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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Partizipative Entwicklung eines KI-Systems zur Delirprädiktion: Erfahrungen aus der Bedarfserhebung mit einem Mixed-Methods Ansatz

Meeting Abstract

  • Tabea Rambach - Furtwangen University, Furtwangen im Schwarzwald, Deutschland
  • Patricia Gleim - Uniklinik Freiburg - Human-Technology Interaction Lab, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Christophe Kunze - Furtwangen University, Furtwangen im Schwarzwald, Deutschland
  • Philipp Kellmeyer - Uniklinik Freiburg - Human-Technology Interaction Lab, Freiburg im Breisgau, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf404

doi: 10.3205/24dkvf404, urn:nbn:de:0183-24dkvf4042

Published: September 10, 2024

© 2024 Rambach et al.
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Text

Hintergrund: Im Projekt steht die partizipative Entwicklung eines hybriden KI-Systems zur Delirprädiktion im Fokus. Der partizipative Ansatz fördert die praxisrelevante Gestaltung und Entwicklung und dadurch Vertrauen und Akzeptanz in der Implementierungsphase.

Zielsetzung: Dieser Beitrag hat zum Ziel, das partizipative Vorgehen während der Bedarfserhebung zu beschreiben, methodisch zu reflektieren und dessen Bedeutung aufzuzeigen.

Methode: Ausgehend vom Ansatz der partizipativen Technikentwicklung wurde zur Bedarfserhebung ein Workshop mit Pflegefachpersonen durchgeführt. Der Workshop beruhte auf einem Mixed-Methods Ansatz, der eine Integration und Anpassung qualitativer Methoden aus der Sozialforschung (wie Fallvignetten, Health Information Mapping (HIMP) und Fokus Gruppen), Designforschung (Techno-Mimesis) und Psychologie (Cognitive-Affective Mapping (CAM)) umfasste. Im Sinne des teilhabeorientierten Vorgehens wurden die Ergebnisse des Workshops in Einzelinterviews mit Pflegefachpersonen und Ärzt:innen reflektiert und um weitere Aspekte ergänzt und vertieft. Die Erkenntnisse der partizipativen Aktivitäten wurden im Anschluss gemeinsam mit den technisch-wissenschaftlichen Partner:innen diskutiert und die technischen Möglichkeiten ausgelotet.

Ergebnisse und Diskussion: Die Fallvignetten erfassten die Wahrnehmung der Pflegefachpersonen zu typischen und untypischen Delirfällen, förderten den abteilungsübergreifenden Austausch, deckten Verzerrungen hin zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für hyperaktive Delirfälle auf sowie geschlechterbezogene Verzerrungen in der Wahrnehmung deliranter Patient:innen. Das HIMP identifizierte praxisrelevante Informationen zur Delir-Erkennung sowie Bereiche, in denen es zu Informationsverlusten kommt. Während die Techno-Mimesis die Mensch-KI-Interaktion erlebbar machte und dabei half, ethische Spannungen aufzudecken, unterstützte die Gruppendiskussion bei der Bedarfserkundung für das geplante KI-System und Sicherung der zuvor evozierten Gedanken. CAMs erfassten kognitive und affektive Einstellungsmuster der Teilnehmenden bzgl. der Herausforderungen mit Delir. Zukünftig wäre eine frühere Einführung der CAMs zu erwägen, um Verzerrungen der individuellen Sichtweisen zu vermeiden. Aufzeichnungen der Gruppenpräsentationen während des Workshops würden dazu beitragen, Informationsverluste zu vermeiden. In den Interviews mit den Teilnehmenden, wurden Erkenntnisse des Workshops reflektiertund ergänzt. Dies trug zu präzisen und nuancierten Ergebnissen bei. Die Interviews mit Ärzt:innen zeigten weitere Herausforderungen und Bedürfnisse aus ihrer Perspektive. Der Workshop mit den technisch-wissenschaftlichen Partner:innen integrierte die Erkenntnisse in die weiteren Projektphasen, eruierte nächste Entwicklungsschritte und förderte die zielgruppenorientierten Entwicklung.

Implikation für die Forschung: Die Einbeziehung der späteren Nutzenden in die Bedarfserhebung bei der Entwicklung von KI-Systemen trägt erheblich zu einem vertieften Verständnis der Bedürfnisse der Zielgruppe seitens der Entwickler:innen bei, wodurch eine praxisrelevante Entwicklung sichergestellt wird. Der Mixed-Method Ansatz ermöglichte durch die Methodenvielfalt verschiedene Facetten des Delirs zu beleuchten und förderte somit eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen Delir im klinischen Kontext und einem möglichen KI-System.

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); Projektname: Hybrides KI-System zur Delirprädiktion für die Entlastung der Pflegepraxis (KIDELIR); Fördernummer: 16SV8864