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Choosing-Wisely-Top-5-Liste der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin: Auswahlprozess und Erwartungen an die Kampagne
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Veröffentlicht: | 23. Februar 2021 |
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Hintergrund/Fragestellung: Medizinische Überversorgung ist in den Industrieländern zu einem großen Problem geworden und birgt bekanntermaßen Gesundheitsrisiken. In vielen Ländern wurde eine Kampagne gestartet, um Überversorgung zu vermeiden.
Ziel: Erstellung einer Top-5-Liste mit Empfehlungen für die den Fachbereich Allgemein- und Familienmedizin mit einer Analyse der Auswahlkriterien der Experten sowie ihre Erwartungen an die Kampagne.
Methoden: Die Experten der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin wählten die Top-5-Liste in zwei Delphi-Runden aus. Anschließend untersuchten wir mit einem Fragebogen die Gründe für die Auswahl der Empfehlungen.
Ergebnisse: Drei der ausgewählten Empfehlungen befassen sich mit der Frage des Antibiotika-Einsatzes: die erste Empfehlung betrifft die Antibiotika-Gabe bei Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege, eine weitere Empfehlung umfasst die „watch and wait-Option“ bei Kindern mit leichter Otitis media und die dritte Empfehlung handelt davon, dann Antibiotika bei Patienten mit asymptomatischer Bakteriurie vermieden werden sollten. Zwei Empfehlungen befassen sich mit diagnostischen Tests (keine Bildgebungsstudien für unspezifische Kreuzschmerzen und keine Routineuntersuchungen zum Nachweis von Prostatakrebs). Unsere Umfrage über die Gründe für die Auswahl der Empfehlung zeigte, dass die Häufigkeit des Problems in der Praxis und der potenzielle Schaden wichtige Gründe für die Auswahl waren. Druck auf Hausärzte durch Patienten und Spezialisten sowie die Angst vor Rechtsstreitigkeiten wurden als wichtige Auslöser für die Entscheidungsfindung identifiziert.
Schlussfolgerung: Nicht notwendige Antibiotika-Anwendung ist ein ernstes Problem und trägt zu medizinischer Überversorgung in der Hausarztpraxis bei. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Überdiagnostik. Eine gut konzipierte Kampagne hat das Potenzial, den Zeitaufwand für die Patientenaufklärung zu reduzieren und könnte ein Mittel sein, den Druck auf klinische Entscheidungen zu minimieren. Zusätzlich sollten HausärztInnen mehr Zeit zur Verfügung stehen, um Patienten über nicht notwendige Maßnahmen aufzuklären.