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„Mediation by design“ vs. „Mediation for explanation“- Studiendesign: Welche Potentiale bieten die verschiedenen Ansätze für die Analyse von randomisierten Primärdaten in der Implementierungswissenschaft?
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Aus Perspektive der Implementierungswissenschaft bietet die Nutzung randomisierter Primärdaten für die Mediationsanalyse nur bedingt Vorteile. Dies liegt daran, dass Implementierungswissenschaft „Mediation by design“- Studiendesigns mit a priori definierten und randomisierten Implementierungsstrategien (Mediatoren) fordert, um deren Wirksamkeit zu untersuchen. Jedoch können in der Versorgungs- und klinischen Forschung häufig nur „Mediation for explanation“-Studien durchgeführt werden, und selten Studien, in denen sowohl die Mediatorvariable (Implementierungsstrategie) als auch Intervention randomisiert werden.
Zielsetzung: Darstellung von Vor- und Nachteilen der Nutzung eines „Mediation for explanation“- Studiendesigns für die Implementierungswissenschaft, um kausale Mechanismen der Entscheidungsfindung zu analysieren.
Methode: Als Fallbeispiel wurde die Studie EDCP-BRCA, bei welcher die Effekte eines Decision Coaching Programms für Frauen mit einer BRCA1/2 Genmutation evaluiert wurden verwendet. Aus der Studie liegen längsschnittliche Daten randomisiert auf Individualebene vor, sowie längsschnittliche qualitative Daten. Eingesetzte Implementierungsstrategien wurden nicht randomisiert. Um ein „Mediation for explanation“ -Design auch für die Implementierungswissenschaft nutzbar zu machen, wurden verschiedene Analyseschritte durchgeführt. Es erfolgte eine
- 1.
- implementierungstheoretisch geleitete Effektdefinition des Mechanismus der Entscheidungsfindung mit dem Ziel,
- 2.
- den Effekt des Mechanismus zu identifizieren und
- 3.
- die Ergebnisse der quantitativen Effektschätzung mit qualitativen Ergebnissen auf der Ebene des Mechanismus der Entscheidungsfindung zu triangulieren.
Ergebnisse: Die Effektschätzung erfolgte mit einem restriktiven hybriden Cross-lagged-panel-Modell (n= 318). Es konnte gezeigt werden, dass die Mediatorvariable ca. 25% des Effekts zwischen der Intervention und dem Outcome erklärt. Das Modell ermöglichte es uns, den Interventionseffekt in Bezug auf das Outcome 6 Monate nach Inanspruchnahme der Intervention zu bestimmen. Es zeigt sich, welchen Anteil die Mediatorvariable (= Implementierungsstrategie aus Perspektive der Implementierungswissenschaft) am Gesamteffekt der Intervention hat. Triangulation der Ergebnisse gibt Hinweise darauf, wie in der Implementierungspraxis weitere Merkmale der Organisationskultur den Implementierungsprozess beeinflussen (Shared-decision-making-Kultur; Interprofessionelle Kommunikation).
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Effektschätzung zeigt, wie der Entscheidungsfindungsmechanismus zwischen Intervention und Outcome über den Mediator verläuft. Die empirischen Ergebnisse erklären, warum die Mediatorvariable als eine relevante Komponente innerhalb eines Bündels von Komponenten einer Implementierungsstrategie eingesetzt werden kann. „Mediation for explanation“- Studien bieten mit dem vorgestellten Ansatz das Potential, Erkenntnisse für die Implementierungswissenschaft abzuleiten - auch wenn Primärdaten nicht in Form des „Mediation-by design“-Studiendesign vorliegen. Die Erkenntnisse unterstützen die Gestaltung von Implementierungsstrategien in der Form, dass sie Orientierung für die Auswahl relevanter Komponenten einer Implementierungsstrategie geben, und so ein Kernthema der Implementierungswissenschaft adressiert ist.