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Umsetzungspotential einer komplexen Intervention für MS-Erkrankte in der ambulanten Versorgung – Ergebnisse aus Interviews mit teilnehmenden Leistungserbringenden im Innovationsfondsprojekt MSnetWork
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Im Rahmen der neuen Versorgungsform (nVF) MSnetWork erhalten an Multipler Sklerose Erkrankte ein Bündel an Interventionsangeboten mit dem Ziel, die Arbeitsfähigkeit und Teilhabe positiv zu beeinflussen. Hierbei werden Leistungen von neurologischen Praxen, Arbeitsmedizinern und Reha-Medizinern erbracht, die durch die neurologischen Praxen initiiert und koordiniert werden.
Zielsetzung: Auf Basis der in MSnetWork gesammelten Erfahrungen werden Einschätzungen der Leistungserbringer zur Umsetzbarkeit in die Regelversorgung untersucht, und dabei fördernde und hemmende Faktoren identifiziert.
Methode: Für die 30- bis 60-minütigen leitfadengestützten Interviews via Zoom wurden jeweils alle
- 1.
- an MSnetWork-teilnehmenden neurologischen Facharztpraxen, die aktiv Patienten rekrutiert haben, mit jeweils einem ärztlichen und nicht-ärztlichen Vertreter (n=72),
- 2.
- teilnehmende neurologische Praxen ohne Patienteneinschluss (n=15),
- 3.
- kooperierende Reha-Mediziner (n=5) und
- 4.
- Arbeitsmediziner mit dokumentiertem Kontakt zu mindestens einem MSnetWork-Patienten (n=8) eingeladen.
Die Interviews adressierten dabei u.a. die Gründe zur Teilnahme am Versorgungsprojekt, Aspekte der Vorbereitung und des Patienteneinschlusses. Darüber hinaus wurden aktuelle Hürden und notwendige Anpassungsbedarfe für eine Überführung in die Regelversorgung abgefragt. Die Durchführung der Interviews erfolgte im Zeitraum vom 23.10.23 bis 15.03.24. Die aufgezeichneten Interviews wurden transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 40 Interviews (neurologische Praxen mit Patienten: 26; ohne Patienten: 1; Reha-Mediziner: 5, Arbeitsmediziner: 8) durchgeführt. Die Mehrzahl der teilnehmenden Leistungserbringer sieht in der nVF die Chance für eine verbesserte Patientenversorgung und die Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit. Deutlich wird, dass die Interviewten sich insgesamt zwar gut auf die Umsetzung vorbereitet fühlten, Fragen und Unsicherheiten dann jedoch regelmäßig auftauchten und eine Rücksprache mit der Projektleitung erforderten. Die Interviews zeigten, dass viele neurologische Praxen zurzeit nicht das gesamte Interventionsbündel in MSnetWork anbieten bzw. anbieten können, da entweder projektbedingte Voraussetzungen, wie spezifische Schulungen, nicht erfüllt werden, keine personellen und zeitlichen Kapazitäten zur Verfügung stehen, oder kein Bedarf gesehen bzw. einzelne Maßnahmen von den Patienten nicht genutzt werden. Die Mehrheit der Befragten bestätigt einen Bedarf für die Überführung in die Regelversorgung, sieht aber Aspekte wie fehlende zeitliche Kapazitäten und die fehlende Abbildbarkeit im bestehenden Abrechnungssystem als entscheidende Hürden an.
Implikationen: Wenngleich sich die Leistungserbringer einen verbesserten interprofessionellen Austausch wünschen, so gestaltet sich dieser bei begrenzten zeitlichen Ressourcen schwierig. Eindeutige und klar kommunizierte Prozessabläufe zum Interventionsstart sind Voraussetzung für die reibungslose Umsetzung. Außerhalb des Projektkontextes fehlen derzeit Abrechnungsmöglichkeiten, insbesondere für Leistungen, die durch nicht-ärztliches Personal erbracht werden. Für die langfristige Überführung einer komplexen Intervention wie MSnetWork muss sichergestellt werden, dass solche adäquaten Abrechnungsmöglichkeiten existieren oder geschaffen werden.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: MSnetWork – Netzwerk zur Stärkung der Teilhabe von chronisch Kranken am Beispiel von MS; Fördernummer: 01NVF20025