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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

TIC-PEA – Telemedical Interdisciplinary Care for Patients with Esophageal Atresia: Verbesserte Versorgung von Kindern mit Ösophagusatresie im 1. Lebensjahr durch Peer-Telementoring

Meeting Abstract

  • Tatjana Tamara König - Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland; Klinik für Kinderchirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland
  • Maria-Christina Stefanescu - Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland
  • Luisa M. Frankenbach - Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland
  • Emilio Gianicolo - Institut für Medizinische Biometerie und Epidemiologie (IMBEI), Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland
  • Holger Dieter - Techniker Krankenkasse, Landesvertretung Rheinland-Pfalz, Mainz, Deutschland
  • Anke Widenmann - KEKS e.V., Selbsthilfeorganisation für Speiseröhrenerkrankungen, Stuttgart, Deutschland
  • Oliver J. Muensterer - Kinderchirurgische Klinik und Poliklinik am Dr. von Haunerschen Kinderspital, LMU Klinikum, Ludwig Maximilians-Universität München, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf207

doi: 10.3205/24dkvf207, urn:nbn:de:0183-24dkvf2076

Published: September 10, 2024

© 2024 König et al.
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Text

Einleitung: Die Ösophagusatresie (ÖA) ist eine seltene kombinierte Fehlbildung der Speiseröhre und Atemwege, welche bei circa 163 Neugeborenen pro Jahr in Deutschland auftritt [1], die hierzulande dezentralisiert behandelt werden. Häufige komplizierte Verläufe, assoziierte Fehlbildungen und Co-Morbiditäten erfordern jedoch die Behandlung in einem erfahrenen multidisziplinären Team. Die Mortalität dieser Patienten im ersten Lebensjahr ist in Deutschland etwa doppelt so hoch (13,7%) [2] wie in Frankreich (6,6%) [3]. Die häufigste postoperative Komplikation ist eine Stenose der Ösophagusanastomose (54%), die mittels endoskopischer Dilatation behandelt wird [4]. In dieser Studie soll untersucht werden, ob das Outcome der Patienten durch regelmäßige multidisziplinäre peer-to-peer Online-Fallkonferenzen verbessert werden kann.

Methoden: Im Rahmen der prospektiven kontrollierten Studie erfolgen prä-, peri- und postoperative Videokonferenzen zwischen dem Behandlungsteam und einem in einem multidisziplinären Team arbeitenden, erfahrenen Kollegen (Peer-Telementoring) mit Schwerpunkt im Bereich der kinderchirurgischen Versorgung. In dieser Interimsanalyse wurden Patienten eingeschlossen, die die Studie bis zum 14.06.2024 vollständig mit einem Follow-Up von einem Jahr durchlaufen haben. Als primärer Outcome-Parameter wurde die Anzahl der Dilatationen der Anastomose berechnet. Das Outcome wurde mit Daten des Nachuntersuchungsregisters der Patientenorganisation KEKS e.V. verglichen.

Ergebnisse: Von 100 Teilnehmenden wurden Daten von 79 Patienten betrachtet: drei verstarben im ersten Lebensjahr (3,8%), 76 komplettierten das Follow-Up von einem Jahr und wurden mit 121 Kontrollen vergleichen. Unter den TIC-PEA Patienten gab es einen höheren Anteil Frühgeborener (47%) und komplizierter ÖA (Vogt Typ 2: 12%) im Vergleich zur Kontrollgruppe (32% Frühgeborene, 3,3% Vogt Typ 2). Ebenso bestand in 42% eine VACTERL-Assoziation. Die durchschnittliche Anzahl der Anastomosen-Dilatationen betrug 1,3 (95%-Konfidenz-Intervall: 0,8-1,9) in der TIC-PEA- und 1,7 (95%-Konfidenz-Intervall: 0,9-2,5) in der Kontrollgruppe.

Schlussfolgerung: Die Intervention wurde vor allem für komplizierte Fälle der Ösophagusatresie (komplizierte Formen, zusätzliche Frühgeburtlichkeit oder assoziierte Fehlbildungen) in Anspruch genommen. Die Teilnahme war mit einer geringeren Anzahl an Anastomosen-Dilatationen und, im Vergleich zur Literatur, mit einer geringeren Mortalitätsrate assoziiert, obwohl die Interventionsgruppe im Durschnitt mehr komplexe Fälle und kleinere Patienten umfasste. Damit scheint die Intervention für die betreffenden Patienten einen Vorteil zu bringen.

Das Konzept der TIC-PEA Studie ist auch auf andere seltene Erkrankungen übertragbar. Die digitale Vernetzung nationaler Experten für seltene Erkrankungen sollte im Rahmen der Regelversorgung durch die Krankenkassen vergütet werden, um die nationale Versorgung zu verbessern.


Literatur

1.
Elrod J, Boettcher M, Mohr C, Reinshagen K. Analyse der Versorgungsstruktur angeborener Fehlbildungen in Deutschland. Dtsch Arztebl International. 2021;118(35-36):601-2.
2.
Kröger J, Günster C, Heller G, Jeschke E, Malzahn J, Grab D, Vetter K, Abou-Dakn M, Hummler H, Bührer C. Prevalence and Infant Mortality of Major Congenital Malformations Stratified by Birthweight. Neonatology. 2022;119(1):41-59. DOI: 10.1159/000520113 External link
3.
Lejeune S, Sfeir R, Rousseau V, Bonnard A, Gelas T, Aumar M, Panait N, Rabattu PY, Irtan S, Fouquet V, Le Mandat A, Cocci SN, Habonimana E, Lamireau T, Lemelle JL, Elbaz F, Talon I, Boudaoud N, Allal H, Buisson P, Petit T, Sapin E, Lardy H, Schmitt F, Levard G, Scalabre A, Michel JL, Jaby O, Pelatan C, De Vries P, Borderon C, Fourcade L, Breaud J, Arnould M, Tolg C, Chaussy Y, Geiss S, Laplace C, Drumez E, El Mourad S, Thumerelle C, Gottrand F. Esophageal Atresia and Respiratory Morbidity. Pediatrics. 2021 Sep;148(3):e2020049778. DOI: 10.1542/peds.2020-049778 External link
4.
Dingemann C, Dietrich J, Zeidler J, Blaser J, Gosemann JH, Ure BM, Lacher M. Early complications after esophageal atresia repair: analysis of a German health insurance database covering a population of 8 million. Dis Esophagus. 2016 Oct;29(7):780-6. DOI: 10.1111/dote.12369 External link