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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

TeleCare: Partizipative Entwicklung einer digitalen interprofessionellen Visite in der ambulanten Versorgung – Chancen und Herausforderungen

Meeting Abstract

  • Theresa Zürn - Institut für Gesundheitswissenschaften, Abteilung Pflegewissenschaft, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland
  • Isabel Kächele - Institut Mensch, Technik und Teilhabe, Hochschule Furtwangen, Furtwangen im Schwarzwald, Deutschland
  • Hannah Haumann - Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland
  • Andrea Chmitorz - Fakultät für Soziale Arbeit, Bildung und Pflege, Hochschule Esslingen, Esslingen am Neckar, Deutschland
  • Christophe Kunze - Institut Mensch, Technik und Teilhabe, Hochschule Furtwangen, Furtwangen im Schwarzwald, Deutschland
  • Peter König - Institut Mensch, Technik und Teilhabe, Hochschule Furtwangen, Furtwangen im Schwarzwald, Deutschland
  • Cornelia Mahler - Institut für Gesundheitswissenschaften, Abteilung Pflegewissenschaft, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf398

doi: 10.3205/24dkvf398, urn:nbn:de:0183-24dkvf3982

Published: September 10, 2024

© 2024 Zürn et al.
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Hintergrund: Die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in Deutschland findet fast ausschließlich im ambulanten Sektor statt. Rund eine Millionen Menschen wurden im Jahr 2021 in Deutschland durch ambulante Pflegedienste (PD) in ihrer Häuslichkeit versorgt, meist parallel durch hausärztliche Praxen (HA). Die WHO beschreibt interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) als einen entscheidenden Faktor für die Steigerung der Patient:innensicherheit, Versorgungsqualität und Mitarbeitendenzufriedenheit. In Deutschland gibt es bisher allerdings keine etablierten Strukturen, die eine effiziente IPZ zwischen HA und ambulanten PD ermöglichen. Die Versorgung gemeinsamer Patient:innen erfolgt meist nebeneinander bzw. unabhängig voneinander. Die Nutzung digitaler interprofessioneller Visiten hat großes Potenzial, um die Strukturen der IPZ und den Austausch zwischen PD und HA zu verbessern.

Zielsetzung: a) Analyse von förderlichen und hinderlichen Faktoren bei der Implementierung digitaler IPZ in der ambulanten Versorgung und b) Identifikation der Chancen aus der Perspektive der PD und HA.

Methode: Die qualitativen Untersuchungen fanden im Zeitraum von April 2022 bis Januar 2024 statt. Es wurden neun leitfadengestützte Interviews mit Leitungspersonen ambulanter PD (n=5) und Hausärzt:innen (n=4) zur Zusammenarbeit und Kommunikation im ambulanten Setting geführt. Teilnehmende Beobachtungen über den Ablauf der Zusammenarbeit und Kommunikation fanden statt, ebenso wie sechs strukturierte Gruppendiskussionen mit Pflegepersonen und Leitungen ambulanter PD sowie Hausärzt:innen und ihren Mitarbeitenden mit je 3–12 Teilnehmenden. Der Fokus der Gruppendiskussionen lag auf Bedarfen und Herausforderungen mit IPZ sowie dem Umgang mit vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnologien. Alle teilnehmenden PD und HA waren an der Versorgung von gemeinsam in der Häuslichkeit betreuten Patient:innen beteiligt. Eine digitale interprofessionelle Visite wurde im Anschluss erprobt.

Ergebnisse: Die Kommunikation zwischen HA und PD erfolgte meist asynchron via Fax oder direkt per Telefon sowie durch Präsenz von Pflegepersonen der PD in den HA. Gemeinsame Visiten zwischen Pflegepersonen ambulanter PD und Hausärzt:innen in der Häuslichkeit der Patient:innen, unter Einbezug dieser, fanden bisher nur sehr selten statt. Der Grad der IPZ variierte stark und hing von der Initiative von Einzelpersonen in der Versorgung ab. Hinderliche Faktoren einer IPZ waren: unterschiedliche Organisations- und Kommunikationsstrukturen, fehlende Finanzierungsmöglichkeiten der IPZ für PD, begrenzte zeitliche und personelle Ressourcen sowie mangelndes Bewusstsein vom Mehrwert der IPZ und daraus resultierender Nichtwahrnehmung von notwendigen Anlässen zur IPZ. Als förderliche Einflussfaktoren einer IPZ wurden eine gute Erreichbarkeit der HA sowie die Würdigung der Fachkompetenz und Qualifikation der Pflegepersonen benannt.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Es zeigten sich multifaktorielle Herausforderungen die einer IPZ zwischen PD und HA gegenüberstehen. Die flächendeckende Implementierung IPZ bedarf einer strukturellen, politischen und gesellschaftlichen Transformation. Diese Transformation kann nur gelingen indem sich Akteur:innen aktiv beteiligen und gemeinsame Kommunikationsstrukturen und Verantwortlichkeiten für die Zusammenarbeit aushandeln.

Förderung: Sonstige Förderung; Projektname: Etablierung und Evaluation von „TeleCare“. Einführung einer digitalen interprofessionellen Visite zwischen Pflegedienst, hausärztlicher Praxis und Patient:in; Fördernummer: Aktenzeichen: 33-5279.5/9