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Bürokratische Belastungen und Bewältigungsstrategien zur Erhaltung der Gesundheit von Führungskräften: Eine qualitative Untersuchung
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Bürokratie wird durch eng definierte Regeln und Vorschriften charakterisiert [1], [2]. Die (potenziell) destruktive Wirkung von Bürokratie oder von wahrgenommener Überregulation wird bereits in Meinungspapieren dargestellt [3], [4], [5], [6]. Eine Untersuchung zeigt beispielsweise, dass Bürokratie Aktivitäten in der medizinischen Forschung einschränken kann [7].
Zielsetzung: Ziel war es zu untersuchen, wie Führungskräfte Bürokratie wahrnehmen. Es wurde auch der Frage nachgegangen, welche Bewältigungsstrategien und Ressourcen von Bedeutung zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und Arbeitsmotivation sind.
Methode: Es wurden leitfadengestützte Interviews mit Führungskräften aus dem deutschen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen durchgeführt, die bei bürokratischer Anforderungen motiviert sowie gesund waren (Selbsteinschätzung). Die Interviews wurden transkribiert und mittels der Grounded Theory iterativ ausgewertet (MAXQDA).
Ergebnisse: Die Führungskräfte (n=16) hatten größtenteils einen negativen Blick auf die Bürokratie und beschrieben eine kontinuierliche Zunahme der bürokratischen Anforderungen seit Stellenantritt. Die Bürokratie schien häufig nicht als Teil der „eigentlichen Arbeit“, sondern vielmehr als „notwendiges Übel“ wahrgenommen zu werden. Im Umgang mit der Bürokratie bilden sich drei Kategorien ab:
- 1.
- Ausweichmechanismen,
- 2.
- Anpassungsprozesse,
- 3.
- Hinnahme (inkl. Zynismus).
Während wenige Führungskräfte keinen Einfluss der Bürokratie auf die wahrgenommene Gesundheit beschrieben, schildern andere einen negativen Zusammenhang. Eine dritte Gruppe betont, dass die Bürokratie das „Fass zum Überlaufen“ bringen kann. In Bezug auf Ressourcen und Bewältigungsmechanismen wurden welche aus dem beruflichen Kontext und privaten Umfeld genannt sowie persönliche Ressourcen. Sinnhaftigkeit und Selbstwirksamkeit stellten sich als zentrale Ressourcen heraus: Inwieweit diese trotz bürokratischer Anforderungen vorliegen bzw. durch die Anforderungen eingeschränkt werden, scheint wesentlich für die Bewertung.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Bürokratie scheint die wahrgenommene Gesundheit hauptsächlich negativ zu beeinflussen. Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung sollten entwickelt werden. Der kurzfristig als zielführend wahrgenommene Bewältigungsmechanismus der Hinnahme sollte als langfristiger Risikofaktor eines Burnouts (Dimension Zynismus) untersucht werden.
Förderung: Sonstige Förderung; Projektname: Bürokratie und Führungsmotivation
Literatur
- 1.
- Weber M. Bureaucracy. In: Longhofer W, Winchester D, editors. Social theory re-wired: New connections to classical and contemporary perspectives. Routledge; 2016.
- 2.
- Bush T. Distributed leadership and bureaucracy: Changing fashions in educational leadership. Educational Management Administration & Leadership. 2018;47(1):3-4. DOI: 10.1177/1741143218806704
- 3.
- Scott VJ. Advanced clinical practice: is it worth the bureaucracy? Br J Nurs. 2021 Jan;30(2):109. DOI: 10.12968/bjon.2021.30.2.109
- 4.
- Patel K. Bureaucracy holds the NHS back. BMJ. 2013 Jul;347:f4624. DOI: 10.1136/bmj.f4624
- 5.
- Johansson J. Battling the bureaucracy hydra. Science. 2016 Jan;351(6272):530. DOI: 10.1126/science.351.6272.530
- 6.
- Gunderman RB, Lynch JW. How Bureaucracy Can Foster Burnout. J Am Coll Radiol. 2018 Dec;15(12):1803-5. DOI: 10.1016/j.jacr.2018.06.015
- 7.
- Rule S, LeGouill S. Bureaucracy is strangling clinical research. BMJ. 2019 Mar;364:l1097. DOI: 10.1136/bmj.l1097