gms | German Medical Science

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Hinderliche und förderliche Faktoren für die Implementierung der neuen Versorgungsform „Stay@Home – Treat@Home“ für pflegebedürftige Menschen: Lösungsansätze im Bereich Mensch-Technik-Organisation

Meeting Abstract

  • Silke Piedmont - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Zentrale Notaufnahme Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
  • Deborah Jachan - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Forschungsgruppe Geriatrie, Berlin, Deutschland
  • Peggi Lippert - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Forschungsgruppe Geriatrie, Berlin, Deutschland
  • Alina Unkart - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Forschungsgruppe Geriatrie, Berlin, Deutschland
  • Robert Arndt - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Zentrale Notaufnahme Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
  • Katrin Haug - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Zentrale Notaufnahme Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
  • Maria Stahl - HCMB Institute for Health Care Systems Management Berlin eG, Berlin, Deutschland
  • Niels Hinricher - HCMB Institute for Health Care Systems Management Berlin eG, Berlin, Deutschland
  • Nils Lahmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geriatrie und Altersmedizin, Forschungsgruppe Geriatrie, Berlin, Deutschland
  • Rajan Somasundaram - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Zentrale Notaufnahme Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf258

doi: 10.3205/24dkvf258, urn:nbn:de:0183-24dkvf2581

Published: September 10, 2024

© 2024 Piedmont et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Die Inanspruchnahme von Notfallstrukturen ist zum Teil vermeidbar, z.B. durch Prävention oder die Nutzung ambulanter Versorgungsalternativen in medizinisch nicht-dringlichen Anlässen [Piedmont et al. 2021, Schmiedhofer et al. 2016, Freund et al. 2013]. Gerade für ältere, pflegebedürftige Menschen kann die Nutzung von Rettungsdiensten und Krankenhäusern einen großen Stressor darstellen und zu „adverse events“ führen wie Delir, Druckgeschwüren, Stürzen und nosokomialen Infektionen [Eldridge et al. 2022, Gillick 1982]. Ziel der nicht-randomisierten Interventionsstudie „Stay@Home – Treat@Home“ (STH) ist daher, die Gesundheit der Pflegebedürftigen zu stärken und die Zahl ungeplanter Krankenhausaufnahmen zu reduzieren.

STH untersucht, wie bei Pflegebedürftigen ab 60 Jahren gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Hausärztinnen und Hausärzten sowie Begleitpersonen frühzeitiger erkannt und versorgt werden können. Zudem ermöglicht ein transsektorales Unterstützungsnetzwerk eine häusliche Versorgung akuter Beschwerden auch außerhalb der Arbeitszeiten der Hausarztpraxen oder des regulären Pflegedienstes. Alle Beteiligten steht dabei ein „Digitales interaktives Gesundheitstagebuch“ zum Informationstransfer zur Verfügung.

Zielsetzung: Ziel der hiesigen Analysen ist, Implementierungsbarrieren und Lösungsansätze für die neue Versorgungsform (nVF) im Bereich „Mensch-Technik-Organisation“ (MTO, Vgl. [Ulich 1997]) zu identifizieren.

Methode: Für die Implementierungsanalyse der kürzlich gestarteten Intervention dienen u.a.

  • qualitative Daten: wie Rückmeldungen von versorgenden Akteuren, Pflegebedürftigen und Angehörigen
  • quantitative Daten: wie Anzahl beteiligter Krankenkassen, Hausarztpraxen und Pflegebedürftiger; Merkmale durchgeführter Versorgungseinsätze mit der nVF

Ergebnisse: Es konnten diverse hemmende und förderliche Faktoren an den MTO-Schnittstellen identifiziert werden. Exemplarisch:

Der Aufwand, hausärztliches Fachpersonal und Pflegebedürftige zu rekrutieren, ist erhöht (u.a. durch zeitliche Belastung der Hausärztinnen und Hausärzte, Versterben von Teilnehmenden, Aufklärung der Begleitpersonen). Die Rekrutierungsmaßnahmen sollten hervorheben, wie Hausarztpraxen unmittelbar von STH entlastet werden können.

Im Gesundheitstagebuch wurden nach Rückmeldungen Nutzender der Dokumentationsaufwand für Hausarztpraxen reduziert und Wünsche Pflegebedürftiger (z.B. zu Krankenhausnutzung und Reanimation) prominenter platziert.

Es erwies sich als hilfreich, Schulungsmaterial für beteiligte Versorger größtenteils gemeinschaftlich im Projektkonsortium zu erstellen, um ein gemeinsames Grundverständnis für Versorgungseinsätze zu entwickeln, die durch STH abgedeckt werden können.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Es zeichnet sich ab, dass z.T. auf Grund der materiellen oder personellen Ausstattung des Netzwerkes ein Teil der nicht-dringlichen Einsätze weiter der Notfallversorgung zugeführt werden muss (beispielsweise bei Neuanlage eines Harnblasenkatheters). Zugleich zeigen Rückmeldungen Pflegebedürftiger, dass in STH ein großes Potenzial gesehen wird, häufiger dem eigenen Wunsch entsprechend häuslich versorgt zu werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: Stay@Home –Treat@Home; Fördernummer: 01NVF21113