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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Einstellungen von Medizinstudierenden zum Schwangerschaftsabbruch – eine Querschnitts-Online-Befragung im Rahmen der CarePreg Studie

Meeting Abstract

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  • Anja Lindig - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Mirja Baumgart - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Mareike Thomas - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Jördis Zill - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf395

doi: 10.3205/24dkvf395, urn:nbn:de:0183-24dkvf3952

Published: September 10, 2024

© 2024 Lindig et al.
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Hintergrund: Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 100.000 Schwangerschaftsabbrüche (SABs) durchgeführt. Zwischen 2003 und 2021 hat sich die Zahl an Praxen und Kliniken, die SABs anbieten, von 2.050 auf 1.092 reduziert. Die Bereitschaft von Ärzt:innen, SABs durchzuführen, ist eine Voraussetzung für einen flächendeckenden Zugang zu SABs in Deutschland. Internationale Studien zeigen, dass diese Bereitschaft beeinflusst ist durch Faktoren wie Einstellungen, Angst vor Stigmatisierung, Religiosität und Fähigkeit zur Perspektivübernahme. Zusammenhänge zwischen diesen und anderen Faktoren mit der Verhaltensintention werden auch durch die Intergruppenkontakttheorie und die Theorie des geplanten Verhaltens beschrieben. Deutschlandweit gibt es bisher nur eine neuere qualitative Studie, die Einstellungen von Medizinstudierenden und Gynäkolog:innen gegenüber SABs evaluiert.

Zielsetzung: Ziel dieser Studie ist daher die quantitative Evaluation von Einstellungen von Medizinstudierenden gegenüber SABs sowie die Analyse des Einflusses verschiedener Faktoren auf die Einstellungen auf Basis der Intergruppenkontakttheorie und der Theorie des geplanten Verhaltens.

Methode: Es wurde eine deutschlandweite Online-Befragung durchgeführt. Folgende validierte Skalen wurden eingesetzt:

1.
Abortion Attitude Scale zur Evaluation von Einstellungen gegenüber SABs,
2.
eine Dimension der Revised Abortion Providers Stigma Scale zur Evaluation der Angst vor Stigmatisierung, und
3.
die Jefferson Scale of Physician Empathy for Students.

Des Weiteren wurden einzelne Items aus ähnlichen Studien sowie selbst entwickelte Items zu den Konstrukten Kontakt, Wissen sowie soziodemografische Items (inklusive Religion und Religiosität) eingesetzt. Items und Skalen, die bisher nicht im Deutschen vorlagen, wurden mittels der team translation Methode TRAPD übersetzt und für die Zielgruppe adaptiert. Die Daten wurden mittels deskriptiver Statistik und Regressionsanalysen ausgewertet.

Ergebnisse: Es konnten Daten von 233 Medizinstudierende in die Auswertung eingeschlossen werden. Die Medizinstudierenden sind SABs gegenüber positiv eingestellt und geben eine sehr hohe Fähigkeit zur Perspektivübernahme an. Weibliches Geschlecht und geringe Religiosität waren mit positiven Einstellungen assoziiert. Die Angst vor Stigmatisierung wurde als signifikanter Prädiktor für Einstellungen zum SAB identifiziert.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die befragten Medizinstudierenden zeigten grundsätzlich Bereitschaft, sich an der Versorgung von SABs zu beteiligen. Diese Bereitschaft wurde jedoch durch die Angst vor Stigmatisierung im Falle einer Beteiligung an der Durchführung von SABs verringert. Um einen leichten Zugang zu SABs und damit eine qualitativ hochwertige Versorgung zu ermöglichen, ist eine Verringerung dieser Barrieren für die (zukünftige) Beteiligung von Ärzt:innen an der Versorgung essenziell. Die Ergebnisse dieser und weiterer Studien können als Grundlage dafür dienen, gezielte Maßnahmen zur Reduktion von Barrieren zur Beteiligung an der Versorgung abzubauen. Eine verstärkte Integration des Themas SAB im Rahmen des Studiums sowie Maßnahmen zur Reduzierung des gesellschaftlichen Stigmas sind notwendig, um die zukünftige Beteiligung Medizinstudierender an der Versorgung zu erhöhen und die Versorgungssituation für unbeabsichtigt Schwangere zu verbessern.