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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Leitlinienempfehlungen und Versorgungsrealität am Beispiel der Langzeitbehandlung chronischer nicht-tumorbedingter Schmerzen mit opioidhaltigen Analgetika. Die Perspektive der Leistungserbringer*innen

Meeting Abstract

  • Silke Neusser - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland
  • Nils Frederik Schrader - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland
  • Anja Niemann - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland
  • Milena Weitzel - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland
  • Nikola Blase - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland
  • Cordula Riederer - DAK-Gesundheit/ Versorgungs-/Pflegeforschung und KoLeif, Hamburg, Deutschland
  • Wolfgang Straßmeir - Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD), Berlin, Deutschland
  • Joachim Nadstawek - Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD), Berlin, Deutschland
  • Jürgen Wasem - Universität Duisburg-Essen/ Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf238

doi: 10.3205/24dkvf238, urn:nbn:de:0183-24dkvf2382

Published: September 10, 2024

© 2024 Neusser et al.
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Text

Hintergrund: Deutschland gehört zu den Ländern mit dem höchsten pro-Kopfverbrauch opioidhaltiger Analgetika (OA). Diese werden überwiegend in der Behandlung nicht-tumorbedingter Schmerzen eingesetzt. Bei ca. 44% der Fälle handelt es sich um Langzeitverordnungen (>3 Monate). Das Nutzen-Risiko-Verhältnis, ist bei Langzeitverordnungen ungünstiger als bei Verordnungen über kürzere Zeiträume. Daher gibt die S-3 Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen (LONTS) [1] Empfehlungen zu Indikationen und Durchführung der OA-Therapie.

Zielsetzung: Der vorliegende Beitrag untersucht, die Leitlinienkenntnis sowie Hürden und Hemmnisse für die Umsetzung der Empfehlungen in der Versorgungspraxis.

Methode: Im September 2021 wurde eine schriftliche Querschnittserhebung von ?1.854 Ärzt*innen in der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt. Angeschrieben wurde eine Zufallsstichprobe aus dem Pool eines Adressanbieters (n= 1.300). Zudem wurden die Mitglieder des ‚Berufsverbandes der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland‘ (n= 554) angeschrieben. Im Januar 2022 wurde ein Reminder verschickt. Die Entwicklung des Fragebogens basiert auf vorhergegangenen Leitfadeninterviews mit Ärzt*innen und der (LONTS).

Ergebnisse: Insgesamt beteiligten sich 422 Ärzt*innen, ein Großteil war älter als 50 Jahre (79%) und männlich (64%). Ein Drittel der Befragten waren hausärztlich tätig (33%), 46% waren Anästhesiolog*innen. Die LONTS ist den Befragten mehrheitlich bekannt (83%) und wurde mehrheitlich als orientierendes Instrument (66%) gesehen. Die Einstellung gegenüber der Notwendigkeit zur Einhaltung Leitlinie bewegt sich vornehmlich zwischen einer Abweichung in begründeten Fällen (41%) und einer regelmäßig begründeten Abweichung (52%). Nahezu alle Befragten vereinbaren wie in der LONTS empfohlen Therapieziele und führen regelmäßige Kontrollen zu deren Erreichung durch. Die LONTS-Empfehlung zur Durchführung einer multimodalen Therapie unter Einbindung von Physiotherapeuten halten 76% der Befragten für relevant, aber 65% nicht für realisierbar, aufgrund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, aber auch fehlender Kapazitäten auf Seiten der Physiotherapeuten.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Leitlinie und ihre Empfehlungen zur Durchführung einer Langzeittherapie mit OA bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen sind unter den Ärzt*innen mehrheitlich bekannt und werden zur Orientierung verwendet. Allerdings können auch Empfehlungen, die als relevant eingestuft werden, teils aufgrund der Rahmenbedingungen nicht umgesetzt werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: Opioidhaltige Analgetika – Untersuchung zu Entwicklungstrends in der Versorgung bei nicht-tumorbedingten Schmerzen; Fördernummer: 01VSF19059


Literatur

1.
Häuser W, Bock F, Hüppe M, Nothacker M, Norda H, Radbruch L, Schiltenwolf M, Schuler M, Tölle T, Viviol A, Petzke F, Koautoren für die Konsensusgruppe der 2. Aktualisierung der S3-Leitlinie LONTS. Empfehlungen der zweiten Aktualisierung der Leitlinie LONTS. Der Schmerz. 2020;34(3):204-44. DOI: 10.1007/s00482-020-00472-y External link