gms | German Medical Science

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Nutzen-Aussagen zu diagnostischen Tests ohne RCT? Beispiel für ein alternatives Vorgehen

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Stephan Rieks - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Essen, Deutschland
  • Kerstin Lipperheide - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Essen, Deutschland
  • Corina Preuß - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Essen, Deutschland
  • Sandra Janatzek - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Essen, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmP5d

doi: 10.3205/15ebm082, urn:nbn:de:0183-15ebm0824

Published: March 3, 2015

© 2015 Rieks et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License. You are free: to Share - to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Der patientenrelevante Nutzen zweier diagnostischer Verfahren wird in der Regel in randomisierten kontrollierten Studien verglichen, in denen die Effekte der Verfahren auf patientenrelevante Endpunkte untersucht werden. Zur Nutzenbewertung des immunologischen Stuhltests (iFOBT) im Vergleich zum Guajak-basierten Stuhltest (gFOBT) – Tests zur Darmkrebsfrüherkennung, die beide okkultes Blut im Stuhl nachweisen – lagen keine RCTs vor. Aus diesem Grund wurde auf Daten zur diagnostischen Güte zurückgegriffen; das systematische Review ist hier abrufbar:
http://www.sindbad-mds.de/infomed/sindbad.nsf/0/c045b49df5a1831cc1257ceb0035f363/$FILE/MDS_GA_Stuhltests_2014.pdf

Methoden: Daten zur diagnostischen Güte des gFOBTs und des iFOBTs wurden aus den Ergebnissen von Phase-III-Diagnosestudien gewonnen (Durchführung von gFOBT, iFOBT und Koloskopie als Goldstandard bei allen Screeningteilnehmern). Um auf Basis dieser Daten Aussagen zum Nutzen ableiten zu können, wurden mehrere Annahmen getroffen. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass ein Screeningprogramm mit einem gFOBT einen patientenrelevanten Nutzen liefert. Ferner wurde auf Grund desselben Testprinzips angenommen, dass die vom gFOBT und die vom iFOBT identifizierten Patienten im gleichen Maße von einer Abklärungskoloskopie und einer möglichen Behandlung profitieren. Eine weitere Annahme war, dass die Konsequenzen falsch-negativer Befunde schwerer wiegen als die Konsequenzen falsch-positiver Befunde. Somit wurde bei Vorliegen einer überlegenen Sensitivität bei gleichzeitig unterlegener Spezifität die überlegene Sensitivität höher gewertet und ein überlegener Nutzen abgeleitet.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der identifizierten Phase-III-Diagnosestudien zeigten eine überlegene diagnostische Güte des iFOBT im Vergleich zum gFOBT. Auf Grund der zuvor aufgestellten Annahmen wurde insgesamt ein überlegener Nutzen des iFOBT abgeleitet. Das von uns gewählte Vorgehen ist nicht auf alle Diagnose-Fragestellungen übertragbar, sondern nur in Situationen anwendbar, in denen plausible Annahmen getroffen werden können, die nahelegen, dass aus Ergebnissen zur diagnostischen Güte Nutzenaussagen ableitbar sind.

Schlussfolgerungen: Liegen keine RCTs zur Bewertung des Nutzens vor, ist es unter bestimmten Voraussetzungen und zuvor aufgestellten Annahmen möglich, Nutzenaussagen aus Ergebnissen zur diagnostischen Güte abzuleiten.