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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Verwendung qualitativer Evidenzsynthesen in der Versorgungsforschung im deutschsprachigen Raum – Ergebnisse eines Surveys

Meeting Abstract

  • Angélique Herrler - Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Neonatologie und Kinderkardiologie, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland; Kleingruppe Qualitative Evidenzsynthesen, AG Qualitative Methoden im DNVF, Deutschland
  • Veronika Lentsch - BA Berufsakademie Nord, Campus Hamburg, Deutschland; Kleingruppe Qualitative Evidenzsynthesen, AG Qualitative Methoden im DNVF, Deutschland
  • Yvonne Eisenmann - GKV-Spitzenverband, Berlin, Deutschland; Kleingruppe Qualitative Evidenzsynthesen, AG Qualitative Methoden im DNVF, Deutschland
  • Ralph Möhler - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Düsseldorf, Deutschland; Kleingruppe Qualitative Evidenzsynthesen, AG Qualitative Methoden im DNVF, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf298

doi: 10.3205/24dkvf298, urn:nbn:de:0183-24dkvf2987

Published: September 10, 2024

© 2024 Herrler et al.
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Text

Hintergrund: Qualitative Evidenzsynthesen (QES) stellen eine Methodologie zur systematischen Synthese qualitativer Primärstudienergebnisse dar. Im internationalen Vergleich scheinen QES in der deutschsprachigen Versorgungsforschung (VF) seltener durchgeführt und genutzt zu werden, die Gründe dafür sind unklar. Den geringeren Einsatz von QES zu verstehen könnte dazu beitragen, ihr Potenzial für die deutschsprachige VF besser zu erschließen.

Zielsetzung: Ziel der Arbeit war es, die bisherige Erstellung von QES sowie Barrieren und Förderfaktoren für die Anwendung zu untersuchen.

Methode: Es wurde ein Onlinesurvey durch die Kleingruppe QES in der AG Qualitative Methoden im DNVF durchgeführt. Die Beschreibung des Vorgehens folgt der CROSS-Checkliste [1]. Die Items wurden von der Autor:innengruppe entwickelt und einem Pretest unterzogen. Der Survey erfasste u.a. Angaben zur Anzahl und den Disziplinen der beteiligten Personen, Vorerfahrungen mit QES und anderen Formen von Evidenzsynthesen, Fragestellungen und Auswahl konkreter QES-Methoden, Finanzierung und Publikation sowie Herausforderungen/Förderfaktoren bei der Durchführung. Es wurde eine Gelegenheitsstichprobe gebildet und (Nachwuchs-)Wissenschaftler:innen in der VF in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingeladen. Die Analyse der Daten erfolgte statistisch deskriptiv sowie mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse in MAXQDA.

Ergebnisse: Die Befragung lief von Oktober bis Dezember 2023. Von den 103 Teilnehmenden verorteten sich 89 in Deutschland, 10 in Österreich, 6 in der Schweiz, 1 in den Niederlanden und 1 im Kosovo. 45 Teilnehmende waren mind. einmal an einer QES im Bereich VF beteiligt (Median: 2). Die am häufigsten genutzten QES-Methoden waren Thematische Synthese (n = 19) und Metasummary (n = 7). Die häufigsten Fragestellungen können den Bereichen 1) Beschreibung von Erleben und Erfahrungen verschiedener Gruppen (n = 16), 2) Definition und Beschreibung von Versorgungs- und Lebensqualität sowie weiterer Outcomes (n = 8), 3) Zusammenstellung von Modellen, Konzepten und Curricula (n = 6) zugeordnet werden. Die Teilnehmenden gaben an, dass das erhaltene Feedback zu ihren QES überwiegend positiv war; es sei vielfach auf die hohe Relevanz und Praxisnähe der QES-Ergebnisse verwiesen worden, zudem sei das methodische Vorgehen auf Interesse gestoßen. Als wichtigste Förderfaktoren für die Erstellung einer QES wurden ein klar beschriebenes methodisches Vorgehen, Vorerfahrung mit QES sowie qualitativen Methoden insgesamt, interdisziplinärer Austausch sowie zeitliche und finanzielle Ressourcen genannt. Als wichtigste Herausforderungen wurden das erschwerte Verständnis und die korrekte Anwendung einer QES-Methode (durch fehlende Anleitungen und fehlenden fachlichen Austausch), der Umgang mit den heterogenen qualitativen Primärstudien sowie ein hoher (zeitlicher) Aufwand angeführt.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: QES bieten ein noch ungenutztes Potenzial in der VF, insbesondere zur Untersuchung von Erleben, Erfahrungen und Kontexten. Die Durchführung von QES ist jedoch anspruchsvoll und benötigt einige Vorerfahrungen; es bedarf der Entwicklung deutschsprachiger Fortbildungsangebote und methodischer Anleitungen zur Durchführung.


Literatur

1.
Sharma A, Minh Duc NT, Luu Lam Thang T, Nam NH, Ng SJ, Abbas KS, Huy NT, Marušić A, Paul CL, Kwok J, Karbwang J, de Waure C, Drummond FJ, Kizawa Y, Taal E, Vermeulen J, Lee GHM, Gyedu A, To KG, Verra ML, Jacqz-Aigrain ÉM, Leclercq WKG, Salminen ST, Sherbourne CD, Mintzes B, Lozano S, Tran US, Matsui M, Karamouzian M. A Consensus-Based Checklist for Reporting of Survey Studies (CROSS). J Gen Intern Med. 2021 Oct;36(10):3179-87. DOI: 10.1007/s11606-021-06737-1 External link