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Rechtskreisübergreifendes Gesundheits- und Arbeitscoaching für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und hohem Risiko einer Erwerbsminderung
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Teilhabe am Arbeitsleben ist ein wichtiges sozialpolitisches Ziel, insbesondere im Kontext psychischer Erkrankungen, wo die Zunahme von Arbeitsunfähigkeitstagen und gesundheitsbedingten Frühberentungen zugenommen hat [1]. Das „Haus für Gesundheit und Arbeit“ bietet eine niedrigschwellige, rechtskreisübergreifende Beratung für Menschen mit gefährdeter Erwerbsfähigkeit, um ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten, wiederherzustellen und einer Chronifizierung von Erkrankungen vorzubeugen.
Zielsetzung: Zur Bewertung der Implementierung wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Die dabei umgesetzte Prozessevaluation sollte klären, wie und warum die Intervention funktioniert, und analysierte die erreichte Zielgruppe, die erbrachte und erhaltene Dosis, die Zufriedenheit der teilnehmenden Personen [2], Veränderungen des Gesundheitszustands und der Erwerbsbeteiligung.
Methode: Die Daten wurden 2021 im Rahmen einer Mixed-Methods-Studie erhoben, die eine Fragebogenerhebung zu Beginn und nach 12 Monaten sowie leitfadengestützte Interviews mit Akteur*innen und Teilnehmer*innen umfasste. Eingeschlossen wurden 18- bis 65-jährige Teilnehmer*innen, mit einem hohen Risiko einer Erwerbsminderung. Die untersuchten Variablen umfassten u.a. Angst/Depression (0–4), Arbeitsfähigkeit (0–10) und Informiertheit über Teilhabeleistungen (0–5). Deskriptive Statistiken wurden für die Stichprobenkennwerte verwendet, während Veränderungen mittels t-Tests für kontinuierliche Variablen und McNemar- oder Chi-Quadrat-Tests für binäre Variablen geprüft wurden.
Ergebnisse: 41 Personen nahmen an beiden Befragungszeitpunkten teil (28% aller Befragten). Innerhalb von zwölf Monaten verblieben 89,5% in Beschäftigung. Der Work Ability Score stieg innerhalb eines Jahres im Durchschnitt um zwei Punkte (p < 0,001, n = 36). Die Depressionswerte verringerten sich zwischen den beiden Zeitpunkten (p = 0,005, n = 38). Das Wissen über Teilhabeleistungen erhöhte sich jeweils um einen Skalenpunkt oder mehr. In den Interviews betonten die Akteur*innen Angebote zur gesundheitlichen und sozialen Stabilisierung zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit. Die Teilnehmer*innen hoben die Unterstützung bei der Sicherung ihrer Erwerbsfähigkeit und beruflichen Neu- und Umorientierung hervor.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Ergebnisse der Prozessevaluation unterstreichen die Bedeutung einer individualisierten, ganzheitlichen Unterstützung für Menschen mit gesundheitlichen Belastungen und gefährdeter Erwerbsfähigkeit. Die Teilnehmer*innen waren zu Beginn stark depressiv und ängstlich belastet, jedoch zeigten sich positive Effekte während der Begleitung. Die subjektive Arbeitsfähigkeit der Teilnehmer*innen verbesserte sich deutlich. Die Erwerbsverhältnisse konnten im Coachingverlauf gesichert werden. Das Modellvorhaben wird noch bis Ende 2024 fortgesetzt und durch eine beobachtende Mixed-Methods-Studie weiter evaluiert (https://www.hgua-hamburg.de/).
Förderung: Sonstige Förderung; Projektname: reHa-rehapro_Hamburg – Haus für Gesundheit und Arbeit; Fördernummer: 661R0041K1
Literatur
- 1.
- Meyer M, Wing L, Schenkel A. Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2021. In: Badura B, Ducki A, Meyer M, Schröder H, Hrsg. Fehlzeiten-Report 2022. Verantwortung und Gesundheit. Berlin, Heidelberg: Springer; 2022. DOI: 10.1007/978-3-662-65598-6
- 2.
- Linnan L, Steckler S. Process evaluation for public health interventions and research: an overview. San Francisco: Jossey-Bass; 2002.