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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Multizentrische Erprobung eines Behandlungspfades für Bauchschmerzpatient:innen in der Notaufnahme. Ergebnisse der qualitativen Prozessevaluation

Meeting Abstract

  • Andreas Wagenknecht - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Berlin, Deutschland
  • Katharina Verleger - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Berlin, Deutschland
  • Britta Stier - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin, Berlin, Deutschland
  • Antje Fischer-Rosinský - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin, Berlin, Deutschland
  • Anna Slagman - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin, Berlin, Deutschland
  • Martin Möckel - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin, Berlin, Deutschland
  • Liane Schenk - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Berlin, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf466

doi: 10.3205/24dkvf466, urn:nbn:de:0183-24dkvf4669

Published: September 10, 2024

© 2024 Wagenknecht et al.
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Hintergrund: Atraumatische Bauchschmerzen sind einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der Notaufnahme. Mit der „Abdominal Pain Unit“ (APU) wurde ein standardisierter Behandlungspfad inkl. einer elektronischen Unterstützung in Form einer App entwickelt, implementiert und evaluiert. Die neue APU-Behandlungspfad soll das Management der diagnostisch besonders herausfordernden Population der Patient*innen mit atraumatischenr Bauchschmerzen von der symptomatischen Vorstellung bis zur Diagnosestellung und Weiterbehandlung strukturieren und damit die Versorgungsqualität insgesamt verbessern.

Zielsetzung: Rekonstruktion hemmender und fördernder Faktoren bei der Umsetzung der APU-Intervention aus der Perspektive der Versorger*innen und Patient*innen

Methode: Der Beitrag basiert auf einem qualitativen Modul der Mixed Methods-Evaluation des APU-Pfads. Es wurden 36 Expert*inneninterviews mit APU-erfahrenen Ärzt*innen durchgeführt. Mittels Dokumentarischer Methode wurde das handlungsleitende Orientierungswissen und typische Einstellungen der Ärzt*innen sowie die aus ihrer Sicht vorliegenden hemmenden und fördernden Faktoren der Intervention rekonstruiert. Außerdem wurden 25 Patient*innen und deren gesamter Notaufnahme-Aufenthalt teilnehmend beobachtet. In den Protokollen wurden alle Interaktionen, diagnostischen Maßnahmen und Behandlungsschritte sowie der organisatorische Kontext festgehalten.

Ergebnisse: In den Interviews dokumentieren sich unterschiedliche Einstellungen zum implementierten Behandlungspfad und der digitalen Unterstützung. Je nach Umfang an Arbeitserfahrung und beruflicher Position wird der Innovationscharakter der Intervention unterschiedlich bewertet. Neuerungen werden eher im Detail wahrgenommen. In der Versorgungspraxis wird die digitale Technik unterschiedlich genutzt, z.B. während oder am Ende der Behandlung. Neben Erfahrung und beruflicher Position spielen hier auch idealtypische Vorstellungen gelungener Interaktionen mit Patient:innen eine Rolle. Durch die teilnehmenden Beobachtungen des Notaufnahme-Aufenthaltes der Patient*innen und des konkreten Versorgungsprozess konnten Besonderheiten der Implementation des Pfades rekonstruiert werden. Praktische Bedingungen, die die Umsetzung des Behandlungspfades beeinflussen sind: die Prozessdynamik von Symptomen und Schmerzen, die pragmatische Vorwegnahme von Behandlungsschritten (Pfadabweichung) und die begrenzte Verfügbarkeit von Ressourcen der Bildgebung. Zuletzt konnte eine verbesserte Kommunikation über die Abläufe an die Patient*innen beobachtet werden.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Implementierung eines strukturierten Behandlungspfades, der die Versorgung standardisieren und digitalisieren soll, trifft in zweierlei Hinsichten auf dynamische und heterogene Kontextbedingungen. Einerseits sind es die Wissens- und Erfahrungshintergründe sowie je nach beruflicher Position sich unterscheidende Einstellungen und Handlungsorientierungen der Versorger*innen, die einen Implementierungsprozess beeinflussen. Andererseits ist das reale Versorgungsgeschehen durch eine Vielzahl komplexer Prozessdynamiken gekennzeichnet. Für die erfolgreiche Entwicklung und Implementation von innovativen Versorgungskonzepten sind diese Ebenen des realen Versorgungsgeschehens zu berücksichtigen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: APU – Die Abdominal Pain Unit: Standardisierte strukturierte Versorgung von Patienten mit Atraumatischen Bauchschmerzen in der Notaufnahme; Fördernummer: 01NVF19025