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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Fördernde und hemmende Faktoren bei der Anwendung einer digitalen individualisierten Entscheidungshilfe im Bereich der Knieendoprothetik aus der Sicht von Patient:innen und Orthopäd:innen – eine qualitative Studie

Meeting Abstract

  • Julia Slesaczeck - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle (Saale), Deutschland
  • Diana Druschke - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
  • Franziska Beyer - UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- & Plastische Chirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Deutschland
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
  • Jörg Lützner - UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- & Plastische Chirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Deutschland
  • Toni Lange - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland
  • Stefanie Deckert - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf261

doi: 10.3205/24dkvf261, urn:nbn:de:0183-24dkvf2611

Published: September 10, 2024

© 2024 Slesaczeck et al.
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Text

Hintergrund: Die S2k-Leitlinie (LL) „Indikation Knieendoprothese“ (DGOU, 2023) enthält Empfehlungen zur Indikationsstellung (d.h., Indikationskriterien wie Schweregrad der Arthrose, Schmerzen, bisherige konservative Behandlungen) und partizipativen Entscheidungsfindung zwischen Patient:innen und Ärzt:innen. Zur Unterstützung bei der Implementierung dieser LL wurde eine individualisierte digitale Entscheidungshilfe („EKIT-Tool“) entwickelt Mit Hilfe des EKIT-Tools werden durch vorab erfasste Daten im Rahmen der Indikationsstellung sowohl die individuelle Erfüllung der Indikationskriterien als auch individuelle Gesundheitsinformationen visualisiert und gemeinsam besprochen.

Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit war es, die fördernden und hemmenden Faktoren bei der Anwendung des EKIT-Tools im Rahmen der Indikationsstellung für eine Knieendoprothese im stationären Setting aus Sicht von Patient:innen und Orthopäd:innen zu explorieren.

Methode: Diese qualitative Studie ist in einer multizentrischen klinischen Studie eingebettet (Lange et al., 2021 BMC Musculoskelet Disord). Leitfadengestützte Interviews mittels selektives Sampling von an fortgeschrittener Gonarthrose erkrankten Patient:innen sowie auf Knieendoprothetik spezialisierten Orthopäd:innen wurden nach dem Indikationsgespräch unter Nutzung des EKIT-Tool durchgeführt. Alle Interviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring mit der Kombination deduktiver und induktiver Kategorienbildung unter Nutzung von MAXQDA® ausgewertet.

Ergebnisse: Insgesamt 17 Teilnehmer:innen, neun Patient:innen und acht Orthopäd:innen, wurden interviewt. Beide Zielgruppen schätzten die positive Beeinflussung des Entscheidungsprozesses und der partizipativen Entscheidungsfindung als Förderfaktoren ein. Jedoch wurde dies teils durch eine fehlende Ergebnisoffenheit auf Patientenseite eingeschränkt, da die Entscheidung für eine Operation zum Teil bereits vor dem Indikationsgespräch gefallen sei. Aus Sicht der Orthopäd:innen verbesserte das EKIT-Tool die Durchführung eines strukturierten Indikationsgesprächs v.a. in Hinblick auf die Kommunikation über Erwartungen und das Nutzen-Risiko-Verhältnis. Patient:innen empfanden es als förderlich, sich mit den eigenen Erwartungen an die Behandlung auseinanderzusetzen. Orthopäd:innen schätzten ein höheres Alter der Patient:innen sowie den Zeitaufwand des Gesprächs als Barrieren für den Einsatz einer digitalen Entscheidungshilfe ein.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Das EKIT-Tool hat das Potential, den Prozess der partizipativen Entscheidungsfindung zu unterstützen. Eine Evaluation des EKIT-Tools vor Einweisung zur operativen Behandlung mittels Knieendoprothese sollte in Erwägung gezogen werden, da es dort für Patient:innen im Entscheidungsprozess vermutlich den größtmöglichen Nutzen aufgrund der Ergebnisoffenheit entfalten kann. Eine altersfreundlichere Gestaltung des EKIT-Tools ist eine mögliche Verbesserung.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: Value-based Total-Knee-Replacement; Fördernummer: 01VSF19036