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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Entlastung für Kinder, Eltern und Praxen? - Ergebnisse der Prozessevaluation einer telemedizinischen Intervention im pädiatrischen Notdienst in Nordrhein

Meeting Abstract

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  • Johannes Pollmanns - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Deutschland
  • Raina Schedwill - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf399

doi: 10.3205/24dkvf399, urn:nbn:de:0183-24dkvf3991

Published: September 10, 2024

© 2024 Pollmanns et al.
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Hintergrund: Angebot und Nutzung telemedizinischer Angebote in der ambulanten Versorgung, insbesondere Videosprechstunden, haben während der COVID-19 Pandemie zugenommen. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein unterstütze aufgrund der hohen Belastung pädiatrischer Praxen im Winter 2022/2023 die Eltern erkrankter Kinder indikationsunabhängig durch eine telemedizinische Erstberatung. Diese Intervention wurde im Dezember 2023 und Januar 2024 als Angebot einer Videosprechstunde neu aufgesetzt mit dem Ziel, pädiatrische Notdienstpraxen in Nordrhein zu den Schließzeiten der regulären Praxen durch eine Steuerung der Patientenflüsse zu entlasten. Die Intervention wurde durch eine Prozessevaluation und Patientenbefragung begleitet.

Zielsetzung: Ziel der Evaluation war die Erhebung der Inanspruchnahme, hinderlicher Faktoren, Patientenzufriedenheit und Ergebnisse des Versorgungsprozesses einer pädiatrischen Videosprechstunde im ambulanten Notdienst. Insbesondere für die Winterfeiertage wurde von einer hohen Inanspruchnahme ausgegangen.

Methode: Die Prozessevaluation wurde anhand der ambulanten Abrechnungsdaten aus dem eingesetzten Praxisverwaltungssystem, der Terminbuchungsdaten sowie des Anrufaufkommens beim ärztlichen Bereitschaftsdienst (Patientenservice 116117), von wo die Patienten nach standardisierter Ersteinschätzung in die Videosprechstunde gesteuert werden konnten, durchgeführt. Wahrnehmung und Ergebnis des Versorgungsprozesses wurden anhand eines standardisierten, digitalen Surveys erhoben, zu welchem alle Patienten bzw. Eltern der Videosprechstunde eingeladen wurden. Die Ergebnisse wurden deskriptiv analysiert, räumliche Unterschiede mittels Funnel Plots betrachtet.

Ergebnisse: Im Interventionszeitraum wurden 2015 Videosprechstunden durchgeführt, die meisten davon (182) am 25.12.2023. Zwischen den nordrheinischen Städten und Kreisen wurden in Funnel Plots signifikante Unterschiede in der Inanspruchnahme festgestellt. Über die 116117 konnte für die Videosprechstunde eine Wartezeit von 1:04 Minuten und eine Erreichbarkeit der Rufnummer von 94,3% realisiert werden. Über die Hälfte der behandelten Patienten war jünger als 4 Jahre, die meisten kodierten Indikationen waren das Symptom Fieber (ICD-Kode R50), akute Infektionen der Atemwege (J06) und Konjunktivitis (H10). 45% der Patienten konnten fallabschließend behandelt, weitere 28% auf die nächsten regulären Öffnungszeiten der Praxen verwiesen werden. 85–88% der Befragungsteilnehmer waren zufrieden oder eher zufrieden mit der Benutzerfreundlichkeit der Software, der Qualität der Verbindung und der Qualität der medizinischen Beratung. 74,5% der Patienten würden die Videosprechstunde an Freunde weiterempfehlen.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Videosprechstunden im kinderärztlichen Notdienst werden zu Zeiten mit vielen Infektionen sehr gut angenommen und tragen zur Entlastung der Notdienstpraxen bei. Es konnte gezeigt werden, dass über ¾ der Patienten aufgrund der Intervention keine Notdienstpraxis aufsuchen mussten. Der Ansatz zur Patientenflusssteuerung sollte in Ausbaustufen weiterverfolgt werden. Denkbar wäre eine automatische Einleitung von Anrufern der 116117 – bei passendem Ergebnis der Ersteinschätzung – in eine Videosprechstunde zur Klärung der Notwendigkeit eines persönlichen Arzt-Patientenkontakts und ggf. Terminvereinbarung in einer Notdienstpraxis.