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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Einsamkeit und soziale Partizipation bei Menschen mit Demenz – eine Querschnittsanalyse aus der InDePendent-Studie

Meeting Abstract

  • Fabian Kleinke - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland
  • Annelie Scharf - Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Rostock/Greifswald, Deutschland
  • Bernhard Michalowsky - Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Rostock/Greifswald, Deutschland
  • Anika Rädke - Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Rostock/Greifswald, Deutschland
  • Neeltje van den Berg - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland
  • Wolfgang Hoffmann - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf476

doi: 10.3205/24dkvf476, urn:nbn:de:0183-24dkvf4765

Published: September 10, 2024

© 2024 Kleinke et al.
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Text

Hintergrund: Derzeit leben in Deutschland ca. 1,8 Millionen Menschen mit Demenz (MmD). Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen wird sich die Anzahl an MmD bis zum Jahr 2033 auf bis zu 2 Mio. erhöhen. MmD weisen aufgrund ihrer Alltagseinschränkungen eine geringere soziale Teilhabe auf und sind häufiger von sozialer Isolation und Einsamkeit betroffen. Diese Faktoren sind wiederum mit einer geringeren gesundheitsbezogenen Lebensqualität assoziiert. Durch die Zunahme der Prävalenz von MmD gewinnt die Entwicklung von effektiven Maßnahmen zur Prävention von Einsamkeit und sozialer Isolation an Bedeutung.

Zielsetzung: Analyse der Prävalenz von Einsamkeit und der sozialen Partizipation bei zu Hause lebenden MmD.

Methode: Aus der multizentrischen Interventionsstudie InDePendent (FK: 01NVF18034) wurden Baselinedaten von n=421 MmD ausgewertet. Einsamkeit wurde als Selbsteinschätzung aus der Perspektive der MmD mit der standardisierten Skala von de Jong Gierveld erhoben. Zusätzlich beantworteten die MmD Fragen zur Teilnahme an sozialen Aktivitäten wie Sport- oder Freizeitkursen sowie Aktivitäten in Vereinen. Einflussfaktoren für Einsamkeit wurden in einem linear gemischten Modell analysiert.

Ergebnisse: Die MmD waren im Mittel 80,6 Jahre alt (SD=6,7) und mehrheitlich weiblich (56%). Knapp ein Drittel (29%) der Probanden gab an, moderat oder stark von Einsamkeit betroffen zu sein, wobei es trotz unterschiedlicher Lebenssituation (alleinlebend), keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab (p=0,116). 27% der MmD nahmen regelmäßig an mindestens einer sozialen Aktivität pro Woche teil. Die häufigsten sozialen Aktivitäten waren Hobbyclubs, kirchliche Aktivitäten oder sportliche Betätigungen. Soziale Partizipation und Einsamkeit korrelierten schwach miteinander, Spearmans ρ(rho)=0,114, p=0,33. MmD waren am häufigsten einsam (35%), wenn sie an keiner sozialen Aktivität teilnahmen. Alle MmD, die angaben, sich sehr stark einsam zu fühlen, nahmen an keiner sozialen Aktivität teil. MmD waren seltener von Einsamkeit betroffen, wenn sie einen Angehörigen (b=-0,75, p=0,009) sowie ein hohes Maß an sozialer Unterstützung im Umfeld hatten (b=-2,79, p<0,001). Zudem war Angst/ Niedergeschlagenheit mit einer Zunahme an Einsamkeit verbunden (b=0,37, p=0,028).

Implikation für (Versorgungs-)Praxis: Einsamkeit und ein Mangel an sozialer Partizipation sind häufig bedeutsame Begleiterscheinungen in älteren Bevölkerungsgruppen. Insbesondere bei MmD kann Einsamkeit den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität negativ beeinflussen. Die zugrunde liegende Annahme ist, dass MmD aufgrund ihrer Erkrankung in ihren Möglichkeiten sozial zu partizipieren, eingeschränkt sind und dementsprechend stärker gefährdet sind sozial isoliert und einsam zu sein. Eine strukturierte Erfassung der Lebens- und Versorgungssituation von MmD bietet die Möglichkeit, gezielt Maßnahmen zur Vermeidung von Einsamkeit zu implementieren. Insbesondere MmD ohne PartnerIn oder soziale Unterstützung im persönlichen Umfeld waren einsam. Daher ist die frühzeitige Erkennung von Einsamkeit bei MmD eine wesentliche Basis für gezielte Interventionen und damit möglicherweise einen besseren Krankheitsverlauf und eine höhere Lebensqualität.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: InDePendent; Fördernummer: 01NVF18034