Nach dem Einsatz erfolgte ein Screening auf eine mögliche Sekundärtraumatisierung (FST). Die subjektiv als wertvoll erlebten Lernerfahrungen („teachable moments“) wurden mit Lerntagebüchern erfasst und die persönlichen Eindrücke in qualitativen Interviews in einem Prä-Post-Design untersucht.

Ergebnisse: Nach dem Einsatz konnte bei 23,5% der Studenten Depressivität und bei 5,8% Angstsymptomatik identifiziert werden. Hinsichtlich der Punktwerte für Depressivität und Angstsymptomatik zeigte sich nach der Famulatur kein signifikanter Unterschied zu den im Vorfeld erhobenen Werten. Eine Sekundärtraumatisierung der Studenten konnte nicht festgestellt werden. Eine Detailanalyse der im Tagebuch festgehaltenen Lernerfahrungen wird differenziert nach der Bloomschen Taxonomie und einer qualifizierten Zuteilung zu den „CanMeds“-Rollen präsentiert werden. Die Interviews werden inhaltsanalytisch entsprechend der Methode nach Mayring ausgewertet werden.

Diskussion: Die Famulatur in der Erstaufnahmestelle ging für die Studenten mit keinen signifikanten Veränderungen der psychischen Belastung einher. Darüber hinaus konnten die Medizinstudenten sowohl ihre medizinischen Kenntnisse im Kontext der Globalisierung, als auch ihren kulturellen Horizont erweitern.