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22. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

24. - 26.02.2021, digital

Choosing-Wisely-Top-5-Liste der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin: Auswahlprozess und Erwartungen an die Kampagne

Meeting Abstract

  • Anna Glechner - Donau-Universität Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Österreich
  • Susanne Rabady - Karl Landsteiner Privatuniversität, Deparment für Allgemeine Gesundheitsstudien, Kompetenzzentrum für Allgemein- und Familienmedizin, Österreich
  • Herbert Bachler - Medizinische Universität Innsbruck, Institut für Allgemeinmedizin, Innsbruck, Österreich
  • Christoph Dachs - Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Österreich
  • Maria Flamm - Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Österreich
  • Reinhold Glehr - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • Kathryn Hoffmann - Medizinische Universität Wien, Institut für Allgemein- und Familienmedizin und Zentrum für Public Health, Wien, Österreich
  • Renate Hoffmann-Dorninger - Medizinische Universität Wien, Institut für Allgemein- und Familienmedizin und Zentrum für Public Health, Wien, Österreich
  • Gustav Kamenski - Karl Landsteiner Privatuniversität, Deparment für Allgemeine Gesundheitsstudien, Kompetenzzentrum für Allgemein- und Familienmedizin, Österreich; Karl Landsteiner Gesellschaft, Institut für Systematik in der Allgemeinmedizin, Österreich
  • Matthias Lutz - Medizinische Universität Innsbruck, Institut für Allgemeinmedizin, Innsbruck, Österreich
  • Stephanie Poggenburg - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • Wilfried Tschiggerl - Österreichisches Institut für Allgemeinmedizin, Österreich
  • Karl Horvath - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich

Who cares? – EbM und Transformation im Gesundheitswesen. 22. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. sine loco [digital], 24.-26.02.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21ebmPS-4-04

doi: 10.3205/21ebm076, urn:nbn:de:0183-21ebm0769

Published: February 23, 2021

© 2021 Glechner et al.
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Hintergrund/Fragestellung: Medizinische Überversorgung ist in den Industrieländern zu einem großen Problem geworden und birgt bekanntermaßen Gesundheitsrisiken. In vielen Ländern wurde eine Kampagne gestartet, um Überversorgung zu vermeiden.

Ziel: Erstellung einer Top-5-Liste mit Empfehlungen für die den Fachbereich Allgemein- und Familienmedizin mit einer Analyse der Auswahlkriterien der Experten sowie ihre Erwartungen an die Kampagne.

Methoden: Die Experten der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin wählten die Top-5-Liste in zwei Delphi-Runden aus. Anschließend untersuchten wir mit einem Fragebogen die Gründe für die Auswahl der Empfehlungen.

Ergebnisse: Drei der ausgewählten Empfehlungen befassen sich mit der Frage des Antibiotika-Einsatzes: die erste Empfehlung betrifft die Antibiotika-Gabe bei Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege, eine weitere Empfehlung umfasst die „watch and wait-Option“ bei Kindern mit leichter Otitis media und die dritte Empfehlung handelt davon, dann Antibiotika bei Patienten mit asymptomatischer Bakteriurie vermieden werden sollten. Zwei Empfehlungen befassen sich mit diagnostischen Tests (keine Bildgebungsstudien für unspezifische Kreuzschmerzen und keine Routineuntersuchungen zum Nachweis von Prostatakrebs). Unsere Umfrage über die Gründe für die Auswahl der Empfehlung zeigte, dass die Häufigkeit des Problems in der Praxis und der potenzielle Schaden wichtige Gründe für die Auswahl waren. Druck auf Hausärzte durch Patienten und Spezialisten sowie die Angst vor Rechtsstreitigkeiten wurden als wichtige Auslöser für die Entscheidungsfindung identifiziert.

Schlussfolgerung: Nicht notwendige Antibiotika-Anwendung ist ein ernstes Problem und trägt zu medizinischer Überversorgung in der Hausarztpraxis bei. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Überdiagnostik. Eine gut konzipierte Kampagne hat das Potenzial, den Zeitaufwand für die Patientenaufklärung zu reduzieren und könnte ein Mittel sein, den Druck auf klinische Entscheidungen zu minimieren. Zusätzlich sollten HausärztInnen mehr Zeit zur Verfügung stehen, um Patienten über nicht notwendige Maßnahmen aufzuklären.